Interessant ist, dass sich Österreich der LGBTQ-Klage gegen Ungarn angeschlossen hat, ein Land, das in dieser Frage zuerst seine eigenen Angelegenheiten in Ordnung bringen sollte.Weiterlesen
Im internationalen Umfeld wurden Ungarn und die ungarische Regierung als homophob und LGBTQ-feindlich gebrandmarkt. Was Institutionen und EU-Länder jedoch in Anbetracht der angeblich prekären Lage der LGBTQ-Menschen anprangern, scheint in der Realität nur Anfeindungen ohne Belege zu sein.
Am 15. Juli fand der 28. Pride-Marsch in Budapest statt. Nach Angaben des Veranstalters nahmen mehr als 35.000 Menschen teil, allerdings kam der Großteil nicht aus Ungarn: sehr viele Teilnehmer kamen aus vielen verschiedenen Ländern von Italien, über Irland, bis hin zum Libanon und Kenia. Auch die Botschaften in Budapest und verschiedene Organisationen liefen mit.
Wie wir berichtet haben, veröffentlichten 38 Botschaften und ausländische Institutionen zeitgleich zur Pride-Parade eine gemeinsame Erklärung. Ironisch ist dabei, dass sie in der Erklärung das Recht der LGBTQ-Gemeinde „zur Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Gewaltfreiheit” betonen, während sie zu Tausenden auf Budapests Straßen spazieren.
Weiterhin heißt es: „Wir sind besorgt über die Gesetzgebung und die politische Rhetorik, auch in Ungarn, die im Widerspruch zu den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, den internationalen Menschenrechtsvorschriften und der Menschenwürde stehen und zur Stigmatisierung der LGBTQI+-Gemeinschaft beitragen“.
Doch wie sieht es mit Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Gewaltfreiheit der LGBTQ-Community in anderen Ländern aus?
Nach der Pride-Parade, dem Christopher Street Day in Hannover 2023 wurden immer mehr queerfeindliche und andere Übergriffe bekannt. In der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) wurde von „Vorgängen im mittleren zweistelligen Bereich“, mit Körperverletzungen, Beleidigungen, Taschendiebstahl und schwerem Diebstahl, berichtet. In einem anderen Fall soll es zu einer Vergewaltigung an einer Minderjährigen gekommen sein, heißt es.
Auch in Frankfurt berichtete die Polizei von einem Zwischenfall, bei dem ein Streifenwagen, mit dem die Polizei als Teil der Parade mitfuhr, von mehreren Demonstrierenden angegriffen worden sei, die die am Fahrzeug angebrachten Regenbogenflaggen abzureißen versuchten.
Derweilen ist von Angriffen auf dem Pride-Marsch in Budapest lediglich ein Netzwerkangriff auf die Website des Veranstalters im Vorfeld des Marsches zu verzeichnen. Physische Übergriffe – Fehlanzeige.
Schaut man sich die Statistiken über LGBTQ-feindliche Straf- und Gewalttaten fällt auch ein deutlicher Unterschied auf.
Aus einer Statistik des deutschen Bundesinnenministeriums über politisch motivierte Gewalttaten im Jahr 2022 geht hervor, dass die Zahl der registrierten Straftaten gegen LGBTQ-Menschen stark angestiegen ist.
Aus der Statistik ist herauszulesen, dass
im Jahr 2022 in Deutschland 1.005 Straftaten (davon 227 Gewaltdelikte) im Zusammenhang mit dem Unterthemenfeld „Sexuelle Orientierung“ registriert wurden. Dies entspricht einer Steigerung von 15,52 % gegenüber dem Vorjahr, in dem es noch 870 Delikte waren.
Im Unterthemenfeld „geschlechtliche Diversität“ wurden 417 Straftaten (davon 82 Gewaltdelikte) erfasst. Die Dunkelziffer wird jedoch auf 80 bis 90 Prozent geschätzt.
Im Gegensatz dazu finden sich für Ungarn keine derartigen Statistiken. Nicht einmal LGBTQ-Rechtsorganisationen können über einen derartigen Anstieg von Straftaten berichten.
Angesichts dessen ist es eher verwunderlich, dass die Botschaften in Budapest mit dem Finger auf Ungarn zeigen, anstatt sich mit den Erfolgen des friedlichen Zusammenlebens der Mehrheitsbevölkerung mit den sexuellen Minderheiten im Lande zu befassen und sich gleichzeitig um die ihnen eigentlich übertragenen diplomatischen Aufgaben zu kümmern.
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