In den Augen eines regierungsfreundlichen Kommentators beweist die Beendigung des Ausnahmezustands, dass die Regierung keinen Machtmissbrauch habe betreiben wollen. Ein liberaler Kolumnist erkennt die Notwendigkeit an, auf die Durchsetzungskraft eines Notstands zurückzugreifen. Allerdings habe die Regierung ihre Bevollmächtigung zweckentfremdet, eine Presseschau von Budapost.
Am Dienstag hat die Regierung den Gesetzentwurf zur Beendigung des „Gefahrenzustands“ vorgelegt. Er bestimmt, dass die der Regierung übertragenen Sondervollmachten bis Mitte Juni an das Parlament zurückgegeben werden. Ein weiterer Gesetzentwurf, der der Volksvertretung zusammen mit dem oben genannten zugeleitet wurde, sieht vor, dass der Nationale Gesundheitsdienst sowie der Amtsärztliche Dienst der Regierung beim Eintreten einer Gefahrenlage im Bereich der nationalen Gesundheit auch ohne Zustimmung des Parlaments Sondervollmachten erteilen können. Regierungspolitiker forderten ihre Kritiker auf, sich für Vorwürfe zu entschuldigen, denen zufolge die Regierung die Einführung einer Diktatur beabsichtigt habe.
Dániel Galsai von Magyar Hírlap notiert, dass die Regierung genau das tue, was sie versprochen habe: Sie beende den Notstand unmittelbar nach dem Abklingen der Pandemie. Der regierungsnahe Kolumnist zieht die Vorwürfe der Opposition an die Adresse der Regierung ins Lächerliche. Für besonders absurd hält er Spekulationen seitens der Regierungskritiker, denen zufolge die Entscheidung von Ministerpräsident Viktor Orbán zur Beendigung des Ausnahmezustands (siehe BudaPost vom 20. Mai) ein taktischer Schachzug sei – verursacht durch Kritik der Europäischen Union.
András Dezső vertritt die Ansicht, dass die Regierung den Notstand dazu genutzt habe, um die Führung im Kampf gegen die Epidemie zu übernehmen und sämtliche Lorbeeren für den Erfolg selbst einzuheimsen. Auf Index erinnert der liberale Kommentator daran, dass die Opposition die Regierung wegen Verharmlosung der Corona-Gefahr zunächst kritisiert habe, um nach Einführung des Notstands ihr dann die Einführung einer Diktatur zur Last zu legen. Dezső wirft der Regierung den Missbrauch des Gesundheitsnotstands vor. Als Beispiele nennt er die Beschneidung der Befugnisse von Kommunalräten, Verfahren gegen die Verbreiter angeblicher Fake News sowie die Übernahme privater Unternehmen. Dennoch erkennt Dezső an: Zur Bekämpfung der Epidemie habe die Regierung mit außerordentlichen Befugnissen ausgestattet werden müssen. Dadurch habe sie endlose parteipolitische Debatten mit der Opposition über jede einzelne Notfallmaßnahme vermieden, notiert Dezső.
(via Budapost, Beitragsbild: MTI/Noémi Bruzák)