Der Künstler wurde für seinen Beitrag zur ungarischen Kultur mit dem Freund von Ungarn Preis ausgezeichnet.Weiterlesen
Die Freunde von Ungarn Stiftung, Herausgeber unseres Nachrichtenportals und unserer Schwesterseite Hungary Today, hat im Mai während ihrer Jahreskonferenz zum siebten Mal den Freund von Ungarn Preis verliehen. Bocskai Radio wurde mit dem Preis in Anerkennung seines Engagements und seiner Beharrlichkeit bei der Förderung der ungarischen Identität und Kultur geehrt. Das Radio wurde 1984 gegründet, um die ungarische Bevölkerung in der Region Cleveland mit ungarischen Nachrichten zu versorgen, daher ist der Preis für das Radio von besonderer Bedeutung, da es in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert. Wir haben Zsolt Molnár, den Direktor des Bocskai Radios, zu seiner Entstehung, seiner Entwicklung in den letzten Jahren und der Bedeutung des Radios für die Ungarn im Mutterland und in der Diaspora gefragt.
1. Sie sind in Siebenbürgen geboren und aufgewachsen und nach einer Reihe von Schicksalsschlägen nach Amerika ausgewandert. Ihre ungarische Identität haben Sie im Ausland genauso gepflegt und gelebt wie zu Hause. Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, nach Amerika zu gehen?
Ich bin in Marosvásárhely (Târgu Mureș, Neumarkt – Anm.d.Red.) geboren, und als ich noch klein war, ist meine Familie nach Brassó (Brașov, Kronstadt – Anm.d.Red.) gezogen, dort bin ich in eine gemischte Schule gegangen, halb ungarisch, halb rumänisch. Hier machte ich zum ersten Mal die Erfahrung, was es heißt Ungar zu sein. Die rumänischen Kinder haben es mir buchstäblich eingebläut, in den Schulpausen musste ich oft physisch darum kämpfen, dass ich hierhergehöre. Später sind wir nach Kolozsvár (Cluj-Napoca, Klausenburg – Anm.d.Red.) gezogen. Hier kam ich mit der ungarischen Kirche in Kontakt und habe bei vielen Veranstaltungen mitgewirkt. Ich habe zum Beispiel die erste nationale Jugendkonferenz der Baptisten in Siebenbürgen organisiert, bei dem 1000 junge Leute aus ganz Siebenbürgen zusammenkamen, das war eine sehr große Sache. Durch mein Engagement wurde in Kolozsvár auch eine Zeitung herausgegeben, für die ich die Artikel zwar nicht selbst schrieb, ich aber Leute dazu motivieren konnte, ein Interview zu geben oder einen Artikel zu schreiben. So wurde daraus eine kleine Wochenzeitung, die immer nach dem Gottesdienst verteilt wurde.
Der Name der Zeitung war Gemeinschaft, das bedeutete mir schon damals sehr viel. Gemeinschaft, sowohl die ungarische Gemeinschaft als auch die kirchliche Gemeinschaft, heißt, dass die Menschen zusammen sind und etwas gemeinsam tun.
In Amerika haben wir oft unsere Ferien verbracht, da die Schwester meiner Frau lange vor uns bereits nach Amerika, nach Cleveland, ausgewandert war. Einmal sagte meine Frau auf Drängen ihrer Schwester, dass sie nicht mehr zurück möchte. Ich weiß nicht, wie man das am besten bezeichnen kann, sagen wir einfach, der Grund, warum ich nach Amerika gegangen bin, war die Familienzusammenführung. Aber ich habe auch das Abenteuer gesucht, warum auch immer. Ich wollte einfach mehr wissen und mehr von der Welt sehen.
2. In Amerika war es anfangs alles andere als einfach. Haben Sie Hilfe von der ungarischen Gemeinschaft bekommen? Wie stark ist der Zusammenhalt innerhalb der amerikanisch ungarischen Gemeinschaft, welche persönlichen Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Wie gesagt, lebte unsere Familie bereits in Amerika, so dass wir recht schnell mit ungarischen Leuten in Kontakt kamen, und ja, wir bekamen Hilfe zum Beispiel bei der Suche nach einer Arbeit. Egal, welche Probleme wir hatten, es gab immer jemanden, an den wir uns innerhalb der ungarischen Gemeinde oder Kirche wenden konnten, das war überhaupt kein Problem.
Ich glaube, dass die Ungarn hier einen sehr starken Zusammenhalt haben, und die Kirchen dabei eine große Rolle spielen, denn sie sind die Bastionen, die uns Ungarn zusammenhalten.
Der Grund dafür ist, dass Kirchen eine physische Präsenz mit ihren Gebäuden und Plätzen haben, in und auf denen sich Menschen versammeln können. Zu den Kirchen gehören oft ungarische Schulen und ungarische Pfadfinderverbände, die so Hand in Hand die ungarische Kultur pflegen und ihre Existenz sichern können. Gemeinden, in denen es kein ungarisches Gemeinschaftshaus oder keine ungarische Kirche gibt, sind normalerweise in einer schwächeren Position, in der sich nur die ganz Entschlossenen treffen und etwas tun können.
