„Sie kommen aus Ungarn? Ihre Sprache ist aber echt schwer und kompliziert.“ – mit solchen Aussagen haben sich schon fast alle getroffen, die die deutschsprachigen Länder besuchen, oder eben in deutschsprachigen Ländern leben. Was aber bei den Menschen, die so über die ungarische Sprache reden, kaum bekannt ist, dass die ungarische Sprache nicht nur in Ungarn oder in einer Sprachschule zu lernen ist, sondern auch in der akademischen Bereich Deutschlands präsent ist.
Zwischen den Universitäten, die ein Studium zu der ungarischen Sprache anbieten, war die Humboldt-Universität zu Berlin der Erste, die das Fachgebiet Ungarische Literatur und Kultur hatte. An dieser Universität wurde dieses Fach schon 1916 gegründet, gehört seit 1968 administrativ zum Institut für Slawistik und hat das 100. Jubiläum letztes Jahr gefeiert.
Wieso war es uns, Ungarn wichtig, dass es so ein Fach in Berlin gibt? Eingerichtet wurde der Lehrstuhl von dem Wissenschaftler und Wissenschaftsorgainsator, Robert Gragger im Jahre 1916, der sich zum Ziel gesetzt hat, Ungarn aus der Isolation zu befreien und der ungarischen Kultur europaweit Ansehen zu sichern. Seine Privatbibliothek mit 10.000 Bänden bildete das Fundament der heute umfangreichsten finnougristischen Fachbibliothek Deutschlands (ca. 60.000 Bänden), die heute zur Teilbibliothek Fremdsprachliche Philologien im August-Boeckh-Haus gehört.
Aus dem philologisch ausgerichteten Seminar wurde im November 1917 ein Institut, an dem die Geschichte, Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft, Kunstgeschichte und Volkskunde Ungarns auch aufgearbeitet wurde. Mit Graggers Tod 1926 endete die Geschichte des Instituts nicht. Seine talentierten Nachfolger leiteten das Institut mit unterschiedlich akzentuierten Schwerpunkten. Der Nachfolger des Instituts trägt heute den Namen „Ungarische Literatur und Kultur“, ebenso wie der hiesige hungarologische BA-Studiengang, und gehört zum Institut für Slawistik.
Das hundertjährige Bestehen wurde im Jahre 2016 mit einer internationalen Konferenz in der Collegium Hungaricum Berlin gefeiert. Mehr als 20 Forscherinnen und Forscher hielten Vorträge über die Geschichte der Hungarologie in Europa und diskutierten über das Fach, über die Möglichkeiten der Gegenwart und der Zukunft. Zu dem Jubiläum wurde eine besondere Aufgabe auch erfüllt: der Nachlass von dem Institutsgründer, Robert Gragger wurde digital aufgearbeitet und publiziert (https://rs.cms.hu-berlin.de/bga/pages/home.php?login=true).
Eines haben die Ungarn mit dem Gründer des Instituts gemeinsam: sie möchten das sich in der Welt entwickelte Bild über Ungarn präzisiert und vervollständigt, und die ungarische Kultur Ansehen gesichert wird. Und was könnte zum Bau des internationalen Ruhms der ungarischen Kultur effektiver beitragen, als Hungarologie an der Humboldt-Universität zu Berlin? Wir wünschen viele Studenten und Interessenten auch in der Zukunft.
via hungarologie.hu-berlin.de, Foto: Dániel Antalfi – hungarologie.hu-berlin.de