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Italien setzt sich parteiübergreifend für die in Ungarn inhaftierte mutmaßliche Antifa-Schlägerin ein

Ungarn Heute 2024.02.01.

Der Fall der Italienerin, die im so genannten Antifa-Fall der Gruppengewalt und der schweren Körperverletzung beschuldigt wird, hat ein Nachspiel auf höchster politischen Ebene.

„Ich habe Premierministerin Giorgia Meloni ausführlich über den Fall Ilaria Salis informiert. Ich habe ihr gesagt, dass die Justiz nicht von der Regierung, sondern vom Parlament abhängt“. Das sagte Ministerpräsident Viktor Orbán am Ende eines einstündigen Treffens mit der italienischen Ministerpräsidentin in Brüssel vor Reportern. Er fügte hinzu:

Ilaria Salis konnte telefonieren und wurde nicht von der Welt isoliert. Alle Rechte werden garantiert“.

Pressekonferenz des Strafvollzugsdienstes in der inkriminierten Gefängniszelle. MTI/Hegedüs Róbert

Gestern Nachmittag wies das Nationale Kommando des Strafvollzugsdienstes Medienberichte, wonach Ilaria Salis unter unwürdigen Bedingungen festgehalten wird, zurück. In ungarischen Gefängnissen erhalten die Insassen drei Mahlzeiten pro Tag, die den Anforderungen an eine gesunde Ernährung entsprechen. Es werden ständige Hygienekontrollen durchgeführt und die Insassen erhalten eine angemessene medizinische Versorgung. Die Behauptung der italienischen Staatsbürgerin, es gäbe Ratten und Ungeziefer, wird als unwahr bezeichnet: Die Einrichtungen des Gefängnisdienstes entsprechen hohen hygienischen Standards, so das Kommando. Außerdem sei der Kontakt Salis‘ mit ihren Eltern regelmäßig und ordnungsgemäß. In Ungarn können Gefangene, die sich in ihren Rechten verletzt fühlen, eine Beschwerde einreichen.

Zuvor hatte Zoltán Kovács, Staatssekretär für internationale Kommunikation, auf X über den Fall der italienischen Lehrerin geschrieben, die mit gefesselten Händen und Füßen vor Gericht in Budapest erschien. Die ihr vorgeworfenen Straftaten „sind schwerwiegend, sowohl in Ungarn als auch international. Die im Verfahren getroffenen Maßnahmen sind gesetzlich vorgesehen und der Schwere des Vorwurfs der begangenen Straftat angemessen. Die Glaubwürdigkeit von Ilaria Salis ist äußerst fragwürdig, wie unter anderem ihre falschen Angaben zu ihrer Ausbildung, ihrer familiären Situation und ihren persönlichen Beziehungen zeigen, die sich als falsch herausgestellt haben.“

Zoltán Kovács wies die Vorwürfe „linker Medien und Menschenrechtsorganisationen“ zurück und bestritt ebenfalls, dass Ilaria Salis „unmenschlich“ behandelt worden sei. „Unmenschlich? Ganz und gar nicht. Ernst genommen wegen der Schwere des ihr zur Last gelegten Verbrechens? Wohl eher“, heißt es im X-Profil des Sprechers, demzufolge der ungarische Anwalt von Salis, György Magyar, „ein offen linker Anwalt“ ist.

Linke Medien und Menschenrechtsgruppen haben einen orchestrierten Angriff gegen Ungarn gestartet“,

heißt es im X-Eintrag des ungarischen Regierungsvertreters, der darauf abzielt, „die guten politischen Beziehungen“ zwischen Budapest und Rom „im Fall von drei ausländischen Staatsbürgern zu zerstören, die der organisierten Körperverletzung angeblicher rechtsextremen Sympathisanten beschuldigt werden“.

