Wöchentliche Newsletter

Die Deutschen ziehen zu Tausenden nach Ungarn

Ungarn Heute 2023.04.21.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat einen Bericht über die Auswanderung deutscher Bürger nach Ungarn veröffentlicht, berichtet Világgazdaság.

Aus der Mitte April ausgestrahlten Reportage geht hervor, dass immer mehr deutsche Staatsbürger Ungarn, insbesondere die Balaton-Region (deutsch: Plattensee), als ihren Wohnsitz wählen. Zwei Orte wurden namentlich erwähnt, Marcali und Keszthely.

Der erste Ort, Marcali liegt im Komitat Somogy, zehn Kilometer vom Balaton entfernt. Hier traf der MDR-Reporter Sandra Müller und Janine Ottoman, die beide zu einem Hausbesuch kamen. Erstere kommt aus der Erzgebirgsregion und ist auf der Suche nach einer Zweitimmobilie in Ungarn, letztere kommt aus Berlin und sucht ein Ferienhaus. Sie sahen sich ein komplett renoviertes 70 Quadratmeter großes Haus auf einem 5.000 Quadratmeter großen Grundstück an. Der Preis beträgt 49.000 Euro.

Für diesen Preis bekäme man in Deutschland nicht einmal eine Garage, betonte der Makler, der ebenfalls Deutscher ist und seit 20 Jahren in Ungarn lebt. Er sagt, dass

in den letzten vier Jahren die Zahl der deutschen Immobiliensuchenden in der Gegend explodiert sei, mit drei bis sechs Besichtigungen pro Tag.

Kürzlich verkaufte er eine Immobilie für 250.000 Euro, ohne dass der Käufer, ein deutscher Künstler, sie sich vor Ort ansah, er rief ihn einfach an.

Der MDR-Reporter stellte auch fest, dass bei einem Spaziergang durch die Straßen von Marcali ganze Stadtteile germanisiert worden waren, mit deutschen Namen überall an den Toren. Einige von ihnen haben ihr Grundstück von ihren Eltern geerbt und nutzen es als Ferienhaus, andere leben schon lange hier. „Wir sind vor 15 Jahren umgezogen, die ganze Straße ist deutsch. Ich habe die deutsche Flagge an mein Haus gehängt, ich bin immer noch Deutscher, aber was in meiner Heimat passiert, ist eine Katastrophe“, sagt einer von ihnen.

Staatspräsidentin Novák weiht Promenade im Schmuckstädtchen am Balaton ein
Staatspräsidentin Novák weiht Promenade im Schmuckstädtchen am Balaton ein

Am ersten Tag ihres zweitägigen Aufenthalts im Komitat Somogy besuchte das ungarische Staatsoberhaupt Andocs, Balatonboglár, Fonyód und Kaposvár.Weiterlesen

Das ist ein immer wiederkehrender Grund:

Viele sagen, dass sie sich in Deutschland nicht zu Hause fühlen, insbesondere seit der Flüchtlingskrise 2015.

Wie bekannt, öffnete die deutsche Regierung ihre Grenzen für Hunderttausende von hauptsächlich Wirtschaftsmigranten.

Die Regierung Orbán hat jedoch die Aufrechterhaltung der Grenzen zu einer Priorität gemacht, weshalb sie in Deutschland viele Unterstützer hat. Und das bedeutet nicht nur prinzipielle Unterstützung, sondern hat Ungarn auch attraktiv gemacht, wie die Zahlen zeigen:

Schon jetzt gibt es mehr als 14.700 deutsche Rentner, die ihre Rente in Ungarn beantragen. Vor fünf Jahren waren es noch 11.700, ein Anstieg von fast 25 Prozent in nur wenigen Jahren.

Der MDR erinnerte daran, dass er bereits vor zwei Jahrzehnten über eine Einwanderungswelle von Deutschen nach Ungarn berichtet hatte.  Damals war alles billiger. Aber jetzt beträgt die Inflation 25 Prozent, die höchste in Europa. Der Journalist ging in ein Geschäft, um die Preise für ungarische und deutsche Lebensmittel zu vergleichen. Er stellte fest, dass er für die gleichen Produkte in Ungarn immer noch 13 Prozent weniger bezahlte als in Deutschland: Ein durchschnittlicher Einkaufskorb kostete in Ungarn 18,78 Euro und in Deutschland 21,21 Euro. Der Reporter stellt außerdem fest, dass man in Ungarn für 1 Euro Dienstleistungen im Wert von 1,67 Euro erhält, womit Ungarn nach Polen das zweitgünstigste Land in der EU ist.

Foto: Hello Keszthely/Facebook

Der deutsche öffentlich-rechtliche Sender besuchte anschließend Keszthely, wo ihm bei einem Spaziergang durch die Stadt oft deutsche Worte in den Ohren klangen. Die Interviewpartnerin, Rita Mick-Sole, ist eine evangelische Pastorin, die dort arbeitet. Als der Reporter sich wundert, wie gepflegt die öffentlichen Grünanlagen sind, und sie an deutsche Präzision erinnert, korrigiert die Pfarrerin ihn, dass es sich um ungarische Präzision handelt. Sie erklärt, dass

die Deutschen in Scharen nach Ungarn ziehen, weil die deutsche Politik die Menschen verunsichert und unzufrieden gemacht hat, während sie in Ungarn glücklich sein können.

Der MDR schließt seinen viertelstündigen Bericht mit der Feststellung, dass die meisten Deutschen in die Schweiz und nach Österreich ziehen und dass Ungarn zwar noch nicht zu den beliebtesten Auswanderungszielen gehört, aber immer mehr aufholt. „Ob es wirklich besser ist, hier zu leben als in Deutschland, muss jeder für sich entscheiden“, heißt es abschließend.

via vg.hu, Beitragsbild: Pixabay