Laut der Chefepidemiologin des Innovationsministeriums würde die Epidemiekurve in Ungarn noch höher ausfallen, kann dies jedoch nicht, da das Land die Grenze seiner Corona-Testkapazitäten erreicht hat. Somit können weniger schwerwiegende Fälle nicht mehr identifiziert werden. Deswegen werde die Zahl der täglichen Neuinfektionen auch nicht zunehmen, und die Vorhersage des Pandemiverlaufs sei auch schwieriger.
Täglich werden in Ungarn zwischen 700 und 1300 Neuinfektionen registriert, wobei diese Zahl seit Mitte September keine wirkliche Aussagekraft mehr besitzt, weil die landesweiten Kapazitäten mit täglich 10.-12.000 Tests ausgeschöpft sind.
Die Leiter der Aktionsgruppe, die die Epidemie in Ungarn überwachen, bestätigten am Freitagabend gegenüber Info Rádió, dass die Anzahl der durchgeführten Tests in der zweiten Welle der Coronavirus-Epidemie zu wenig sei. Gergely Röst sprach unter anderem darüber, dass die Vorhersage des Pandemiverlaufs derzeit eine der schwierigsten Aufgaben ist, da die Anzahl der durchgeführten Tests mit der gestiegenen Anzahl von Fällen den Schritt nicht mehr halten kann.
Beatrix Oroszi, Chefepidemiologin des Innovationsministeriums, sagte, dass es eine falsche Annahme ist, dass wir darum mehr positive Fälle haben, weil wir mehr testen. Das Problem ist, dass wenn die Anzahl der Fälle tatsächlich zunimmt, die obere Testgrenze auch bestimmt, wie viel von allen vorhandenen Infektionen wir erkennen können.
Die offizielle Zahl der Neuerkrankungen wächst nicht, weil unsere Testkapazität ihre Obergrenze erreicht hat
fügte Oroszi hinzu.
Oroszi betonte zugleich, dass die Positivenrate der Tests aktuell immer noch über 10% liegt.
Die Positivenrate gibt an, wie viel Prozent der Getesteten ein positives Ergebnis erhalten haben. Steigt die Zahl, ist das ein Indikator dafür, dass die Pandemie wieder Fahrt aufnimmt. Denn mit der Erhöhung der Testkapazitäten kann zwar die Zahl der entdeckten positiven Tests steigen – aber auch die Zahl der negativen Testergebnisse.
Diese Zahl sollte unter 5 Prozent liegen, (wie es auch die WHO empfiehlt), aber die Rate ist seit Anfang September nicht unter diese Zahl gefallen. Darüber hinaus liegt sie seit einiger Zeit über 10 Prozent und hat sogar mehrmals 12 Prozent erreicht und damit die von der WHO festgelegte Obergrenze der korrekten Testrate überschritten.
Laut Oroszi wird die tägliche Anzahl der Fälle wieder nützliche Daten sein, wenn die Rate der positiven Tests unter 5 Prozent gesenkt wird. Laut der Expertin ist dies überhaupt „keine unmögliche Mission“, wie dies auch in Österreich mit einer kontinuierlichen Erhöhung der Testkapazität geschehen ist, obwohl Wien im September auch die 5-Prozent-Grenze überschritten hat.
Mittlerweile sind 27.000 Ungarn aktiv mit dem Coronavirus infiziert, unter denen 1519 in Krankenhäusern, davon 160 mit Beatmungsgeräten behandelt werden müssen. Von Montag auf Dienstag zählte das Land 28 COVID-19-Opfer, so viele wie noch nie zuvor während der zweiten Welle. Medienberichten zufolge wird die mobile Coronavirus-Klinik in Kiskunhalas, die bei der ersten Welle letztlich nicht zum Einsatz gelangte, demnächst bald Patienten aufnehmen müssen.
Fachleute sind darin einig, dass wir den epidemischen Trend umkehren können, wenn wir die persönliche Verteidigung ernst nehmen. Alle sollte einen Nasen-Mund-Schutz tragen, sich von anderen Menschen außerhalb der Familie fernhalten, und sich im Alltag regelmäßig die Hände waschen. Wenn dies wir nicht einhalten, bleibt nichts anderes übrig, als die Beschränkungsmaßnahmen erneut einzuführen.
(Via: Hungary Today, Budapester Zeitung, Beitragsbild: