Angela Merkel hat neulich ihre umstrittene Flüchtlingspolitik aus dem Jahr 2015 mehrmals verteidigt. In diesem Zusammenhang sprach die Kanzlerin darüber, dass die Flüchtlinge 2015 in Ungarn getäuscht worden seien. Der Vizepräsident des Ungarischen Nationalparlaments, Gergely Gulyás reagierte bei einer Diskussionsveranstaltung auf Merkels Kritik.
Der Zeitung „Welt am Sonntag” sprach Angela Merkel darüber, dass im Jahr 2015 eine Notsituation eingetreten sei, „die wir alle, auch die Zuflucht suchenden Menschen, nie mehr wieder so erleben sollten“. In Ungarn seien die Flüchtlinge getäuscht worden, so Merkel. Es sei damals um die Abwendung einer humanitären Katastrophe gegangen. „Alle wichtigen Entscheidungen des Jahres 2015 würde ich wieder so treffen“, räumte Merkel ein. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó kommentierte zwar diese Aussagen, aber die „übliche scharfe Reaktion” aus Ungarn blieb aus. In einem anderen Interview mit der „Tageszeitung” sprach die Kanzlerin dann darüber, dass Viktor Orbán dafür verantwortlich gewesen sei, dass Deutschland die Flüchtlinge aus Ungarn einreisen lassen habe. 400.000 Migranten langten damals in die Bundesrepublik an.
Die Migranten seien in Ungarn getäuscht worden, „aber die Frage ist, wer sie getäuscht hat”, reagierte Gergely Gulyás, Vizepräsident des Ungarischen Nationalparlaments bei einer Diskussionsveranstaltung auf Merkels Aussagen. „Meiner Ansicht nach war es nicht die ungarische Regierung.”, so Gulyás weiter. Was dabei unausgesprochen blieb, ist ein brisantes Thema, da in dieser Frage die Vergangenheitsinterpretation von Merkel kritisiert werden könnte.
Asylverfahren durchführen. Das wäre Griechenland geworden, aber in Griechenland wurden die Migranten nicht registriert, im Gegensatz zu Ungarn. Die Dublin Regel sei nicht außer Kraft gesetzt worden, sagte Angela Merkel im Jahr 2015. Diejenige, die durch Ungarn kommen, sollten das Verfahren dort abwarten, wurde von dem Bundesinnenministerium mitgeteilt. Die Flüchtlinge sollten sich in dem Staat registrieren lassen, wohin sie erst angekommen seien, nicht dort, wohin sie gehen wollen, warnte Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der ungarische Kanzleramtsminister János Lázár nannte 2015 Deutschlands „Nachgiebigkeit” gegenüber Flüchtlinge der Ursache des Chaos am Bahnhof Keleti in Budapest. Die unklare Botschaft aus Berlin verblieb: „Willkommenskultur“ einerseits, „sie müssen in Ungarn bleiben” andererseits.
via Frankfurter Allgemeine Zeitung, Foto: Gergely Zoltán Kelemen – MTI (09.09.2015)