„Wir sprechen die Jugend an, Menschen, die nach der Wende in der Demokratie aufwuchsen und diese Demokratie in einem schlechten Zustand sehen“ – sagte der liberale Gábor Kerpel-Fronius, Bürgermeister-Kandidat von Momentum in einem Welt-Interview. Der Politiker hofft, heute (an diesem Mittwoch) zu dem Kandidaten gewählt zu werden, der sich gegen István Tarlós im Oktober einsetzen wird.
Seine Partei, Momentum würde jetzt die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, es gelinge ihr nicht weil bei Parlamentswahlen ein anderes Wahlsystem gelte, als bei Europawahlen – so Gábor Kerpel-Fronius.
„Bei Parlamentswahlen gilt ein anderes Wahlsystem, das den Stärkeren noch stärker macht. Bei Europawahlen gibt es ein proportionales Wahlsystem, bei dem es nur Listen gibt, keine Direktmandate.“
Auf die Frage, ob er die Vorwahlen der Opposition gewinnen könnte, sagte Fronius:
„Ich bin der Underdog. Ich stieg ja erst vor drei Wochen ein, gegen einen der beliebtesten Politiker des Landes, den Linksliberalen Gergely Karácsony. Dann kam auch noch die sehr bekannte TV-Journalistin Olga Kálman dazu. Ich habe einen Vorteil: Ich kann besser als sie Konservative ansprechen, die von Viktor Orbán enttäuscht sind.“
Über sein Programm als Oberbürgermeister-Kandidat sagte der Politiker, dies sei innovativ für Budapest und ähnliche existieren schon in westlichen Großstädten.
Etwa eine Monatskarte, die für alle öffentlichen Verkehrsmittel gilt. Oder mal Bäume pflanzen. Klingt komisch, aber bei uns gibt es das nicht. In Budapest haben wir keine Visionen, sondern Problemmanagement
In Bezug auf die Mietpreise sagte Fronius: er wolle eine Wohnraumsteuer einführen für leer stehende Wohnungen in Budapest. Und auch Airbnb besteuern und streng regulieren.
Über Orbáns Politik wurde der Politiker auch befragt, er sagte: „Er macht manche Dinge gut, aber der Preis ist zu hoch. Die Familienpolitik und die Stärkung der Mittelschicht – das ist gut. Aber um den Preis, die Ärmsten relativ zu schwächen? Die Zentralisierung und Schwächung des Bildungssystems, ebenso die Zentralisierung und Schwächung des Gesundheitssystems, die unfassbare Korruption – das ist ein zu hoher Preis.“
Schließlich sprach er über die Rolle der Europäischen Union in Ungarn. laut ihm sollte die EU die Demokratiekriterien bei Beitrittskandidaten viel strenger als bei Mitgliedstaaten kontrollieren. „Wir brauchen in diesem Sinne eine strengere EU, die Mitgliedstaaten diszipliniert, die gegen diese demokratischen Werte verstoßen.“
Fronius fügte hinzu: „Ungarn müsste sich seinerseits konstruktiver und aktiver in der EU einbringen. So könnten wir auch unsere Interessen besser verteidigen.“
Budapester können bis heute (Mittwoch) 12.00 darüber abstimmen, wer im Herbst als der gemeinsame Kandidat der Linksliberalen den amtierenden Oberbürgermeister der Hauptstadt, István Tarlós (Fidesz), herausfordern wird. Registrierte Wähler können zwischen Gergely Karácsony von der MSZP-Párbeszéd Allianz, Gábor Kerpel-Fronius von Momentum und der unabhängigen Olga Kálmán wählen, die von der linken Demokratischen Koalition (DK) unterstützt wird. Das Ergebniss der Vorwahl wird erst heute Abend um 19.00 Uhr bekannt gegeben.
(Via: welt.de, Beitragsbild: MTI – Zoltán Balogh)