Gewerkschaften protestierten am Samstag in der Innenstadt von Budapest gegen die geplante Änderung des Arbeitsgesetzbuches, die unter anderem die Erhöhung der jährlichen Überstunden von 250 auf 400 Stunden vorsieht.
Die Demonstranten versammelten sich am Jászai-Mari-Platz auf der Pester Seite der Stadt und gingen zum Bahnhof Nyugati. Das Endziel der Menge war der Kossuth Lajos Platz vor dem Parlament.
Wir sind gegen das Sklavengesetz!
betonte ein Vertreter des ungarischen Gewerkschaftsbundes, der Organisator der Demonstration.
Nachdem die Verhandlungen mit der Regierung über die Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches gescheitert waren, rief der Gewerkschaftsbund zu einer Demonstration auf. Der Demonstration hatten sich Gewerkschaften der Pädagogen, der Mitarbeiter im Gesundheitswesen, der Beamten sowie der Studenten angeschlossen.
Der Gesetzentwurf sagt aus: die offizielle Obergrenze für legale Überstunden soll von 250 auf 400 pro Jahr erhöht werden. Das ermöglicht den Arbeitsgebern 10 Arbeitswochen extra, die sogar nicht mehr wie bisher binnen 12 Monaten finanziell oder mit Zeitausgleich kompensiert werden müssten, sondern nur noch binnen drei Jahren. Diese muss mit einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geschlossen werden.
Eine weitere Änderung, die in das ungarische Arbeitsgesetzbuch aufgenommen werden soll, besteht darin, dass Arbeitgeber kein recht haben, Arbeitnehmer zu entlassen, wenn sie nicht bereit sind, die zusätzlichen Überstunden zuzustimmen.
József Szilágyi, Ko-Chef der Liga-Gewerkschaftsgruppe, warf der Regierung vor, dass Gesete ohne einen sinnvollen sozialen Dialog durchgeführt werden. Er forderte das Gespräch zwischen Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften.
In Ungarn tragen wir die größte Last auf unseren Schultern und erhalten dafür den niedrigsten Lohn in Europa
kritisierte der MASZSZ-Vorsitzende László Kordás in seiner Rede. Jetzt solle der „Ungar zu noch mehr Arbeit, zu Sklavenarbeit verpflichtet werden“.
Folgende „Slogans“ standen auf den Transparenten der Demonstranten:
„Zusammen gegen das Sklavengesetz!“ „Wenn Diktatur eine Tatsache ist, ist Revolution eine Pflicht! „;“ Wir werden nicht Europas China sein! „
Am Ende der Demonstration, die von einer starken Polizeipräsenz begleitet wurde, rannte ein Mann auf die Bühne und rief: „Besetze den Kossuth Platz!“ – berichtet die ungarische Presseagentur MTI.
Die Polizei musste einschreiten, als einige Demonstranten den Kossuth-Platz vor dem Parlament stürmen wollten. Die Aktivisten wurden abgedrängt.
Reaktion der Oppositionsparteien
Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Bertalan Tóth, sagte letzte Woche auf einer Pressekonferenz, dass das Ziel der Gesetzesvorlage sei es, den Arbeitskräftemangel des Landes zu beheben, indem die Ungarn dazu gezwungen werden, mehr zu arbeiten. Er beschuldigte die Regierung, zu diesem Zweck einen „Geheimpakt“ mit multinationalen Unternehmen geschlossen zu haben. Er wies die Behauptung der Regierungspartei zurück, dass Überstunden freiwillig sein würden, und fügte hinzu, dass Arbeitnehmer gezwungen wären, den Interessen ihres Arbeitgebers zu dienen.
Wenn das Gesetz angenommen wird, wenden sich die Parteien an Präsidenten János Áder und bitten ihn, eine Verfassungsprüfung einzuleiten.
– sagte er.
Ko-Präsidentin der Partei „Párbeszéd“ Tímea Szabó betonte: eine Volksabstimmung könnte erforderlich sein, um das „Sklavengesetz“ zu verhindern.
Für den heutigen Montag sind in den Städten Győr und Pécs Straßensperren geplant. Zwei weitere sind bereits angemeldet. Das Parlament will das Gesetz Anfang der Woche beschließen. Sollte die Regierung nicht einlenken, bereite man Blockaden an wichtigen Verkehrsknotenpunkten im ganzen Land vor.
(Via: MTI, Fotos: Zsolt Szigetváry)