„Der Verfasser lässt gleich am Anfang keinen Zweifel darüber, für wie unwichtig er Fakten hält“ – schrieb der Botschafter von Ungarn in Berlin an Herrn Mathias Döpfner, Chefredakteur der Tageszeitung „Die Welt“. Hier finden Sie den ganzen Artikel und die Reaktion des Botschafters auch.
Den Artikel „Orbáns Reich ist ein klarer Fall von Europaverrat“ finden Sie HIER.
Hierbei die Antwort des Botschafters von Ungarn:
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, Sehr geehrter Herr Chefredakteur,
„Die Welt“ hat in ihrer Ausgabe vom 26. Mai 2018 einen Artikel über Ungarn veröffentlicht, der von starken Halbwahrheiten und Faktenignoranz nur so strotzte. Der Verfasser wollte durch die Veröffentlichung, seinen eigenen Angaben zufolge, seiner Trauer und Wut Ausdruck verleihen. Als Botschafter muss ich meine Wut zurückstecken können, auch dann, wenn der Artikel am Vortag in der online Version mit dem Titel „Orbáns Reich (!) ist ein klarer Fall von Europaverrat“ erschienen ist. Auch könnte ich selber Trauer empfinden, weil in den letzten Wochen die „Bild Zeitung“, „Politico“ und „Die Welt“ nacheinander Artikel veröffentlicht, die Ungarn, und den demokratisch mit großer Mehrheit wiedergewählten Ministerpräsidenten Ungarns angreifen, bzw. verunglimpfen. Aber lassen wir die Gemüter beiseite, und bleiben wir bei den einfachen Tatsachen, um den Inhalt des fraglichen Artikels mit Fakten zu widerlegen.
Der Verfasser lässt gleich am Anfang keinen Zweifel darüber, für wie unwichtig er Fakten hält. Denn Ungarns Grundgesetz stellt gem. Artikel B Absatz 2 eindeutig klar: die Staatsform Ungarns ist eine Republik.
Dem folgt das Mantra der „illiberalen Demokratie“. In den letzten Tagen hat Ungarns Ministerpräsident bei unzähligen Anlässen klargestellt, dass er, seine Partei und seine Regierung christlich demokratische Werte vertreten. Die Leitlinien für sein politisches Handeln und regieren sind die Würde des Menschen, die Sicherheit der Bürger, die Gleichbehandlung von Mann und Frau, den Schutz des traditionellen Familienmodells, die Zügelung des Antisemitismus zu gewährleisten. Diese Leitgedanken haben Europa einst nach dem Weltkrieg zu dem gemacht was es ist, und wenn auch einige davon abgestaubt und modernisiert werden sollten, ist eins sicher: es ist unsere Überzeugung, dass diese es sind, die uns vor den außerordentlichen Herausforderungen der Gegenwart beschützen können. Es ist schon fast tägliche Routine geworden, dass viele versuchen mit den Argumenten „illiberal“ und „antisemitisch“ den Ministerpräsidenten Ungarns von den großen Debatten Europas fernzuhalten, und wie auch der besagte Artikel zeigt, statt inhaltlicher Auseinandersetzung mit Totschlagargumenten aus jedem Diskurs auszuschließen.
Der Verfasser macht auch klar, dass er schwerwiegende Probleme mit den Begriffen Heimat und Nation, bzw. deren Bedeutung hat. Wenn er schon in einer für Millionen so wichtigen Frage nicht auf christdemokratische Politiker hören möchte, dann darf ich Ihm die Rede des Bundespräsidenten vom 3. Oktober 2017, oder den im Spiegel veröffentlichten Artikel des damaligen Außenministers Sigmar Gabriel, mit dem Titel „Sehnsucht nach Heimat“ empfehlen.
Im Artikel wird als Teil des Mantras erneut die Angelegenheit der Central European University aufgegriffen, wiedermal die Tatsache ignorierend, dass auf Grund des Gesetzes bei sechs Universitäten wesentliche Versäumnisse festgestellt worden sind, von denen in vier Fällen schon Lösungen gefunden wurden, und die gesetzlich vorgegebenen Fristen verlängert wurden, damit bis zum Ende dieses Jahres die Möglichkeit besteht auch in den restlichen Fällen die notwendigen Vorgaben zu erfüllen.
Der Verfasser greift auch die Direktorin des Museums „Haus des Terrors“ in einem harschen Ton an. Es lohnt sich die deutsche Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass dieses besagte Museum den Opfern zweier Terrorsystemen des XX. Jahrhunderts ein Denkmal stellt, und dafür kämpft, dass die Geschichte den Opfern des Nationalsozialismus und des Kommunismus und ihren Angehörigen Tribut zollt. Bedauerliche Aktualität erfährt diese Tatsache dadurch, dass vor ein paar Tagen westlich von Ungarn im Rahmen großer Konferenzen, Beiträgen und sogar in Form einer Denkmaleinweihung der Karl Marx gewürdigt wurde, auf dessen Thesen berufend, Millionen zum Opfer einer dieser beiden Terrorsysteme wurden.
