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Berliner Konferenz erörtert Herausforderungen der transatlantischen Partnerschaft

Ungarn Heute 2024.10.19.

(L-R) Zoltán Szalai, Rod Dreher, Susanne Schröter, Mechtilde Wittmann, Nena Brockhaus

Die Welt befindet sich an einem Wendepunkt. Globale Blockbildungen, geopolitische Spannungen sowie der Aufstieg autokratischer Regime, prägen unsere Zeit. Der Westen sieht sich immer größeren – und vor allem dringlicheren – inneren sowie äußeren Herausforderungen ausgesetzt und steht daher unter immensem Druck. Aus diesem Anlass organisierte das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit gemeinsam mit dem Mathias Corvinus Collegium, dem Danube Institute sowie der konservativen Plattform The Republic, die hochfachliche Konferenz „Transatlantic Partnership in a New Era“.

Internationale Politiker, angesehene Wissenschaftler sowie Journalisten aus Europa und den Vereinigten Staaten versammelten sich Mitte Oktober in Berlin mit dem Ziel das transatlantische Netzwerk zu stärken und gemeinsame Zukunftslösungen für überschneidende Gesellschafts- und Politikfragen zu formulieren. Einleitende Worte und der Appell nach einem gestärkten transatlantischen Bündnis von Bence Bauer LL.M., Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit, und Armin Petschner-Multari, Gründer und Geschäftsführer von The Republic, bildeten den Auftakt der Konferenz.

Bence Bauer. Foto: MCC

Nur wenn beide Seiten des Atlantiks sich mit gegenseitigem Respekt und gemeinsamen Interessen gegenübertreten würden, könnten diese den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sein. Dies war das Fazit der einführenden Paneldiskussion, die den thematischen Rahmen für die intensive eintägige Konferenz vorgeben sollte. Prof. Dr. Patrick J. Deneen, Professor der Politikwissenschaft an der University of Notre Dame, Balázs Orbán LL.M., namensgleicher, jedoch nicht verwandter politischer Direktor von Ministerpräsident Viktor Orbán und Präsident des Kuratoriums am Mathias Corvinus Collegium, Dr. Matthias Rößler, ehemaliger Präsident des Sächsischen Landtags und Mechthilde Wittmann MdB, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion betonten, Europa müsse seine eigene Stimme finden und selbstbewusst auftreten, um als gleichwertiger anstatt untergeordneter Partner der USA agieren zu können. Nur dann könne man voneinander profitieren. Als Moderator fungierte Boris Kálnoky, ehemaliger Auslandskorrespondent für Die Welt.

Migration und Antisemitismus: Herausforderungen für Europa

Ein zentraler Schwerpunkt der Konferenz war die gescheiterte Migrationspolitik und der drastisch zunehmende Antisemitismus in Europa. Zahlreiche Länder, insbesondere Deutschland, sehen sich mit steigenden Zahlen von Migranten und Flüchtlingen konfrontiert. Wittmann schilderte in diesem Kontext die vermehrten Bedenken angesichts der Entscheidung Deutschlands aus dem Jahr 2015, seine Grenzen zu öffnen, und betonte, dass es sich dabei um keine gesellschaftlich abgestimmte Entscheidung gehandelt habe. Die Folge: Von jenen Migranten, die 2015 eingereist seien, würden 47 % nicht arbeiten und hätten sich mehr in ihre eigene Kultur, anstatt in die deutsche Gesellschaft integriert.

Zoltán Szalai. Foto: MCC

Neben Wittmann diskutieren in dem Panel zu Migration und Antisemitismus auch Rod Dreher, Visiting Fellow am Danube Institute, Prof. Dr. Susanne Schröter, Gründerin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Dr. Zoltán Szalai, Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegium über die einschneidenden Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Moderatorin war Journalistin und Bestsellerautorin Nena Brockhaus. Im Diskurs wurde nachdrücklich die Warnung vor sozialen Konflikten und die Besorgnis über über gesellschaftliche Spannungen erörtert. Eine restriktive europäische Einwanderungspolitik, die sowohl das kulturelle Erbe Europas wahrt als auch die jüdisch-christliche Grundlage sowie die ungarische und nationale Identität stärkt, wird gefordert.

Balázs Orbán. Foto: MCC

Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Die wirtschaftlichen Diskussionen der Konferenz machten stark deutlich, dass eine nachhaltige Beschäftigungspolitik eine unvermeidliche Zukunftsvoraussetzung ist. Zu den anwesenden Rednern des Austausches gehörten Sohrab Ahmari, Gründer und Chefredakteur des Compact Magazine, Tamás Bernáth, Dozent am Mathias Corvinus Collegium und ehemaliger CEO der Ungarischen Entwicklungsbank, und Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Dr. Calum T. M. Nicholson, Forschungsdirektor am Danube Institute, leitete das Gespräch.

