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Das Wahrzeichen Budapests: Das Parlamentsgebäude

Ungarn Heute 2018.09.14.

Das Parlamentsgebäude (ungarisch: Országház, wörtlich: Landeshaus) am Ufer der Donau ist wohl das bekannteste Wahrzeichen der Stadt Budapest. Es beherbergt nicht nur das ungarische Parlament, den Arbeitsplatz des ungarischen Ministerpräsidenten und dessen Kabinett, sondern gilt auch, nicht nur in Touristenkreisen, als eines der schönsten Parlamentsgebäude der Welt.  Als hervorstechendes Bauwerk im Stadt-Panorama wurde das Gebäude im Jahre 2011 zum Weltkulturerbe erklärt und ist der der ganze Stolz der ungarischen Nation.

Bauphase des Parlamentsgebäudes

Das Bauwerk ist absolut symmetrisch für das Zwei-Kammern Parlament im Jahre 1896 gebaut worden. Der Bau begann allerdings einige Jahre früher, im Jahr 1885, nachdem bereits 1830 erstmals die Idee eines Gebäudes für das Parlament, bzw. dessen Verlegung von Pressburg nach Budapest, in Erwägung gezogen wurde, und endete schließlich im Jahre 1904 (die Übergabe fand bereits 1902 statt). Die Baukosten betrugen zur damaligen Zeit 38.000.000 österreichische Kronen und wurden nach den Plänen von Steindl Imre im neogotischen Stil errichtet.

 

 

Steindl bekam den Zuschlag im Jahre 1883, nachdem bereits Miklós Ybl im Jahr 1865 ein provisorisches Landtagsgebäude geplant, und in kürzester Zeit errichtet hatte. Dieses Gebäude steht noch bis heute in der Sándor-Bródy-Straße und beherbergt das italienische Kulturinstitut.

Interessant ist, dass die beiden anderen Erstplatzierten Baupläne ebenfalls umgesetzt wurden. Sie befinden sich ebenfalls auf dem Kossuth-Platz, gegenüber vom Parlamentsgebäude und beherbergen das Ethnografische Museum (bis 2018) und das Landwirtschaftsministerium.

Leider erlebte Steindl die feierliche Übergabe seines Bauwerks am 8. Oktober 1902 nicht, er verstarb fünf Wochen vorher.

Die Bauphase fiel in eine Zeit des großen wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt. In diesem Zeitraum um 1900 herum entstanden auch der Heldenplatz, der Westbahnhof nach Plänen von Gustav Eiffel, die Andrassy-Straße und die erste Metrolinie auf dem europäischen Kontinent (die Metrolinie 1). Der Bau des Gebäudes half auch der ungarischen Wirtschaft. Die Bauherren verfolgten die Absicht nur Baumaterial aus Ungarn für den Bau zu benutzen, sowie die Einbindung von ungarischen Baufirmen. Die einzige Ausnahme bilden die 8, und bis zu 6m hohen, Marmorsäulen an der Haupttreppe der Eingangshalle, die aus Schweden angeliefert wurden (nur 12 dieser Säulen wurden angefertigt, die anderen 4 stehen im britischen Parlamentsgebäude).

 

Beim Baustil dagegen lassen sich unterschiedliche Einflüsse erkennen: Der Grundriss ist im Barockstil gehalten, die Fassade spiegelt die Welt der Gotik wieder und die Deckenverkleidung und Gemälde tragen die Handschrift der Renaissance.

 

 

Auch bei den Kosten hielt sich Steindl nicht zurück, so wurden allein 40kg an 23 karätigem Gold zum dekorieren des Inneren des Bauwerks verwendet. Er wollte mit diesem Gebäude den Stolz und die Kraft des ungarischen Volkes zu jener Zeit zum Ausdruck bringen.

Architektur 

Das Bauwerk beinhaltet zwei identisch aussehende Sitzungssäle, einmal das Oberhaus im nördlichen Teil und einmal das Unterhaus im südlichen Teil des Gebäudes. Die beiden Säle sind auch von außen gut auszumachen, da sich die Dächer der beiden Säle deutlich vom Rest des Gebäudes hervorheben, sowie auf dem Dach, genau an diesen Stellen, jeweils eine ungarische Nationalflagge weht.

Heute wird nur der Sitzungssaal des ehemaligen Unterhauses genutzt. Dort tagt das ungarische Parlament.

 

 

Das identische Design der Sitzungssäle symbolisiert die Wichtigkeit und Gleichberechtigung beider Kammern am Ende des 19. Jahrhunderts. Wer genauer hinsieht kann allerdings einen kleinen Unterschied bemerken. Vor dem Unterhaus ist der Teppich im Aufenthaltsraum rot, während der Teppich vor dem Oberhaus blau ist, symbolisch für die adelige Zugehörigkeit der Abgeordneten des Oberhauses. Mit 7 mal 21 Metern ist es noch dazu der größte geknüpfte Teppich Europas.

 

 

Beide Sitzungssäle sind in der Mitte des 268m langen und 123m breiten Gebäudes durch die majestätisch wirkende, 96m hohen Kuppelhalle verbunden, in der sich bis heute, gut gesichert, die heilige ungarische Krone von St. Stephan, dem ersten ungarischen König, zusammen mit den wichtigsten Gegenständen der Krönungs- und Reichsinsignien, befindet.

 

 

Die Zahl 96 spielt bei der Kuppel eine wichtige Rolle. Sie steht für das Jahr 896, das Jahr der Landnahme (ungarisch: Honfoglalás). Die Zahl spiegelt sich auch in der Anzahl der Stufen der Haupttreppe wieder.

 

 

Der Grundriss des Bauwerks hat einen Umfang von 17.000 Quadratmetern, 27 Eingangstore, im Inneren 29 Treppenhäuser und 13 Personal- und Lastenaufzüge.

Interessant ist auch, welches als Front- und welches als Rückseite des Parlamentsgebäudes angesehen wird. Ursprünglich galt die Seit hin zur Donau als Frontseite des Gebäudes, allerdings wird heutzutage diese Seite kaum noch genutzt. Mittlerweile werden alle wichtigen Zeremonien bzw. Empfänge von Staatsgästen auf der ehemaligen Rückseite, die Seite zum Kossuth-Platz, abgehalten.

 

 

Im Gebäude können die Besucher in Touristengruppen an einer Führung durch das Bauwerk teilnehmen, dabei kann der Sitzungssaal des damaligen Oberhauses, die Kuppelhalle, die Haupttreppe, sowie der Aufenthaltsraum, in der auch eine riesige Porzellan-Vase aus der berühmten ungarischen Manufaktur Herend steht, besichtig werden.

Vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben allerdings der südliche Sitzungssaal, da hier bis heute das ungarische Parlament tagt, sowie selbstverständlich auch das Arbeitszimmer des Ministerpräsidenten und die Arbeitsräume seines Kabinetts.

Des Weiteren können auch die Bibliothek und das Jagdzimmer mit seinen riesigen Gemälden nicht besichtigt werden.

Eine Tour durch das Parlamentsgebäude lohnt sich bei einem Besuch in Budapest trotzdem.

(von Márk Mervai geschrieben, Via: latogatokozpont.parlament.hu/orszaghaz, parlament.hu)