Das Überleben von gesunden und erschwinglichen europäischen Lebensmitteln steht auf dem Spiel

Ungarn Heute 2025.03.04.

Die ständig steigenden Ausgaben der EU erfordern zusätzliche Mittel, die auf Kosten der derzeitigen Zielgebiete finanziert werden sollen. Aufgrund dessen sieht der jüngste Vorschlag der Europäischen Kommission eine erhebliche Kürzung der Mittel vor, die so kommuniziert wird, als ob dies im Interesse der europäischen Landwirte wäre, warnt Dr. Tibor András Cseh, Generalsekretär des Verbandes der ungarischen Bauernverbände und landwirtschaftlichen Genossenschaften (MAGOSZ) und Vizepräsident der Nationale Agrarkammer (NAK) in einem Meinungsartikel.

Laut Tibor Cseh hebt sich Europa vor allem durch zwei Dinge von der Welt ab: dem Schengen-Raum und der Tatsache, dass Europa die nachhaltigste Landwirtschaft der Welt hat. Doch das europäische Lebensmittelproduktionssystem steht vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, warnt der Experte.

Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist in vollem Gange, aber nach den derzeitigen Plänen würde sie zu einem Rückgang der bisher hohen Qualität der Produktion führen.

Laut dem Generalsekretär steht viel auf dem Spiel: das Überleben von gesunden und erschwinglichen europäischen Lebensmitteln.

Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2027

Ein wesentlicher Teil der Agrarförderung fiel von Anfang an in die Zuständigkeit der EU, da die Ernährungssicherheit für die Europäische Union seit jeher eine Priorität darstellt.

Ihre strategische Bedeutung zeigt sich darin, dass die Agrarpolitik derzeit fast ein Drittel des Gesamthaushalts der EU (fast 400 Mrd. EUR) ausmacht,

so Tibor Cseh.

Natürlich sind Subventionen kein Geschenk an die Landwirte, die strengste Tierschutz- und Pflanzenschutzvorschriften einhalten müssen, und ohne sie wären die Lebensmittelpreise für die Verbraucher viel höher. Allerdings steht das seit Jahrzehnten bestehende Fördersystem nun vor ernsten Herausforderungen, da die Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2027 radikal gekürzt werden sollen, was negative Folgen für Erzeuger und Verbraucher hätte. Steigende EU-Ausgaben (z. B. für die Rückzahlung der gemeinsamen Schulden oder den geplanten Beitritt der Ukraine) werden zusätzliche Mittel erfordern, die auf Kosten der derzeitigen Zielgebiete finanziert werden. Der jüngste Vorschlag der Kommission sieht daher eine erhebliche Kürzung der Mittel vor, die so kommuniziert wird, als ob dies im Interesse der europäischen Landwirte wäre.

Wie soll die europäische Landwirtschaft umgestaltet werden?

Tibor Cseh macht darauf aufmerksam, dass die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, einen deutschen Professor für Geisteswissenschaften mit der Ausarbeitung der Agrarvorschläge betraut hat, ohne dass eine Bauernorganisation aus Mittel- und Osteuropa in das „Expertengremium“ eingeladen wurde. Der Vorschlag des Professors und seines Teams sieht vor, dass die flächenbezogenen Zahlungen generell abgeschafft werden und nur noch einer kleinen Gruppe von Landwirten (Junglandwirten, Landwirten in benachteiligten Gebieten, Neueinsteigern) zur Verfügung stehen, aber weiterhin strenge grüne Standards von jedem einzelnen europäischen Erzeuger verlangt werden. Außerdem wurde ein klares Ziel für die Verringerung des Fleischkonsums und die Umstellung auf pflanzliche Lebensmittel festgelegt. Alarmierend sei auch, dass ein möglicher EU-Beitritt der Ukraine in der Studie nicht einmal als Herausforderung für den Agrarsektor erwähnt wird, obwohl dies zu einem Massenbankrott der einheimischen Erzeuger führen würde, so der Agrarexperte.

Wie würde sich die Annahme dieses Vorschlags wirtschaftlich auswirken?

Die Kürzung der Flächenbeihilfe würde höchstwahrscheinlich zu einem Anstieg der Preise für in der EU erzeugte Lebensmittel führen, was eine inflationäre Wirkung hätte. Gleichzeitig würde sie einen Teil der Bevölkerung dazu verleiten, billigere Lebensmittel unsicherer Herkunft und Qualität aus Drittländern zu kaufen und zu konsumieren, aber leider ist dieser Prozess nicht mehr nur für die Zukunft:

Zwei Drittel des Rohstoffbedarfs der europäischen Viehzucht (Mais, Soja) kommen bereits von außerhalb der EU.

Darüber hinaus trägt auch die mit der landwirtschaftlichen Produktion verbundene Agrarindustrie (z. B. Maschinenvertrieb, Saatgut- und Düngemittelproduktion) mit Hunderten von Milliarden Forint zur Wirtschaftsleistung des Landes bei und könnte bei Umsetzung des Vorschlags einen drastischen Rückgang erleiden.

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Schwerwiegende Folgen für die ungarische Landwirtschaft

In Ungarn gibt es fast 200.000 landwirtschaftliche Betriebe, von denen die große Mehrheit entweder Kleinbauern oder Einzelunternehmer sind. Ihr wirtschaftliches und soziales Gewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass fast zwei Drittel der Ackerfläche von Einzelbetrieben genutzt werden. Die jüngsten Schwierigkeiten in der Landwirtschaft und auf dem Markt (schwere Dürreperioden, Dumping von ukrainischen Waren, drastischer Anstieg der Produktionskosten) haben jedoch die Bedeutung von Subventionen noch verstärkt. Das auf bäuerlichen Familienbetrieben basierende ungarische Wirtschaftsmodell könnte daher einen radikalen Wandel erfahren, wenn die flächenbezogene Förderung in ihrer jetzigen Form wegfiele: Die Zahl der Landwirte, die sich den Herausforderungen des Marktes und des Klimas stellen müssen, würde drastisch sinken.

Welche Produkte werden von außerhalb der EU importiert?

Da die europäische Produktion sinkt, würden die Importe von Waren aus Drittländern weiter steigen. Dabei sticht das Dumping ukrainischer Produkte hervor, denn die Ukraine verfügt über fast ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU, verbunden mit einer starken Präsenz von westlichem Kapital und technologischer Raffinesse.

Das Ausmaß des Dumpings wird durch die Tatsache veranschaulicht, dass die Ukraine vor dem Krieg Getreide im Wert von 5 Millionen Dollar nach Ungarn lieferte, was 2022 – nach Ausbruch des Krieges – bereits über 400 Millionen Dollar betrug, aber das Land liefete auch große Mengen an Ölsaaten, Geflügel und Eiern.

Es liegt auf der Hand, dass die europäische Agrar- und Ernährungswirtschaft nicht zukunftsfähig ist, wenn die strengen Lebensmittelsicherheitsvorschriften der EU nur von den europäischen Erzeugern erwartet werden, nicht aber von den Marktteilnehmern, die durch Freihandelsabkommen Märkte erhalten,

so Tibor Cseh.

Damit ungarische Bauern nicht in eine ausweglose Situation geraten und die Bevölkerung nicht mit Lebensmitteln zweifelhafter Herkunft überschwemmt wird, hat MAGOSZ und NAK eine Petition gegen die Kürzungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik gestartet. Die strategische Autonomie in der Lebensmittelproduktion müsse garantiert werden um somit nicht nur die Landwirte sondern auch die Verbraucher vor schwerwiegenden Folgen zu schützen.

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via vg.hu, Beitragsbild: pixabay