Im Zentrum des Diskurses stand das Erfolgsmodell Ungarns, das seit 2010 durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen eine der höchsten Beschäftigungsquoten in Europa erreicht hat. Hierbei wurde betont, dass das Prinzip „Arbeit muss sich lohnen“ und die Idee, die Belastungen auf Arbeitslohn sozial verträglich und finanziell attraktiv zu gestalten, entscheidende Faktoren für den Erfolg waren. Bernáth führte Ungarn als Fallbeispiel an und verwies auf die Erholung des Landes seit 1990 sowie auf die Schaffung von Arbeitsplätzen seit 2010. Die Beschäftigungsquote in Ungarn ist von 62 % im Jahr 2010 auf 81 % gestiegen, was das zweitschnellste Wachstum in der EU darstellt. Dieser Erfolg sei auf die Abkehr von neoliberalen Politiken und den Übergang zu einem pragmatischeren Ansatz zurückzuführen, der auf nachhaltige Arbeitsplätze und langfristiges Wachstum fokussiert.

Ahmari hob dagegen die Besorgnis über den Rückgang der industriellen Arbeitsplätze in Europa hervor, insbesondere in Deutschland, wo die Industrieproduktion um 14 % gesunken ist. Er zog Parallelen zu den Vereinigten Staaten, wo ähnliche Rückgänge zu erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen für die Arbeiterklasse geführt haben. Diese Entwicklungen unterstreichen die Dringlichkeit einer Politik, die nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern diese auch nachhaltig sichert, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit

Ein großes Anliegen für einen thematischen Austausch auf der Konferenz galt auch der Verteidigung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit angesichts spürbar wachsender gesellschaftlicher Spannungen. Prof. Dr. Patrick J. Deneen, Prof. Dr. Frank Furedi, Exekutivdirektor des Mathias Corvinus Collegium in Brüssel, Prof. Dr. Peter Hoeres von der Universität Würzburg und Lukas Honemann, Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten, nahmen hierzu den Dialog auf. Das von Dr. Habil. Sebastian Ostritsch von Die Tagespost anmoderierte Panel, befasste sich mit der Zensur des Diskurses durch die sogenannte „Cancel Culture“ und die ideologische Vereinnahmung durch linke und grüne Bewegungen. Konservative Kräfte müssten die akademische und gesellschaftliche Freiheit verteidigen und neue Institutionen für den offenen Meinungsaustausch schaffen.

Frank Füredi. Foto: MCC

Strategische Autonomie und transatlantische Zusammenarbeit

Ein Gedankenaustausch zu den Zukunftsaussichten hinsichtlich strategischer Souveränität und transatlantischer Beziehungen sollte den Abschluss der Konferenz bilden. Bence Bauer, Dr. Gladden Pappin, Präsident des Ungarischen Instituts für Internationale Angelegenheiten, Thomas Silberhorn MdB, transatlantischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, und Armin Petschner-Multari als Moderator betonten die zwingende Notwendigkeit einer entschlossenen europäischen Antwort auf globale Krisen. Europa dürfe sich nicht isolieren, sondern müsse sich seiner Souveränität bewusst geschlossen und geeint handeln. In der heutigen vernetzten Welt gewinnt in diesem Zusammenhand die Bedeutung von Konnektivität – sowohl innerhalb Europas als auch transatlantisch – zunehmend an Gewicht.  Silberhorn unterstrich dabei die Relevanz, Handelsbeziehungen innerhalb der transatlantischen Gemeinschaft zu stärken und gleichzeitig Abhängigkeiten von autoritären Staaten zu reduzieren: „Wir dürfen bei China nicht dieselben Fehler machen, die wir bei Russland gemacht haben.“ Er forderte eine stärkere Handelsliberalisierung zwischen Demokratien, da freier Handel mit autokratischen Staaten nicht mehr auf gemeinsamen Werten basiere.

„12 Eckpfeiler bürgerlicher Politikgestaltung“

Neben den Diskussionen über aktuelle Krisen und Herausforderungen bot die Konferenz auch einen vorausschauenden Blick auf langfristige politische Strategien, die zur Stabilisierung Europas beitragen könnten. Im Fokus stand das Rahmenwerk der „12 Eckpfeiler bürgerlicher Politikgestaltung“, das konservative und liberale Grundwerte wie nationale Souveränität, innere Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität in den Vordergrund stellt. Diese Eckpfeiler wurden als potenzieller Leitfaden für die künftige Politikgestaltung in Europa vorgestellt und könnten die Grundlage für eine nachhaltige, kohärente Politik bilden, die auf gemeinsamen Werten sowie der Förderung von Wohlstand und Sicherheit beruht.

Foto: MCC

Transatlantische Partnerschaft in einer neuen Ära

Geschlossen wurde die Konferenz von Dr. Kristóf György Veres, Internationaler Direktor des Danube Institutes, mit der Betonung, dass trotz unterschiedlicher Ansichten deutscher, amerikanischer und ungarischer Konservativer ein Dialog unerlässlich ist, um eine gemeinsame Vision für die transatlantischen Beziehungen zu entwickeln. Europas Rolle in der Welt wird entscheidend davon abhängen, wie erfolgreich es seine Souveränität und seine Partnerschaft mit den USA miteinander in Einklang bringt.

Via: Katharina Vilimsky

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Beitragsbild: MCC