Die ungarischen Sondersteuern auf den Umsatz von Telekommunikations- und Einzelhandelsunternehmen seien mit dem EU-Recht vereinbar, teilte das luxemburgische Gericht in einer Entscheidung am Dienstag mit. Nach der Finanzkrise von 2008 führte Ungarn die sektoralen Steuern ein, um Ungleichgewichten in den öffentlichen Finanzen entgegenzuwirken. Tesco und Vodafone Hungary bestritten die Rechtfertigung der Sondersteuern.
Geklagt hatten das ungarische Vodafone-Tochterunternehmen und die ungarische Tochtergesellschaft der britischen Supermarktkette Tesco. Sie machten geltend, die Steuern seien diskriminierend, weil sie überwiegend Unternehmen mit Sitz im Ausland treffen. Auch laufe der progressive Verlauf auf unzulässige Beihilfen für Kleinunternehmen hinaus. Zudem handele es sich um eine unzulässige weitere Umsatzsteuer.
Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Unternehmen nicht diskriminiert wurden, da die Sondersteuern, die hauptsächlich Unternehmen in ausländischem Besitz mit den höchsten Einnahmen auf den ungarischen Märkten betrafen, progressiv waren und die reale wirtschaftliche Situation auf dem Markt widerspiegelten.
Ähnlich billigten die Luxemburger Richter auch im Zusammenhang mit der ungarischen Werbesteuer. Diese ist 2014 eingeführt worden. Besteuert werden können Internetwerbungen in ungarischer Sprache. Der Tarif ist progressiv, die Steuer ist bei hohen Umsätzen höher als bei geringen. Unternehmen, die entsprechende Werbeeinnahmen haben, müssen sich innerhalb von 15 Tagen bei den ungarischen Steuerbehörden anmelden.
Google hatte die Anmeldung unterlassen. Es bekam eine Strafe von 31.000 Euro und dann wenige Tage später gleich von 3,1 Millionen Euro aufgebrummt. Den Streit legten die ungarischen Gerichte dem EuGH vor.
Diese Strafzahlungen sind aber dem EuGH zufolge weit höher als für inländische Unternehmen mit dem gleichen Vergehen. Gleichzeitig seien die Fristen für die Einhaltung der Vorschriften kürzer. Die Strafen verstoßen aus Sicht des EuGH daher gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs aus Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Sie seien eine unverhältnismäßige und somit nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Der EU-Gerichtshof stimmte zu, dass ein Staat eine Steuer auf ein Unternehmen eines anderen EU-Mitgliedstaats erheben kann, ohne gegen den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit nach EU-Recht zu verstoßen, stellte jedoch die tägliche Verhängung aufeinanderfolgender Geldbußen und den kumulierten Betrag in Frage Millionen von Euro erreichen, ohne dem Unternehmen Zeit zu geben, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Das ungarische System erlaubt es, deutlich höhere Geldbußen für Verstöße gegen die Regel zu registrieren als andere Geldbußen, sagte das Gericht. Eine unterschiedliche Behandlung sei unverhältnismäßig und stelle daher eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.
Das Finanzministerium sagte als Reaktion darauf, dass die Gerichtsurteile vom Dienstag große Unternehmen daran hindern würden, künftig Beschwerden gegen die Zahlung proportional mehr Steuern als kleine Unternehmen mit deutlich geringerem wirtschaftlichem Potenzial zu erheben.
Das EU-Gericht hat den Standpunkt der ungarischen Regierung zur gerechten Lastenteilung anerkannt
fügte die Erklärung hinzu.
Justizministerin Judit Varga kommentierte die Urteile des EuGH und sagte, dass progressive Sondersteuern keine Diskriminierung darstellen, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Positionen der Unternehmen auf dem Markt stehen.
Varga sagte, das Urteil gegen Google Irland, das sich an das Gericht gewandt hatte, um eine Geldbuße der ungarischen Steuerbehörde aufzuheben, die sie als diskriminierend bezeichneten, habe gezeigt, dass nicht einmal internationale Unternehmen der Besteuerung entgehen können.
(Via: faz.net, mti.hu, Beitragsbild: MTI – Zoltán Balogh)