Im Hof des Bánffy-Palastes wurde die 12. Klausenburger Buch-Festwoche eröffnet.Weiterlesen
Der legendäre Kriterion-Verlag präsentiert mehr als 50 Jahre seiner Geschichte in dem dreisprachigen (Ungarisch, Deutsch, Rumänisch) Band Kriterion 50+, der am Donnerstag um 19.00 Uhr in der rumänischen Hauptstadt am ehemaligen Standort des Verlags vorgestellt wird, teilte das Liszt-Institut Bukarest mit.
Wenn man auch die politischen Voraussetzungen für die Entstehung dieses wahren Schmelztiegels der literarischen und wissenschaftlichen Produktion der „mitwohnenden Nationalitäten“, wie damals die zahlreichen ethnischen Minderheiten im kommunistischen Rumänien hießen, berücksichtigt, dann ist der Urheber dieser Zeilen fast gleichaltrig mit der Institution, die für die Bibliophilen des Landes zur Legende geworden ist.
Der einzige positive Aspekt, den ich mit der zynisch als „Goldene Epoche“ bezeichneten Regierungszeit von Nicolae Ceaușescu verbinde, ist zweifellos die relative kulturelle Liberalisierung, die mit dem Prager Frühling (1968) begann und mit den „Juli-Thesen“ (1971) abrupt endete. Aus der Volksrepublik China zurückgekehrt, leitete der rumänische „Führer“ eine Kulturrevolution nach maoistischem Muster ein.
Man sagt, dass Wunder nur drei Tage dauern.
Zu Beginn des Jahres 1970 wurde ein Verlag für Minderheiten gegründet, der für eine während der kommunistischen Diktatur beispiellose kulturelle Blütezeit sorgte.
Diese Gnadenfrist währte streng genommen nur drei Jahre, gerade genug, um den Geist aus der Wunderlampe zu befreien. Der Aladin jener Jahre war Géza Domokos (1928-2007), der in Bukarest versuchte, so viele Wünsche wie möglich gegenüber dem Dschinn des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu formulieren.
Er begriff auf Anhieb den konjunkturellen Charakter dieser strategischen Nachsicht des Einparteistaates und nutzte die Zugeständnisse der Zensur nicht nur für seine eigene Gemeinschaft, die Ungarn, sondern auch für andere ethnische Gruppen aus. Mit seinem Charisma und seinem Organisationstalent umgab er sich mit Menschen von außergewöhnlicher Qualität, denen es gelang, den Kriterion-Verlag zu einem Bezugspunkt nicht nur für die Kultur der Minderheiten zu machen. Meine Generation verdankt ihre intellektuelle Entwicklung den tadellos redigierten Büchern des Kriterion-Verlags, die auch grafisch ansprechend gestaltet waren.
Die Serben im Banat und die Tataren in der Dobrudscha haben dem Verlag viel zu verdanken, denn Kriterion hat für diese Volksgruppen, die sich seit den 1970er Jahren in einer demografischen Abwärtsspirale befinden, grundlegende Werke veröffentlicht. Die Autoren der Siebenbürger Sachsen, der Banater Schwaben und der Zipser aus Marmarosch (Nordrumänien) bauten mit Hilfe des von Géza Domonos geleiteten Verlags das auf, was man (leider post festum) „die fünfte deutsche Literatur“ nannte, neben derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, der DDR, Österreichs und der Schweiz. Zu einer Zeit, als das jiddischsprachige literarische Schaffen selbst in Israel vernachlässigt wurde, hatte der Kriterion-Verlag eine Reihe, die der traditionellen Sprache des osteuropäischen Judentums gewidmet war.
Es ist das unbestreitbare Verdienst von Géza Domokos, zwei Jahrzehnte lang verhindert zu haben, dass die Wunderlampe des Kriterion-Verlags erloschen wird.
Nun feiert die Institution ihr 52-jähriges Bestehen mit der Veröffentlichung eines Bandes mit Interviews und bisher unveröffentlichten Dokumenten, eine Publikation, welche die Geschichte fortsetzt, die ihr mittlerweile verstorbener Direktor im Jahr 2000 mit fesselnder Verve erzählte (Igevár. Kriterion-történet tizenhat helyzetképben elmondva. Pallas-Akadémia Könyvkiadó, Csíkszereda, Polis Könyvkiadó, Kolozsvár).
Ad multos annos!
Beitragsbild: Institutul Liszt București / Liszt Intézet Bukarest Facebook