Maskenpflicht entfällt in Bussen und Geschäften, Hotels verlangen keinen Impfpass mehr.Weiterlesen
Österreich ist das Laboratorium Ungarns, wenn es um Corona-Maßnahmen geht. Was in Österreich passiert, müssen wir beobachten und verfolgen. Wenn sie die Regelungen verschärfen, dann müssen wir auch die Möglichkeit einer Verschärfung in Betracht ziehen. Wenn sie die Beschränkungen lockern, dann sollten wir auch darüber nachdenken, war die Meinung Viktor Orbáns im April 2020. Seit dieser Äußerung sind fast anderthalb Jahre vergangen und wir können ruhig sagen, dass wir überhaupt nicht auf den gleichen Weg mit Österreich sind was die Bewältigung der Pandemie betrifft. Seit einiger Zeit folgen wir eher unseren eigenen Ideen. Was zeigen derzeit die Zahlen? Was können wir an der Schwelle zur vierten Welle erwarten?
Wir haben Glück, denn zwischen Italien und Ungarn liegt ein Land. Es heißt Österreich. Die Situation ist so, dass alle im Dunkeln tappen, aber sie tappen vor uns, daher sehe ich Österreich als ein Labor, nicht als eine Bedrohung. Wenn sie also bereit sind, bestimmte Verbote aufzuheben und zu einem normalen Leben zurückzukehren, dann muss das überwacht, notiert und analysiert werden, und es muss daraus gelernt werden, und was funktioniert, sollte übernommen werden. Seien wir froh, dass wir ausnahmsweise nicht die Versuchskaninchen sind
sagte Ungarns Ministerpräsident noch im April 2020 im staatlichen Kossuth Rádió, noch beim Ausbruch der Corona-Pandemie.
Seitdem hat sich natürlich die Pandemiesituation sehr stark verändert. Wie z. B. die Tatsache, dass wir an der Schwelle zur vierten Welle schon mit Impfstoffen ausgestattet stehen. Hinzu kommt, dass die einzelnen Länder heute schon sehr unterschiedlich mit der Epidemie umgehen. Damit ist Ungarn „vom österreichischen Weg abgekommen“ und hat viel lockerere Vorschriften derzeit als das benachbarte Österreich. Warum?
Wie sieht die Pandemie-Situation beider Länder aktuell aus?
Österreich hat letzte Woche den Plan der neuen Verschärfungen mitgeteilt. Die Situation ist vor allem in der Hauptstadt schlechter geworden, auf dessen Grund gelten die neuen Maßnahmen ab 1. Oktober nur in Wien.
Derzeit gilt die 3G-Regelung, dh. wenn man zB. ins Restaurant gehen oder den Zahnarzt besuchen möchte, muss man auf jeden Fall ein Impfzertifikat oder einen negativen Test oder ein Beweis über eine Genesung vorweisen. Man versucht mit dieser Verordnung die Impfrate zu erhöhen und die Bevölkerung zu motivieren, sich impfen zu lassen.
Ungarn verfolgt derzeit eine andere „Strategie“
Wenn wir in einem Restaurant essen oder nur einfach einen guten Kaffee in einem schönen Lokal genießen wollen, brauchen wir nur hinzugehen. Es gibt keine Kontrolle, ob man geimpft/genesen oder negativ getestet ist, wobei eine einfache Testmöglichkeit, wie in Österreich bei uns stark eingeschränkt ist. Als wir noch im Sommer den 5,5 millionsten Geimpften erreicht haben, wurden folgende Erleichterungsmaßnahmen eingeführt:
Dies bedeutet, dass Ungarn seit dem 3. Juli 2021 ein fast ähnliches Leben, wie vor der Pandemie führen kann, während Österreich noch die strengeren Maßnahmen aufrecht hält.
Auf Initiative der ungarischen Regierung wird das Parlament nächste Woche über die Verlängerung des Ausnahmezustands bis zum 1. Januar 2022 beraten, damit die Regierung rechtzeitig auf eine neue Welle der Pandemie reagieren kann. Pál Völner, Parlamentarischer Staatssekretär des Justizministeriums, betonte jedoch in seiner Rede, dass die Regierung den Schutz anderer europäischer Länder ständig beobachte und bewährte Verfahren übernehme.
Als Österreich die oben aufgezählten Maßnahmen eingeleitet hat, lag die Impfrate bei 54,5%, dh. 4 831 349 Menschen haben schon die 1. Dose der COVID-Impfung erhalten. Am 4. Juli (am 2. Tag nachdem die Maßnahmen gelockert wurden) gab es insgesamt 5 506 665 Menschen (56,3 %) in Ungarn, die mindestens die erste Impfung erhalten haben. Die Prozentzahlen waren ähnlich, wenn wir die 2. Dosis nicht dazu rechnen. Anfang Juli wurde schon 51,8% der Gesamtbevölkerung in Ungarn durchgeimpft, während in Österreich diese Zahl nur bei 36,5% lag.
Die Zahlen schauen heute anders aus. In Ungarn haben derzeit 60,3% der Bevölkerung mindestens die erste Impfung erhalten während in Österreich die Zahl schon 64,1% (in Bezug auf die Gesamtzahl der Bevölkerung) beträgt. Die totale Durchimpfungsrate in Ungarn beträgt 57,6%, in Österreich schon 60,8%, trotzdem verschärft Österreich die Corona-Maßnahmen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Beide Länder haben schon mit der Gabe der dritten Impfung begonnen.
Testungen
Was die Testungen betrifft ist Österreich weit vor uns. Die österreichische Regierung hat seit Anfang an die Wichtigkeit der Testungen nicht unterschätzt, so haben sie das Program „Österreich Testet“ eingeführt. Bis heute gibt es die Möglichkeit jeder Zeit in eine sog. Teststraße zu gehen und sich kostenlos mit einem Antigen-Schnelltest testen zu lassen. Es besteht die Möglichkeit gratis Selbstteste aus der Apotheke zu holen, heute würde man mit einem solchen Test nicht mehr ins Lokal eingelassen, man braucht auf jeden Fall ein behördliches Zertifikat. Eine dritte Möglichkeit wäre, einen Gurgeltest zu machen. Man kann gratis Testsets erhalten, zu Hause gurgeln und die Probe in bestimmten Geschäften (wie BIPA oder Billa) einfach abgeben. Das PCR-Testergebnis bekommt man in der Regel innerhalb von 24 Stunden. So kann das sein, dass Österreich bis jetzt schon 86 033 575 Tests durchgeführt hat, während Ungarn nur insgesamt 6 901 433.
Die politische Strategie, wie man die Bevölkerung motivieren kann ist eigentlich egal, das wichtigste ist, dass ein jeder die Wichtigkeit der Impfung versteht und zur Impfung geht. Das ist das einzige Mittel, das uns eine anspruchsvolle Verteidigung verleiht. Nachdem eine ausreichende Anzahl der Bewohner immunisiert ist, können wir schon überlegen, die Maßnahmen komplett zu beenden. Dies hängt natürlich von den aktuellen Zahlen und von der Belastung des Gesundheitswesens ab.
(Beitragsbild: MTI/EPA/Christian Bruna)