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Draghis bittere Bilanz der europäischen Wirtschaft fordert einen radikalen Wandel

Ungarn Heute 2025.02.17.
Mario Draghi mit Viktor Orbán beim Budapester EU-Gipfel im November 2024

Mario Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank und ehemaliger Ministerpräsident Italiens, der den Europäischen Wettbewerbsbericht verfasst hat, hat in einem Gastbeitrag für die Financial Times eine bittere Bilanz der wirtschaftlichen Lage in Europa gezogen.

In dem Artikel mit dem Titel „Vergessen Sie die USA! Europa hat sich selbst erfolgreich Zölle auferlegt“, macht Mario Draghi darauf aufmerksam, dass Europa verwundbar sei, da die Wirtschaft der Eurozone Ende letzten Jahres kaum gewachsen ist. Und sollte die USA Zölle auf europäische Produkte erheben, werden die Wachstumsaussichten angesichts des exportorientierten Charakters der europäischen Wirtschaft noch düsterer sein.

Nach Ansicht von Mario Draghi sind es vor allem zwei Faktoren, die Europa in diese schwierige Lage gebracht haben.

Zum einen ist die EU seit langem nicht in der Lage, ihre Versorgungsprobleme zu lösen, zum anderen sind die überkomplizierten Wirtschaftsvorschriften wachstumshemmend und richten mehr Schaden an, als es alle Zölle, die die USA erheben könnten. Laut dem Artikel schätzt der IWF, dass die internen Schranken in Europa so schädlich sind wie ein Zoll von 45 % auf das verarbeitende Gewerbe und 110 % auf Dienstleistungen.

Die Regulierung digitaler Sektoren bremst das Wachstum europäischer Technologieunternehmen (ein Sektor, der das Wachstum in der EU normalerweise ankurbelt). Die Kosten für die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (GDPR) beispielsweise haben die Gewinne kleiner europäischer Technologieunternehmen schätzungsweise um 12 % verringert.

Ein weiterer Grund für die schwierige Situation ist, dass Europa eine anhaltende Nachfrageschwäche toleriert. Seit der Finanzkrise 2008 ist die europäische Nachfrage stark zurückgegangen und auch nach der Erholung der europäischen Volkswirtschaften niedrig geblieben (während der Verbrauch in den USA beispielsweise hoch geblieben ist), so Mario Draghi.

Diese Situation hat zu einem hohen Handelsüberschuss in Europa geführt, aber zu einer geringen Binnennachfrage und einem niedrigen Verbrauch, was zu einer Schwächung der Produktivität geführt hat.

Ein radikaler Wandel ist erforderlich“,

so Mario Draghi und empfiehlt Deregulierung, Nachfragestimulierung, eine proaktivere Steuerpolitik sowie mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung und Innovation, um die Probleme zu lösen.

Balázs Orbán, politischer Direktor des Ministerpräsidenten, reagierte in den sozialen Medien auf den herben Bericht von Mario Draghi mit den Worten: „Jeden Tag eine Ohrfeige für die Brüsseler Eliten“

Er betonte, dass der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank gegenüber der Financial Times erklärt hat, dass nicht externe Faktoren die Ursache für den Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit der EU sind, sondern Missmanagement in Brüssel. Der Artikel fasst in wenigen Punkten die gravierendsten Wettbewerbsprobleme zusammen, die allesamt auf die fehlerhaften Entscheidungen der liberalen, bürokratischen Führung in Brüssel zurückgeführt werden können.

Eine neue Wirtschaftspolitik sei nötig, die sich radikal von der derzeitigen Richtung in Brüssel unterscheidet, so Balázs Orbán. „Es ist jetzt klar, dass Europa sich ändern muss, um seine Stärke wiederzuerlangen. Das ist genau das, was wir tun werden. Zunächst werden wir die liberalen Eliten in Brüssel in die Schranken weisen, und dann wird Ungarn der Katalysator für einen Wandel sein, der Europa wettbewerbsfähiger, widerstandsfähiger und wieder groß macht“, so der politische Direktor.

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via ft.com, Beitragsbild: European Union/Fischer Zoltán