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Budapest 2024 – die gescheiterte Geschichte

Enikő Enzsöl 2017.03.02.

Als die Bewerbungsfrist am 15. September 2015 für die Olympische Spiele 2024 vorbei war, und neben Los Angeles, Rom, Paris und Hamburg auch Budapest ihre Unterlagen eingereicht hat, übertraf die Vorstellung die Träume der meisten Ungarn, dass Budapest den Status einer Kandidatenstadt bekommt und in der letzten Runde auch eine Chance haben wird. Inzwischen ist es aber Vieles passiert, und am 01. März 2017 hat die ungarische Hauptstadt das Ziel, Olympische Spiele 2024 zu organisieren, endgültig aufgegeben.

Visuelle Pläne zur Budapest 2024 (Bild: MTI)

Im Juli 2015 wurde erst in einem Offenen Brief von Bürgermeister István Tarlós und NOK-Chef Zsolt Borka bekannt gegeben, dass Budapest sich beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) um die Olympischen Spiele 2024 bewerben will. In diesem Schreiben wurde die Überzeugung vertreten, dass die Bewerbung von Budapest die Antwort auf die Olympische Agenda 2020 (das Reformprogramm des IOC) ist, und dass die Absicht zur Bewerbung voll im Einklang mit dem ökonomischen Olympia-Konzept des IOC steht. In diesem Zeitpunkt hatte die ungarische Hauptstadt bereits vier Rivalen. Rom, Paris, Hamburg und Boston hatten ihre Olympia Bewerbung schon angekündigt.

In demselben Monat gaben aber das United States Olympic Comittee und die Stadt Boston gemeinsam bekannt, dass sich Boston nicht für die Olympischen Spiele bewerben wird, und daraufhin wurde im September 2015 Los Angeles als neuer nationaler Kandidat der USA gewählt. An der ersten Bewerbungsphase haben schließlich fünf Kandidaten teilgenommen: Paris, Rom, Hamburg, Los Angeles und Budapest.

Nachdem Budapest ihre Unterlagen rechtzeitig eingereicht hatte, erschien die Frage sowohl in der ungarischen als auch in der internationalen Presse: „Warum geht jetzt noch Budapest als Außenseiter ins Rennen, wenn die Favoriten schon längst feststehen?“. Und die Antwort lautete: „Eben genau darum“. Denn es im Jahr 2024 finden die ersten Sommerspiele statt, die nach der Reformagenda 2020 des Internationalen Olympischen Komitees und seines Präsidenten Thomas Bach ausgesucht worden sind. Das soll die großen Favoriten kleiner machen und so kann sich Budapest wirklich etwas ausrechnen, obwohl es keine Weltmetropole, allenfalls eine europäische Metropole ist. Dieser Logik folgend hätten die Städte Hamburg und Budapest um die Spiele duellieren können.

Diese Vorstellung ist aber schnell gescheitert. Die Bewohner von Hamburg haben den Traum von Olympia 2024 in Ihrer Stadt platzen lassen. Nachdem die Mehrheit in einem Referendum am 29. November 2015 gegen eine Bewerbung entschieden hatte, zog die Stadt seine Bewerbung zurück. Durch diese Entscheidung erlebte Deutschland die zweite Olympische Pleite binnen zwei Jahren (2013 wurde München gegen Winterspiele 2020 votiert), nachdem die Ausrichtung des größten Sportspektakels erneut durchgefallen war. Im Wettstreit um Olympia musste also Budapest Hamburg nicht mehr fürchten.

Ergebnis des Hamburger Olympia-Referendums: 51,6% entschieden gegen die Bewerbung am 29. November 2015 (Bild: hamburg.de)

Am Anfang der zweiten Bewerbungsphase hatte Budapest nur drei Gegner: Los Angeles, Paris und Rom. Zehn Monate nach dem Nein Hamburgs stieg aber ein weiterer Kandidat für die Austragung der Olympischen Spiele 2024 aus. Die neu gewählte Bürgermeisterin Roms Virginia Raggi gab am 21. September 2016 bekannt, dass sie die Bewerbung nicht weiter unterstützen werde. Danach stimmte der Stadtrat Roms in einer Sondersitzung mit 30:12 gegen die Bewerbung und das italienische NOK zog am 11. Oktober 2016 die Bewerbung Roms zurück.

Mit dem Ausstieg Roms am 21. September 2016 blieben drei Kandidaten: Paris, Budapest und Los Angeles (Bild: hungarytoday.hu)

Der Nein von Hamburg und Rom ist in Ungarn nicht ohne Resonanz geblieben. Die Opposition hat die Budapester Stadtregierung aufgefordert, den Beispiel von Hamburg und Rom zu folgen und wegen den hohen Kosten aus der Wettbewerb auszusteigen. Aber Budapest hat die Bewerbung trotz diesen Stimmen nicht zurückgezogen, und nahm mit zwei Gegnern an der dritten Bewerbungsphase teil. Der Ministerpräsident von Ungarn, Viktor Orbán hat die Motivation von Ungarn während seines Besuchs der Sommerspiele in Rio de Janeiro, wo er für die Budapester Olympia-Kandidatur 2024 Werbung gemacht hat, so formuliert: „Die Erfolge Ungarns bei den Olympischen Spielen bieten die Grundlage für die Bewerbung von Budapest für 2024“.

Ungarn befindet sich unter den zehn stärksten Nationen in der Geschichte der Olympischen Spiele, aber sie ist die Einzige, die unter den zehn erfolgreichsten Sportnationen noch nie Gastgeber der Olympischen Spiele war. Falls die Spiele sich in Budapest ereignet hätten, wären sie zum ersten Mal nach Mittelosteuropa gebracht worden, und dabei hätten nicht nur Budapest und Ungarn, sondern auch die ganze Region profitieren können. Ungarn sei in Hinsicht auf seine Bevölkerung zwar klein, aber im Sport und dessen Management ein Riese – erklärte während der Wettbewerb IOC-Präsident Thomas Bach – Die Ungarn hätten verstanden, wovon die Agenda 2020 handle. Diese Meinung setzt voraus, dass Budapest ein zuverlässiger Veranstalter sein könnte, wo ein sicheres Umfeld für die Spiele geben würde.

Anhand der Agenda 2020 des IOC sollen Olympia-Bewerbungen zu einem „partnerschaftlichen Prozess“ werden. In diesem Geist hat Balázs Fürjes, Bewerbungschef Budapests für die Olympischen Sommerspiele 2024, die Mitglieder des Sportlerkomitees Budapest 2024 vorgestellt. Die Aufgabe des Komitees, das 25 Mitglieder hatte und dessen Vorsitzende die Olympiasiegerin Ágnes Kovács war, wäre gewesen, die Konzeption Budapest 2024 zu überwachen. Mit Hilfe des Komitees war das Ziel, die Bewerbung zu einem partnerschaftlichen Prozess zu machen. Da die Agenda festlegt, dass die Spiele transparenter und nachhaltiger werden und weniger Kosten verursachen sollten, wurden die Pläne von einem Budapester Olympia-Park um das Schlüsselwort Nachhaltigkeit erarbeitet.

Um glücklich ans Ziel zu kommen gab es noch viel zu tun. Die drei Wettbewerber – Los Angeles, Paris und Budapest – müssten den dritten Teil der Unterlagen am 3. Februar 2017 zu ihrer Kandidatur einreichen. Es wurde auch bekannt gegeben, dass nach Los Angeles Budapest die erste Stadt sein wird, die zwischen 10-12. Mai 2017 vom IOC offiziell inspiziert wird.

Am 19. Januar 2017 kam ein neuer Akteur auf die Bühne. Die Momentum Bewegung – eine relativ junge Organisation – begann an belegten Punkten in Budapest Unterschriften zu sammeln, um ein Referendum über die Olympiade 2024 in Budapest zu initiieren. 138.000 gültige Unterschriften – so viel hat die Bewegung gebraucht, ihre Frage „Soll Budapest sich um die Olympiade 2024 bewerben?” im Rahmen eines Referendums stellen zu dürfen. Am 17 Februar 2017 war die Zeit um, und die Bewegung Momentum hat insgesamt 266.151 Unterschriften beim Hauptstädtischen Wahlbüro eingereicht.

András Fekete-Gyõr, Vorsitzender der Momentum Bewegung reicht die gesammelten 266.151 Unterschriften beim Hauptstädtischen Wahlbüro ein. (Foto: Bruzák Noémi – MTI)

Die Reaktion der ungarischen Regierung und die Stadt Budapest wurde am 22. Februar bekannt gegeben: die Bewerbung der ungarischen Hauptstadt für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 soll zurückgezogen werden, da die für solche Angelegenheiten erforderliche nationale Übereinkunft fehlt. Geschlossen wurde die Geschichte am 01. März 2017. Die Generalversammlung der ungarischen Hauptstadt hat die Bewerbung der Stadt um die Olympiade 2024 offiziell zurückgezogen.

Sitzung der Generalversammlung der ungarischen Hauptstadt am 01. März 2017 (Foto: Máthé Zoltán – MTI)

So findet am 10. und 11. Juli in Lausanne ein Briefing für die zwei „übrig gebliebenen“ Kandidaten Los Angeles und Paris statt. Der Austragungsort für die Sommerspiele in sieben Jahren wird schließlich im September 2017 beim IOC-Kongress in der peruanischen Hauptstadt Lima gewählt.

via faz.net, welt.de, budapester.hu, hungarytoday.hu, olimpia.hu, budapest2024.org