Mehrere rechtsgerichtete italienische Politiker erklärten, es stehe ihnen nicht zu, über die Justiz und die Haftbedingungen in einem anderen Land zu urteilen. Die Europaabgeordnete Susanna Ceccardi (Lega) bemängelte beispielsweise, dass die Presse ihres Landes nur das Foto der in Handschellen gefesselten Frau intensiv kommentiert hat, das Video hingegen, auf dem zu sehen ist, wie unschuldige Budapester Passanten von linksextremen Angreifern krankenhausreif geschlagen werden, weitgehend ignoriert hat. Ein anderer Vertreter der Lega postete die Bilder des gewalttätigen Angriffs in Budapest in den sozialen Medien und fügte hinzu, es sei kaum zu glauben, dass eine Person, die so etwas hätte tun können, in einem Klassenzimmer arbeite, und verwies auf die Tatsache, dass die  Angeklagte zuvor in einem Kindergarten in Mailand gearbeitet habe.

Beim Versuch, sie als Opfer darzustellen, wird vergessen, dass Ilaria Saris in drei Fällen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, in zwei Fällen als Komplizin und in einem Fall als Mittäterin angeklagt ist,

schreibt Magyar Nemzet.

Balázs Orbán, der politische Direktor des ungarischen Ministerpräsidenten, hob in seinem X-Eintrag zusätzlich hervor, dass die brutalen Angriffe der linksextremen Aktivisten aus politischen Gründen erfolgten. Er fügte hinzu, dass „linke Medien, Nichtregierungsorganisationen und Lobbygruppen“ derzeit einen Angriff auf Ungarn inszenieren. Viktor Orbáns politischer Berater schloss mit der Aufforderung: „Lassen wir die unabhängige ungarische Justiz ihre Arbeit tun!“. Seinem X-Eintrag angehängt sind Fotos der schweren Verletzungen, die den Angriffsopfern zugefügt wurden.

Unterdessen berichtete der italienische Außenminister Antonio Tajani, dass der ungarische Generalstaatsanwalt Ilaria Salis am Dienstagabend im Gefängnis besucht habe, um sich über ihren Zustand zu informieren. Der stellvertretende Ministerpräsident erinnerte dann daran, dass am Mittwoch „auch ihre Eltern sie besucht haben“.

„Am 2. Februar werde ich den Vater von Ilaria Salis treffen, den ich vorher nicht sehen konnte, weil er nach Ungarn abgereist ist“, sagte Senatspräsident Ignazio La Russa im Plenarsaal. „Die Würde der Inhaftierten“, so La Russa, sei ein Problem, das „jedem in Ungarn, aber auch in allen anderen Teilen der Welt am Herzen liegen muss, auch in Italien, wo ich von einer nicht unähnlichen Situation weiß, zumindest für Männer und nicht für Frauen, mit einer Leine, aber nicht mit Handschellen an den Füßen“, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Bilder der gefesselten Ilaria Salis werden in Italien seit Monaten intensiv mediatisiert. Die Wirkung dieser Aufnahmen ließ nicht auf sich warten: Mittlerweile scheint die Schwere der mutmaßlichen Straftat vergessen zu sein. Sogar der rechtsgerichtete Senatspräsident äußerte die Hoffnung, dass die Antifa-Aktivistin freigesprochen werden kann.

Die Verklärung einer mutmaßlichen Schlägerin. Ilaria Salis Grafitti. Foto: AntinazistreetArt Facebook

Der Vater der Angeklagten nutzt geschickt diese Welle des Mitgefühls und versucht vor allem  über linksgerichtete Medien Druck auf die Vertreter des italienischen Staates  auszuüben, damit seine Tochter nach Italien ausgeliefert wird, wo sie im Hausarrest auf ihren Prozess warten soll.

Der Fall Ilaria Salis, der auch in Italien eine politische Debatte ausgelöst hat, kommt nach Straßburg.

Am Montagnachmittag findet im Plenum des Europäischen Parlaments eine Debatte statt, der eine Rede eines Vertreters der EU-Kommission zu diesem Fall vorausgeht. Dies berichteten parlamentarische Quellen unter Vorwegnahme der von der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden genehmigten Tagesordnung. Die Debatte soll am 5. Februar unmittelbar nach der Eröffnung der Sitzung auf die Tagesordnung gesetzt werden. Der Fall wird der linken Mehrheit des Europaparlaments vermutlich eine neue Angriffsfläche gegen Ungarn anbieten.

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Via tgcom24.mediaset.it, Magyar Nemzet, MTI, Ansa Beitragsbild: MTI/Hegedüs Róbert