Giorgia Meloni (FdI) sagt, dass Frauen auch das Recht haben, sich nicht für eine Abtreibung entscheiden zu müssenWeiterlesen
Zwei prominente Vertreter der derzeit stärksten Partei Italiens äußern sich zum Verhalten der EU gegenüber Ungarn.
Giulio Tremonti, vierfacher Wirtschaftsminister in den von Silvio Berlusconi (Forza Italia) geführten Regierungen, der jetzt auf den Listen der Brüder Italiens (FdI) kandidiert, äußert sich in einem Talkshow des Senders La7 zu den Vorwürfen der Europäischen Kommission gegenüber Ungarn, das beschuldigt wird, die Rechtsstaatlichkeit zu verletzen und eine Wahlautokratie zu sein. Er beschreibt den Opportunismus Brüssels anhand des ähnlichen Vorgehens gegenüber Polen: Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes wegen angeblicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit reagierte die Kommission in Handumdrehen mit Sanktionen, um wenige Tage später Polen wegen der Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge beinahe heiligzusprechen. Tremonti lässt durch die Blume verstehen, dass die Daumenschraube wieder angezogen wird, wenn die geostrategische Rolle Polens angesichts des Krieges an Bedeutung verliert.
Ich glaube, dass viele der Bewertungen, die vorgenommen werden, unter dem Blickwinkel der Mechanismen und der Funktionsweise der europäischen Verfahren gesehen werden müssen“
Im Falle Ungarns zähle eher die gegenüber Russland eingenommene Position, als die Bedenken in Hinblick auf angebliche Demokratie-Defizite. Wohl wissend, dass die indirekte Parteinahme Melonis und Salvinis für Ungarn eine Angriffsfläche für den Mainstream geboten hat, versucht das EU-konforme Gesicht der FdI das von seiner Parteichefin kritisierte Verfahren gegen Ungarn mit einem strategischen und taktischen Schlüssel zu relativieren.
Ein anderes prominentes Parteimitglied, der Melonis Sympathien für die ungarische Regierung relativieren soll, ist kein geringerer als der Co-Präsident der Europäischen Konservativen, Raffaele Fitto. Er möchte die Abstimmungshaltung der Konservativen im Europaparlament nicht als Parteinahme für Viktor Orbán, sondern als Grundsatzentscheidung gegen die ideologische Rutte verstanden wissen, die das EP in das Fenster derjenigen Länder stellt, die demnächst voraussichtlich rechtsgerichtete Regierungen wählen werden: Italien und später Spanien.
Demokratie ist nicht, wenn wir wählen und derjenige gewinnt, den wir mögen. Demokratie ist, wenn Sie wählen. Wir können diesen Rechtsgrundsatz nur verteidigen. Orbán hat damit nichts zu tun“.
Wenig fair ist sein Versuch der vorsichtigen Distanzierung unter Bezugnahme auf die Fraktionsdisziplin innerhalb des EP. Fitto weist nämlich darauf hin, dass Orbáns Fidesz als EVP-Mitglied ein Verbündeter der Sozialisten, Liberalen und Grünen war.
Auf Mario Draghis Bevorzugung eines Bündnisses mit „stärkeren Partnern“ wie Deutschland und Frankreich angesprochen, sagt der FdI-Frontmann im EP:
Das ist der falsche Weg. Ein Europa, das die Teilung zwischen A- und B-Ländern vorantreibt, ist ein Europa, das nicht vorankommt“
Wenige Tage vor den Parlamentswahlen in Italien, versucht die aussichtsreichste Partei mit diesen Stellungnahmen den Befürchtungen entgegenzutreten, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der EU Weichenstellungen vornehmen wird, die in Brüssel nicht goutiert werden.
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