3. In den Anfängen seines Bestehens sendete das Radio traditionelle ungarische Musik und berichtete den Ungarn im Ausland über die Ereignisse in Ungarn. Wie und woher kam die Idee des Radios?
In der Gegend um Cleveland gab es früher viele ungarische Radiosender und sogar auch Fernsehen. Der Vorgänger des Bocskai Radios, damals noch Kossuth Radio, wurde von einem jungen Mann an der John Carroll University namens András Tóth gegründet. Der Name Kossuth kam sehr gelegen, denn unser historischer Held, Lajos Kossuth, hatte Cleveland auf seiner triumphalen Amerikatournee im Jahr 1852 besucht, und sein Name war einigen amerikanischen Studenten bekannt.
András‘ Bemühungen wurden von anderen Studenten der Universität unterstützt, die gut Ungarisch sprachen. Als dann László Berta und Kálmán Elek den Radiosender übernahmen (1989 – Anm.d.Red.), wurde der Name des Radios von Kossuth in Bocskai Radio geändert. (István Bocskai war ab 1557 Fürst von Siebenbürgen und ab 1606 Fürst von Ungarn – Anm.d.Red.)
Die hiesigen Druckereien hatten damals sehr gute Beziehungen zu/nach Ungarn, und sie waren eigentlich diejenigen, die die Nachrichten machten. Damals war es eine große Sache für eine Privatperson, ein Fax aus Ungarn zu schicken.
Sie haben die Nachrichten aus Zeitungen ausgeschnitten und per Fax übertragen. Das ging so weiter, bis ich mit meinem Team kam, das war im Jahr 2012.
Zu dieser Zeit war das Internet schon so verbreitet, dass die meisten Zuhörer die von uns vorgelesenen Nachrichten schon kannten. Ich hielt das für unnötig und habe damit begonnen, sogenannte Lokalnachrichten zu produzieren.
4. Unter Ihrer Leitung hat sich das Programm mit Hilfe des Internets erheblich erweitert und sie arbeiten auch mit anderen ungarischen Gemeinschaftsorganisationen zusammen. Wie viele Leute wirken bei Ihrem Radio mit und was ist heute das Hauptziel des Senders?
Früher wurde nur wenig über Veranstaltungen berichtet, jetzt geht es eigentlich nur noch darum. Während COVID war ich außerdem gezwungen, viele Online-Interviews zu führen, und so sind unsere Videoübertragungen entstanden. Heutzutage kann ich zu jeder Zeit überall auf der Welt ein Video-Interview führen, was direkt über unser Radionetz gesendet wird. Letzte Woche war ich zum Beispiel in Florida und nächste Woche reise ich nach Toronto. Wir streamen auch auf Facebook, so dass jeder auf der ganzen Welt unser Programm genießen kann.
Mein Ziel, als ich beim Radio anfing, war es, dass jede ungarische Organisation einen kleinen Anteil an der Radiosendung bekommen sollte. Zum Beispiel gibt es hier in der Gegend 5 Gemeinden und jede Gemeinde sendet abwechselnd einmal in der Woche eine halbe Stunde Musik oder anderes Programm.
Was mir besonders am Herzen lag, war die Zusammenarbeit mit den Pfadfindern und nach langem Zureden haben sie sich entschlossen, die Redaktion der monatlichen Sendung des beliebten Pfadfinder-Radios zu übernehmen.
Das gleiche Modell hätte ich auch gerne mit anderen Organisationen gesehen, doch leider konnten sich keine Leute finden, die eine Sendung übernehmen würden. Wir haben aber zu allen Vereinen guten und engen Kontakt und berichten über ihre Veranstaltungen, damit so viele Leute wie möglich auch daran teilnehmen können. Wir werden auch eingeladen Interviews zu führen, oder wenn eine Feier veranstaltet wurde, bekommen wir Informationen darüber und können darüber berichten. Ich sage oft zu ungarischen Journalisten, dass wir sogar über Ungarisches Hühnergulasch Nachrichten erstellen könnten. (lacht)
Wir sind insgesamt vier, die jeden Sonntag in der Redaktion sind. Mein enger Kollege ist László Strober, der uns von Anfang an begleitet hat und eigentlich immer im Studio ist. Es ist viel besser, wenn ich mit jemandem zusammen bin, denn dann kann ich mit jemandem reden und wir können miteinander diskutieren. Ich versuche immer, mich in die andere Position zu versetzen, damit wir einen Grund zum Reden haben. Aber es gibt viele Kollegen, die rausgehen, produzieren, Interviews führen. Wir haben auch Mitwirkende, die uns mit ihrer Arbeit aus Ungarn unterstützen.
