Laut Tibor Navracsics hat die Regierung alle von der Kommission vorgebrachten Bedenken aufgegriffen.Weiterlesen
Anlässlich einer Pressekonferenz am Sitz des Zentrums für Grundrechte (Alapjogokért Központ) in Budapest hat Hungary Today die Direktoren des Instituts nach ihrer Meinung zum drohenden Entzug der Erasmus- und Horizon-Forschungsgelder durch die Europäische Kommission für die als Stiftungen des öffentlichen Rechts geführten Universitäten befragt. Was sind die Hauptmotive der Kommission, dem ungarischen Bildungswesen diese wichtigen Mittel vorzuenthalten?
István Kovács:
– Es gibt einen Punkt in der Entscheidung des Rates selbst, der besagt, dass solche Stiftungen von öffentlichem Interesse keine EU-Mittel erhalten können. Der Modellwechsel vom Staat zur Stiftung hat an vielen Universitäten in Ungarn stattgefunden, aber nicht an allen. In der Europäischen Kommission ist man der Meinung, dass der Modellwechsel falsch ist, weil man glaubt, dass er politischen Zwecken dient. Die Frage ist, wie die Eurokraten, die immer für Bildung und den freien Markt sind, ein Modell unterstützen können, bei dem die Universität eins zu eins vom Staat abhängig ist, in dem der Staat der Erhalter ist, und der Staat die Berufungsrechte hat.
Bei der Änderung des Stiftungsmodells ging es darum, die Universitäten ein für alle Mal vom Staat unabhängig zu machen. Die öffentlich-rechtliche Stiftung würde die meisten der bisher vom Staat wahrgenommenen Funktionen ausüben.
Das ist eine konzeptionelle Sache. Das Stiftungsmodell ist nicht unbedingt besser, aber soweit ich sehe, ist es für die Herausforderungen unserer Zeit besser geeignet. Das alte Modell ist ein Überbleibsel aus den Zeiten des Sozialismus.
Dass sich die Europäische Kommission mit solch fadenscheinigen Begründungen in die Hochschulbildung in Ungarn einmischt, ist ein klarer Eingriff in die akademischen Freiheiten. Dies geschieht auf diskriminierende Weise. Die Kommission teilt bestimmte Ressourcen nicht mit allen ungarischen Universitäten, sondern wendet sich aus politischen Motiven ganz gezielt an bestimmte Universitäten. Sie mögen das dortige Management nicht, sie mögen die Leute in den Kuratorien der Stiftungen nicht.
Es gibt ein klares Verfahren, nach dem diese Personen in Übereinstimmung mit dem ungarischen Recht in diese Positionen gebracht werden. Das Problem mit der Kommission ist, dass ihre politischen Präferenzen hier nicht überwiegen, sondern dass sie darauf abzielt, die Leitung einiger Institutionen in Ungarn zu übernehmen und ihnen vorschreiben zu können, wer diese leiten soll. Die Erasmus-Debatte lässt sich auf diese Art von Bereich übertragen.
Die Europäische Kommission hat auch erkannt, dass
sie, wenn sie langfristig an ihrer Position festhält und Stiftungseinrichtungen keine EU-Mittel erhalten können, diese Hochschulen im Wettbewerb auf diskriminierende Weise stark benachteiligen kann.
Dabei geht es nicht nur um Studenten, die in EU-Länder gehen, sondern auch um den Austausch von Lehrkräften, Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Dies ist ein sehr schwerwiegender Eingriff in die ungarische akademische Freiheit. Es wird ein Präzedenzfall geschaffen, der unvorhersehbare Folgen haben könnte. Ich denke, dass dies Teil einer Verhandlungsposition ist, aber es ist eine Position, die die Kommission selbst nicht einmal mittelfristig für tragbar hält. Deshalb muss dieses Problem bald gelöst werden – innerhalb von sechs Monaten. Das ist schrecklich, denn wir sprechen hier von einem Wettbewerbsnachteil der ungarischen Universitäten gegenüber ausländischen Universitäten.
Attila Kovács:
– Wenn an westeuropäischen Universitäten ehemalige oder aktive Politiker in den Vorständen sitzen, interessiert das die EU nicht. Wenn ungarische Politiker in den Kuratorien der Universitäten sitzen, geraten sie sofort ins Fadenkreuz der Europäischen Kommission.
Nennen Sie mir eine einzige Stiftungsuniversität, an der es im letzten Semester keine größere Gehaltserhöhung gegeben hat! Überall wurden die Gehälter der Dozenten sehr stark erhöht. Hier wird der Modellwechsel von Brüssel negativ dargestellt, aber die damit verbundene deutliche Lohnerhöhung wird irgendwie verschwiegen.
Der Modellwechsel hat in der akademischen Welt sehr positive Auswirkungen gehabt, so dass es unverständlich ist, dass ein System, das zu Ergebnissen geführt hat, nun halbiert wird.
Hochschulprojekte wie Horizon stimulieren die Wirtschaft. Die EU hat ihre Innovationsziele, und Ungarn ist in diesen Bereichen gut unterwegs. Das Wachstum der europäischen Wirtschaft erhält durch die Entscheidung der Kommission einen Schlag ins Gesicht, wo doch jeder Euro-Cent für die Entwicklung der Wirtschaft ausgegeben werden sollte, und das zu einer Zeit, in der die EU-Region kurz vor einer Rezession steht.
via hungarytoday.hu, Beitragsbild: Hungary Today