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Die Synagoge von Kőszeg erstrahlt wieder in ihrem alten Glanz

Enikő Enzsöl 2022.10.10.

Die Synagoge von Kőszeg, das einzigartige kulturelle Erbe der Stadt, hat ihre Türen mit neuen Funktionen und einem reichhaltigen Kulturprogramm für die Öffentlichkeit geöffnet.

Nach jahrelangen Fehlstarts und gescheiterten Versuchen wurde die seit langem verfallene Synagoge aus dem 19. Jahrhundert im westungarischen Kőszeg (deutsch Güns) nach einer umfassenden Renovierung, die in den letzten zwei Jahren stattfand, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nach einer vollständigen Renovierung wird das Gebäude im Herbst und Winter kulturelle und wissenschaftliche Programme anbieten und dank seiner hervorragenden Akustik auch für Musikveranstaltungen genutzt werden. Die ersten Gäste in der Synagoge waren die Haydn Soloists der Haydn Philharmonie, die am Sonntag ein ausverkauftes Konzert gaben.

Fact

Die Haydn Philharmonie wurde 1987 als Österreichisch-Ungarische Haydn Philharmonie von Adam Fischer aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und der großen ungarischen Orchester gegründet. Fischers Anliegen war es, ausgewählte Musiker dieser beiden Staaten noch vor Fall des „Eisernen Vorhangs“ musikalisch zusammenführen, um gemeinsam das Werk Joseph Haydns in diesem historischen Saal auf Schloss Esterházy aufzuführen, für den Haydn den Großteil seiner Werke komponiert hatte. Das Orchester tritt seit 2016 nur noch als Haydn Philharmonie auf und setzt sich mittlerweile aus ausgesuchten Musikern vieler Nationalitäten zusammen.

Der Direktor des Orchesters, Géza Rhomberg, erklärte gegenüber Ungarn Heute in der Pause der Aufführung, dass er sich über die guten Beziehungen mit der Stadt und dem iASK freue. Sie schätzen sich glücklich, als erste ein Konzert in dem renovierten Gebäude gegeben zu haben, das, obwohl es als Synagoge und nicht als Konzertsaal gebaut wurde, eine hervorragende Akustik hat, und sie würden gerne wieder in die Stadt zurückkehren.

Foto: Niklas Schnaubelt/Haydn Philharmonie

In Westungarn und im Gebiet des heutigen Burgenlandes blühte das jüdische Kulturleben während der österreichisch-ungarischen Monarchie, wovon die Synagoge in Kőszeg ein eindrucksvolles Zeugnis ablegt. Der Bau der Gebäude wurde 1856 von Philipp Schey (1798-1881) finanziert, der vom Einzelhändler in Kőszeg zum Großunternehmer in Wien aufstieg. 1859 wurde Schey von Kaiser Franz Joseph in den österreichischen Adelsstand erhoben – er war der erste Jude, dem diese Ehre zuteil wurde, und trug den Titel Philipp Schey von Koromla. Schey finanzierte 1856-59 den Bau des Synagogenkomplexes, zu dem auch das Haus des Rabbiners, der Innenhof, der Garten und der Zaun gehören. Seine Rolle wird an der Synagoge mehrfach durch Inschriften oder Tafeln betont – unter anderem auf der Innenseite der Kuppel und an der Fassade, unterhalb der Zehn Gebote.

In Kőszeg gibt es keine bedeutende jüdische Gemeinde mehr. Der Friedensvertrag von Trianon versetzte der Wirtschaft der Stadt einen schweren Schlag, und der Anteil der israelitischen Bevölkerung war seither stetig zurückgegangen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die jüdische Bevölkerung von Kőszeg ebenfalls in einem Ghetto abgesondert. Im Jahr 1944 wurden die Häftlinge zunächst in das Ghetto Szombathely und dann nach Auschwitz deportiert. Die meisten von ihnen wurden sofort in die Gaskammern geschickt, und nur 16 der Juden aus Kőszeg überlebten den Holocaust.

Das Schicksal des Gebäudes und der Renovierungsprozess haben bereits großes nationales und internationales Interesse auf sich gezogen. Seit Mitte der 1990er Jahre hat es sich Ferenc Miszlivetz, Generaldirektor vom Institute of Advanced Studies Kőszeg (iASK; Felsőbbfokú Tanulmányok Intézete), zur Aufgabe gemacht, dieses romantische Gebäude von unvergleichlicher Schönheit zu retten und zu restaurieren. Die Restaurierung des Komplexes und seiner Gärten wurde 2013 von der Regierung beschlossen, um das Holocaust-Gedenkjahr vorzubereiten.

Die Synagoge von Kőszeg im Jahre 2011 (Foto: Dániel Kovács/Indafotó/Wikipedia)

Das Gebäude ging 2016 wieder in staatliches Eigentum über, und der Staat stellte Berichten zufolge 649.745.697 Forint (mehr als 1.520.000 Euro) für die Restaurierung des Synagogenkomplexes bereit.

Die Restaurierung erfolgte im Rahmen des KRAFT-Programms, eines Regionalentwicklungsprogramms, das wirtschaftliche, kommunale und akademische Akteure umfasst, die gemeinsam an der Entwicklung kleiner und mittlerer Städte arbeiten. iASK koordiniert die Aktivitäten in seinem KRAFT-Zentrum.

Die Arbeiten umfassten eine vollständige Restaurierung der Außenfassade, von der im Laufe der Jahrzehnte der gesamte ursprüngliche Stuck abgefallen war, sowie eine vollständige Restaurierung der empfindlichen Fresken und anderer dekorativer Elemente im Inneren, einschließlich des großen Davidsterns über der Lade. Das Haus des Rabbiners und andere Gebäude des Komplexes wurden ebenfalls restauriert, ebenso wie der Innenhof und das Gelände.

Dank der Sanierung wird der Synagogenkomplex eine Reihe von Funktionen haben, die einen religiösen, kulturellen und öffentlichen Auftrag erfüllen. Nach vielen Jahren der Nichtnutzung kann die Synagoge bei Bedarf wieder als Gotteshaus genutzt werden.

Das Institute of Advanced Studies Kőszeg unterhält eine Arbeitsgruppe für die Geschichte des Judentums, die historische Forschungen über das kulturelle Leben und die Aktivitäten der jüdischen Gemeinden im westpannonischen Raum, ihren Einfluss auf die Gesellschaft und die Modernisierung der Städte in der Region durchführt. Die Ergebnisse dieser Forschung werden in temporären und permanenten Ausstellungen präsentiert.

Die Ausstellung des Forschungsteams „Eine Erfolgsgeschichte aus Kőszeg: die Familie Schey” ist bereits in einem der Gebäude der Synagoge zu besichtigen.

Beitragsbild und Fotos: Ungarn Heute