Der Artikel und sein Verfasser stellen – wiederum nicht ganz verwunderlich – auch klar, dass in Wirklichkeit ein Problem besteht, und zwar die von der ungarischen Regierung verfolgte und den ungarischen Wählern in großem Maß bestätigte Migrationspolitik. Es lohnt sich, die einzelnen Elemente dieser Politik gründlicher unter die Lupe zu nehmen. Dies kann auch schon deswegen anhand des besagten Artikels stattfinden, weil gerade „Die Welt“ es war, in dem George Soros am 2. Oktober 2015 seinen Plan über die Migration veröffentlichte („George Soros’s Plan für Europas Flüchtlingskrise“), und den er selber so definiert hat, dass dies sein Plan sei gegen den von Viktor Orbán.
Der ungarische Regierungschef hat von Anfang an konsequent vertreten, dass in der Welt eine riesige Völkerwanderung vonstattengeht, und die daraus resultierenden Probleme, nicht zuletzt das Problem des importierten Antisemitismus, auf europäischem Boden nicht gelöst werden können. Wir haben zwei Aufgaben: zum einen unsere eigenen Grenzen und eigenen Bürger zu schützen, und zum anderen statt des Imports der in Europa unlösbaren Probleme, unsere Hilfe für die größtmögliche Zahl von Hilfsbedürftigen zu exportieren. Der ungarische Ministerpräsident hat als erster die Fahne des Schutzes der Außengrenzen gehisst, und ich darf Ihnen versichern, darin gab es und wird es keine Änderung geben. Dazu gehört auch, dass all dies sich nicht auf leere Worthülsen begrenzt. Wir haben bewiesen, dass die Grenzen nicht nur geschützt werden müssen, sondern auch geschützt werden können, unabhängig von den finanziellen Konsequenzen und Folgen für die eigene Reputation. (Soviel zur europäischen Solidarität.)
Ich muss jedoch aufs Schärfste zurückweisen, dass jemand den Schutz Europas nach seinen eigenen Regeln als Verrat an Europa bezichtigt. Wohin führt das, wenn gegen die, die die Grenzen und Sicherheit der EU27 schützen, permanente Hetzkampagnen geführt werden können?
Der Kampf gegen die illegale Migration geht Hand in Hand mit dem Schutz der Außengrenzen. Der überwiegende Teil der Menschen die von der syrisch-türkischen bis zur deutschen Grenze (und sogar innerhalb Deutschlands) unterwegs sind, und sich weiterhin auf den Weg machen, sind mehrheitlich durch Verletzung der Vorschriften der Genfer Konvention, sowie der Schengen und Dublin Abkommen dort wo sie sich jetzt befinden. Das muss ein Ende finden. Und wenn darin einige NGO-s eine aktive Rolle spielen, muss dies durch transparente Offenlegung der Trägersäulen dieser Tätigkeit erfolgen. Um es ganz klar zu sagen: wenn jemand ohne die Kooperation mit den ungarischen Behörden versucht, aus dem sicheren Serbien Migranten (die übrigens schon vor Serbien mindestens zwei-drei sichere Länder, sogar EU und Schengen Territorien überquerten) in das Land, und somit in die Schengen Zone zu schmuggeln, der fördert illegale Migration. Wer die Weiterreise – übrigens überwiegend nach Deutschland – derer in ungarischen Unterkünften untergebrachten Migranten fördert, die von den ungarischen Behörden nach den internationalen und europäischen Vorschriften einem Verfahren unterliegen, unterstützt ebenfalls eine illegale Tätigkeit.
Die Festlegung deutscher Interessen liegt ausschließlich im Ermessen und ist Aufgabe der Deutschen und ihrer gewählten Vertreter. Da jedoch die ungarische Strategie in Deutschland fortwährend, und zum Teil mit Methoden bekämpft wird, die unter die Gürtellinie gehen, möchte ich die wesentlichen Elemente unserer Politik ansprechen:
Das A und O ist die Reihenfolge der Handlungen, in diesem Fall der Schutz der eigenen Grenzen, die Fähigkeit zu kontrollieren und festzulegen wer eintritt und wer uns verlässt. Den politisch verfolgten Personen muss auf Grund der Vorschriften Schutz gewährt werden, diesen gewährt auch Ungarn. Den in Not geratenen Menschen in der Welt muss im Rahmen von humanitärer Hilfe und europäischer Entwicklungspolitik geholfen werden.