Der Hauptzweck des Radios ist es, Menschen zu verbinden, zuerst hier innerhalb der Gemeinde, um die Dinge so erfolgreich wie möglich zu gestalten, die Gemeinschaft so nah wie möglich zu halten. Gleichzeitig möchten wir auch eine Brücke sein, die uns mit den Ungarn im Karpatenbecken verbindet.
Deshalb haben wir unsere Website, deshalb ist unser Radio jederzeit online erreichbar, damit die Ungarn zuhause, im Karpatenbecken, wissen, dass auch hier Ungarn leben und arbeiten.
5. Ihr Mentor, László Böjtös, hat Ihnen einmal gesagt, dass Sie als Auswanderer viel mehr für Ungarn tun könnten, als wenn Sie in Siebenbürgen geblieben wären. Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach der Rundfunk für die amerikanisch-ungarische Gemeinschaft? Sind sich die Amerikaner in Cleveland seiner Bedeutung bewusst?
Ich muss dazu sagen, dass ich ein geborener Szekler bin und wir Szekler sind nicht einfach nur Ungarn, sondern mehr als das. Anders als im Mutterland, wo man sein Ungarischsein ganz natürlich leben kann, müssen wir im Szeklerland täglich darum kämpfen, dass wir Ungarn sind, und diesen Gedanken möchte ich weiterführen. Mit diesem Identitätsgefühl bin ich nach Amerika gekommen. Hier habe ich Ungarn getroffen, die noch nie in Ungarn waren und sich trotzdem als Ungarn betrachten. Ich habe sogar Ungarn getroffen, die kein Wort Ungarisch können und trotzdem alles für ihr Ungarischsein tun und es pflegen.
Diese neue ungarische Identität, die ich hier kennen gelernt habe, hat mich wirklich berührt, und ich möchte diesen Menschen auf einer gewissen Ebene etwas bieten.
Es stimmt, dass wir mit dem Radio nur ein sehr kleines Segment von Menschen ansprechen, die ihre Sprache noch bewahren wollen, aber ich halte es für sehr wichtig. Wenn ich damit die Menschen hier an ihre Muttersprache erinnere, ich etwas dafür tun kann, dass sie auch im Ausland ihr Ungarischsein nicht vergessen und weiterhin pflegen, dann tue ich das.
In Bezug auf die Wichtigkeit des Radios würde ich sagen, dass es genauso ist, wie mit allem anderem auch. Die Menschen fangen erst an etwas zu schätzen, wenn es nicht mehr da ist. Es ist wie mit der Luft, die wir atmen. Leider denken wir nicht jeden Tag daran, dem lieben Gott dafür zu danken, dass wir die Luft atmen dürfen. Ich denke, so ist es auch mit dem Radio. Für jeden hier ist es selbstverständlich, dass es Zsolt Molnár und seine Kollegen gibt. Aus diesem Grund habe ich nicht das Gefühl, dass ein großes Bedürfnis besteht, aber wenn es aufhören würde zu existieren, bin ich mir sicher, dass viele Menschen es vermissen würden. Wir haben mit unserem Radio schon viele Preise erhalten und das gibt uns auf jeden Fall ein positives Feedback und Anerkennung, dass die Menschen unsere Arbeit schätzen. Nach 12 Jahren freiwilliger Arbeit habe auch ich manchmal das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben, aber diese Rückmeldungen geben mir die Bestätigung weiterzumachen.
6. Hatten Sie schon vor dem Erhalt des Preises Kontakt mit der Stiftung Freunde von Ungarn? Was bedeutet der Freund von Ungarn Preis für Sie persönlich und was bedeutet er für Ihr Radio?
Natürlich kenne ich die Freunde von Ungarn Stiftung, ich habe den Präsidenten E. Sylvester Vizi mehrmals interviewt. Interessanterweise habe ich auch viele von denen interviewt, die ebenfalls diesen Preis erhalten haben. Wir verfolgen Ihre Konferenzen regelmäßig, weil die Stiftung Freunde von Ungarn sich mit den Ungarn in der Diaspora beschäftigt. Das ist eine große Sache für uns. Ich würde Sie sogar als eine Dachorganisation bezeichnen, die die Ungarn auf der ganzen Welt zusammenbringt. Zum Beispiel gibt es hier die Hungarian American Coalition oder die Hungarian American Federation, aber Sie stehen sogar noch darüber, denn Sie reichen von Australien bis nach Amerika oder von den nördlichen Ländern Europas bis zur Spitze Afrikas und versuchen, die Menschen zusammenzubringen.
Für mich persönlich bedeutet diese Auszeichnung, dass wir noch breiter wahrgenommen werden, denn nach vielen anderen Auszeichnungen nimmt auch die größte Organisation unsere Arbeit zur Kenntnis, alle Mitwirkenden des Radios profitieren von dieser Anerkennung.
Beitragsbild: Facebook/Bocskai Rádió the Voice of Hungary at WJCU