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Gedanken zum Ziel der zivilen Friedensprozession

Enikő Enzsöl 2018.03.29.

… an der am 15. März 2018 in Budapest mehrere hunderttausend Menschen teilnahmen.

Kolumne von dem Publizisten Zsolt Bayer aus der Zeitschrift „Magyar Idők“ vom 16. März 2018

übersetzt von László Tarnai

Die zivile Friedensprozession am 15. März 2018 in Budapest (Foto: Tamás Sóki – MTI)

Unsere Gesellschaft ist in zwei Teile zerrissen (tatsächlich in drei Teile; der dritte Teil ist jedoch ein schwarzes Loch, aus dem nichts herauskommt; keine Absicht, keine Hoffnung und kein Wille).

Die zwei Teile dieser gespaltenen Gesellschaft stehen in antagonistischem Gegensatz zueinander; jedoch nicht auf dem Niveau der einfachen Leute, sondern auf dem Level der Meinungsmacher.

Die andere Seite denkt von uns, dass wir gänzlich provinziell, bodenverhaftet, rückständig, altmodisch und Asiaten sind; eingeschlossen in unserer Zwangsvorstellung und Tradition sowie in unserem Irrglauben. Im besten Falle halten sie uns für eine Art von „Völkischen“ was gleichbedeutend ist mit Vorzimmer des Faschismus; obwohl sie dann in Wirklichkeit an den Nazismus denken, wenn sie Faschismus sagen. Wir denken jedoch, dass sie im Unrecht sind, wie auch in anderen Punkten.

Wir denken andererseits über sie, dass sie zweidimensionale Wesen sind, eingeschlossen im Gefängnis des Individuums und der Freiheit. Sie verstehen unter der Freiheit etwas Absolutes, die in ihrer Vollkommenheit nicht gelebt werden kann. Das einzig wahre und gerechte Ziel des Lebens der Menschen wäre jedoch – meinen sie – dass man versucht, diese absolute Freiheit zu erstreben und zu erreichen; aber gerade auf dem Weg, der in Richtung der absoluten Freiheit führt, wäre es notwendig, verschiedene Identitäten abzubauen bzw. verschwinden zu lassen. Man müsste die religiöse und nationale Identität auslöschen – was ist in der westlichen Welt teilweise schon passiert ist. Es bleibt noch, die Identität der Familie und der Geschlechter abzubauen; und dann siehe da, steht vor uns bereits der neue Mensch, der von Identität und Bindungen nicht eingeschränkte Homunculus, der sich glücklich und zufrieden auflöst in ein, als Menschlichkeit genanntes Irgendetwas. Er ist nicht mehr Gefangener der eigenen Persönlichkeit, der familiären und nationalen Traditionen sowie seiner Genitalien – er ist frei. Höchstens ist er Gefangener vom Facebook, der Mode oder von Drogen – das sind jedoch die einzigen Ausnahmen, was jedoch kein Problem ist.

Wir sehen sie so und denken, dass wir Recht haben. Und wir denken, dass wir Recht haben, weil wir tatsächlich Recht haben. Wir haben nämlich schon „Gesellschaftsingenieure” gesehen. Wir haben schon sendungsbewusste Wahnsinnige gesehen, die schon die ideale Gesellschaft geplant und mit der Umsetzung begonnen hatten. Das hat nie zum guten Ende geführt. Diese Pläne wollten die Jakobiner, die Bolschewiken und die Nazis realisieren. Wir wissen, wie das endete. Dies wollten (und wollen heute wieder) auch die Zwerge der „großen 68-er Generation” realisieren. Sie haben diese beschämende Aktivität fortgesetzt. Und sie arbeiten heute genauso daran. Sie träumen von der offenen bzw. gemischten Gesellschaft, in der es keine Grenzen, Nationen, Familien, Traditionen, traditionelle Geschlechter gibt; wo es nichts gibt, nur Anderssein. Wo jegliche Abweichung von den Normen der Gesellschaft Bürgerrechtsstatus gewinnt und die Normalität verbannt ist.

Wir wissen von Chesterton: wem man den Gott und den Glauben wegnimmt, der wird dann nicht an ein Nichts glauben, sondern nur an ein Irgendetwas. Und wir wissen auch, dass wer die ganze Menschheit liebt, der liebt überhaupt niemanden und nichts. Wer die ganze Welt in sein Herz schließen will, der bastelt am eigenen Denkmal, und zwar aus besonderem Material.

Was ist das Ziel unserer Friedensprozession? Das dies alles nicht realisiert werden kann.

Was ist der Einsatz bei den anstehenden Wahlen in Ungarn? Dass die andere Seite nicht beginnen kann, diese ihr Vorhaben zu realisieren. Deshalb, damit wir dieses unser Land, diese unsere Kultur und diese unsere Zivilisation an die nächste Generation so weitergeben können, wie wir sie von unseren Ahnen geerbt hatten. Damit unsere Rechtskontinuität in unserem Land bewahrt bleibt, weil sie sonst nicht mehr wiederhergestellt werden kann.

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Foto: Zoltán Máthé – MTI

Die Kolumne wurde mit Erlaubnis des Autors, Zsolt Bayer, veröffentlicht.