Eine Kampagne mit dem Motto „Impfen, um zu leben“ wurde ins Leben gerufen, um mehr Roma, die in benachteiligten Siedlungen von Ungarn leben, dazu zu bewegen, sich zur Impfung anzumelden. Laut der Statistik gibt es in Ungarn mehr als 1.300 segregierte und unterentwickelte Siedlungen, die hauptsächlich von Roma bewohnt sind, und sie machen 2,8 Prozent der ungarischen Bevölkerung aus, also mehr als 200.000 Menschen. Die Kampagne zielt darauf ab, zwischen 80 und 100 Tausend Menschen zu erreichen. Nur 25-30 Prozent der Roma haben sich bisher zur Impfung angemeldet. Rund fünftausend Menschen haben im Rahmen der Kampagne bereits eine Impfung erhalten.
Vor ein paar Wochen wurde auf Reuters ein schockierender Artikel veröffentlicht, der die Situation der von der Pandemie betroffenen Roma-Gemeinschaft in Ungarn aufzeigte. In dem Artikel beschrieb Aladár Horváth, ein Roma-Bürgerrechtsaktivist, die Situation so, dass die Menschen „wie die Fliegen fallen“. Eine andere Aktivistin, Zsanett Bitó-Balogh, verglich den Ausbruch mit einer Explosion; sie sagte, sie habe 12 Familienmitglieder gleichzeitig im Krankenhaus gehabt, zwei Onkel und ihre Großmutter im letzten Monat verloren, und die Eltern, ein Cousin und ein Onkel ihrer Nachbarin seien ebenfalls innerhalb weniger Wochen an COVID gestorben.
Laut Horváth erklärt dies unter anderem, dass sich das Virus in geschlosseneren Gemeinschaften schneller und leichter ausbreitet. In den „armen Ghettos“ gibt es auch kein Geld um Medikamente und Vitamine zu kaufen. Es gibt Orte, an denen Wasser aus 200 Metern Entfernung gebracht wird und viele Menschen aus einem Krug trinken. Masken und Handdesinfektionsmittel stehen auch nur in begrenzter Zahl zur Verfügung, außerdem sind sich viele Menschen der Bedeutung grundlegender Hygienepraktiken nicht bewusst und weigern sich, die Regeln einzuhalten. Es mangelt in diesen Gemeinden an Computern, manchmal sogar an Strom, sodass viele nicht in der Lage sind, sich für Impfungen zu registrieren.
István Forgács, ein Roma-Experte, der ebenfalls eine Roma-Herkunft hat, betont, dass die Führer der Roma-Gemeinden eine große Verantwortung tragen, weshalb es erfreulich ist, dass viele von ihnen die Bedeutung erkannt haben und sich trauen, mit den Roma zu sprechen. Es werden aber auch Roma-Künstler, Sportler, bekannte und anerkannte Roma-Redner gebraucht, die dazu beitragen könnten, ein breites Vertrauen in die Impfung und Registrierung aufzubauen.
In einer Erklärung schrieb auch die Nationale Roma-Gemeinde kürzlich, dass sie zusammen mit anderen Roma-Gemeinden und in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen daran arbeiten wird, logistische, persönliche und technische Bedingungen für Menschen zu schaffen, die in den 300 am meisten benachteiligten Siedlungen des Landes leben, meist mit Roma-Herkunft, um die Registrierung für die Impfung zu fördern. Das Hauptziel der #VaccinateToLive-Kampagne ist es, den am meisten benachteiligten Menschen wichtige Informationen über die Bekämpfung des Coronavirus und spezifische Unterstützung bei der Registrierung zu geben.
Gleichzeitig starteten Roma-Medien und Bürgerrechtsgruppen eine gemeinsame nationale Medienkampagne, um zur Registrierung zu ermutigen und Missverständnisse über die Impfung auszuräumen. Die Kampagne zielt darauf ab, die Menschen mit Hilfe von Kurzfilmen, Berichten, Statements, Videobeiträgen und Filmen über individuelle Erfahrungen zu überzeugen und zu erklären, wo und in welchen Städten Aktivisten zur Verfügung stehen werden.
Im Rahmen der Medienkampagne (vor allem in den sozialen Medien) werden Artikel und kurze Videos veröffentlicht, in denen bekannte Persönlichkeiten, vor allem „Roma-Stars“ über ihre eigenen Erfahrungen mit dem Virus sprechen und warum sie es für wichtig halten, sich impfen zu lassen.
Margit Bangó, eine mit dem Kossuth-Preis ausgezeichnete Sängerin, sowie Guszti Bódi und ihr Sohn, Csabi Bódi die bereits die erste Dosis des Impfstoffs erhalten haben, waren die ersten, die sich der Bürgeraktion anschlossen. Unter den Mitgliedern der jüngeren Generation sprechen Lajos Sárközi Jr., (preisgekrönter Geiger der Junior Prima), Gergő Oláh, (früherer Gewinner von X-Factor), und der Rap-Sänger G.w.M darüber, dass sie sich bereits zur Impfung angemeldet haben. József Oláh, (der Bandleader von Parno Graszt), und Sänger Csabi Bódi sprechen darüber, wie schwer die Krankheit war, als sie sich ansteckten, sowie über ihre Erfahrungen in Bezug auf die Genesung. Sie ermutigen jeden, der sich um seine Familie, Freunde und seine eigene Gesundheit sorgt, sich zu registrieren und impfen zu lassen.
Kürzlich reagierte der Kanzleramtsminister Gergely Gulyás auf die Problematik und sagte, dass Mobiltelefone, die über Internet verfügen, auch für die Romas zur Verfügung stehen, aber die Leute können sich auch per Post registrieren, und auch die Hausärzte können dabei helfen. Da das Durchschnittsalter der ungarischen Romas niedriger ist, erklärt dies auch, warum unter ihnen bisher weniger Menschen geimpft wurden.
(Quelle: Márton Jász – Hungary Today, Titelbild: MTI – Attila Balázs)