Wie bereits geschrieben, können diese Probleme nicht auf europäischem Boden gelöst werden. Die Debatte über die verpflichtende und automatische Verteilung beruht auf einem vollkommen falschen Verständnis. Jede Verteilungsdebatte, jede Quote spielt nur den Menschenschleppern in die Hand und unterstützt deren Businessmodell. Solange die Außengrenzen nicht vollkommen geschützt sind, spornt jede Quotendebatte weitere Hunderttausende an sich auf den Weg zu machen. Es muss auch klar sein, dass 95% (vielleicht aber nur 91% oder eben 96%) derjenigen, die sich auf den Weg machen, nach Deutschland gelangen möchten. Die sekundäre Bewegung, die sekundäre Migration macht auch auf ein anderes unlösbares Problem aufmerksam. Wenn Ungarn nämlich mit anderen Mitgliedsstaaten gemeinsam heftig gegen die automatische und verpflichtende Verteilung auftritt, dann schützen wir nach den Grenzschutzmaßnahmen im Jahr 2015 schon zum zweiten Mal in ganz großem Maß auch Deutschland. Mir ist bewusst, dass meine Äußerung die Gemüter erregen kann, jedoch möchte ich respektvoll darum bitten, über den Wahrheitsgehalt dieser Aussage nachzudenken.
Und was die Migration im weiteren Sinn betrifft, dazu vertreten die Mitgliedsstaaten verschiedene Positionen, beruhend auf historischen und weltanschaulichen Gründen, oder eben Besonderheiten des Arbeitsmarktes. Ich denke nicht, dass wir die differenzierten Sichtweisen einander aufzwingen können, und Gott sei Dank ist so eine Verpflichtung in dem EU-Vertrag ganz und gar nicht vorgesehen. Was wir brauchen, ist das friedliche Nebeneinander der verschiedenen Migrationsmodelle, also eine Art Co-habitation.
Zu guter Letzt darf ich Ihnen einen demokratischen Gesichtspunkt nahelegen. Ein verpflichtender Verteilungsmechanismus, die Ermöglichung eines permanenten Migrationszustroms ist eine Frage, die die europäischen Bürger zutiefst betrifft. Hier geht es nicht nur um kurzfristige Konsequenzen, sondern um Vorgänge, die die mittel- und langfristige Umwandlung der betroffenen Gesellschaften zur Folge haben. Ein Jahr vor den Europawahlen eine solche Entscheidung ohne die Einbindung der Wähler zu fällen, wäre nicht demokratisch.
Und damit wären wir auch schon beim wahren Ziel des Artikels angelangt. Er tut genau das, was seit den Wahlen in Ungarn viele andere auch tun, und dazu die deutschen Medien als Plattform nutzen: er versucht den ungarischen Ministerpräsidenten und seine Partei aus der europäischen Debatte, aus der europäischen Kampagne zu drängen. Da frage ich mich doch: Wer verrät denn hier gerade Europa?
Und auf die Frage „Wo ist Ungarn?“, kann ich antworten: dort wo es hingehört. Seit mehr als tausend Jahren. Im Herzen Europas. Wie auch unsere Vorfahren, denken auch wir, dass unsere Heimat und unsere Nation integrierter und organischer Teil Europas ist. Gerät Europa in Schwierigkeiten, geraten auch wir in Schwierigkeiten. Der Schutz Europas und die Sicherstellung Ihres Überlebens ist nicht nur unsere Verpflichtung als Mitgliedsstaat, sondern unser grundsätzliches Bekenntnis und fundamentales nationales Interesse. Dafür werden wir auch in Zukunft alles nur Erdenkliche tun. Ungarn und Deutschland haben schon viel für die Freiheit und Einheit Europas getan. 2015 ergab sich eine Situation, die die ungarisch-deutschen Beziehungen zweifelsohne auf die Probe gestellt hat. Wir werden diese Probe bestehen. Im Interesse unserer Bürger, unserer Nationen und unseres gemeinsamen Europas.
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, Sehr geehrter Herr Chefredakteur,
Seit den Wahlen in Ungarn ist die Zahl der Ungarn verurteilenden und Fakten ignorierenden Beiträge rapide gestiegen. Damit muss man zusammenleben. Zugleich versucht die Botschaft, wenn offensichtlich falsche und beleidigende Aussagen veröffentlicht werden, um Berichtigung zu ersuchen. Dies haben wir auch vor ein paar Tagen getan, als die „Bild Zeitung“ mit Berufung auf den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses dem ungarischen Ministerpräsidenten Antisemitismus vorgeworfen hat. Die Korrespondenz zwischen Ministerpräsident Orbán und Präsident Lauder haben wir dem Chefredakteur der „Bild Zeitung“ zukommen lassen, und warten mit großem Interesse auf seine Reaktion.
Hier und jetzt stehen wir einer zweiten, qualifiziert schweren und radikal faktenignoranten Ungarn-feindlichen Beschimpfung gegenüber. Ich vertraue auf Ihre faire Einstellung Herr Chefredakteur, darauf, dass Ihr Respekt gegenüber Fakten und eventuell gegenüber Ungarn genügend Grundlage für die Veröffentlichung meiner Reaktion bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Péter Györkös
(Via: diewelt.de, Beitragsbild: diewelt.de)