Ungarn ist bereit, aus Kriegsgebieten geflüchteten Menschen zu helfen, lehnt aber eine Migration aus wirtschaftlichen Gründen laut des offiziellen Standpunktes der ungarischen Regierung ab. Die Ankündigung, einer von der Ausweisung aus Schweden bedrohten jungen Iranerin christlicher Religion Asyl in Ungarn anzubieten, wurde in der Presse begrüßt, parallel damit wurde aber der Regierung auch vorgeworfen, sie schüre eine gegen Migranten gerichtete Hysterie.
Stellvertreter des ungarischen Ministerpräsidenten Zsolt Semjén kündigte am Mittwoch in der Tageszeitung Magyar Idők an, Ungarn sei bereit, der iranischen Christin Aideen Strandsson den Flüchtlingsstatus anzubieten. Strandsson war 2014 nach ihrer Konvertierung zum Christentum mit einem Arbeitsvisum nach Schweden gereist. Ihr Asylantrag wurde in der Folge zweimal abgelehnt. Nunmehr droht ihr die Abschiebung. Aideen Strandsson fürchtet, dass ihre Rückführung in den Iran sie in permanente Lebensgefahr bringen würde, da Christen in dem streng islamisch ausgerichteten Land verfolgt würden.
In seinem Kommentar in Magyar Idők begrüßt Zsolt Bayer die Ankündigung der Regierung und bezeichnet es als empörend, dass „Schweden jeden aufnimmt, darunter Muslime, Schwarze, Wirtschaftsmigranten, Dschihadisten sowie IS-Rekruten, und alle toleriert – außer christliche, weiße Europäer“. Der der Regierung nahestehende und für seine dezidiert einwanderungskritische Haltung bekannte Kommentator hält die Entscheidung des ungarischen Kabinetts, Strandsson Asyl anzubieten, für einen Beweis der Bereitschaft Ungarns, echten Flüchtlingen zu helfen. Wirtschaftsflüchtlinge hingegen würde das Land ablehnen. Bayer bietet Strandsson sogar die Unterbringung in seinem eigenen Zuhause an und würde sich auch um sie kümmern, sollte sie sich für einen Antrag auf Asyl in Ungarn entscheiden.
Parallel damit bereitet gegenwärtig die Flüchtlingshilfsorganisation Migration Aid ein Programm vor, das Asyl gewährten Familien einen Kurzzeiturlaub am Balaton anbieten würde. Die anerkannten Flüchtlinge würden auf dem Grundstück eines österreichischen Staatsbürgers untergebracht werden. Diese Pläne wurden allerdings von Fidesz-Bürgermeistern umliegender Kommunen scharf kritisiert. Der Fidesz-Abgeordnete Jenő Manninger spekulierte sogar in einem Facebook-Eintrag, dass der kurze Urlaubsaufenthalt Teil des „Soros-Plans“ einer Ansiedlung von Migranten in der Region sein könnte. Der Parlamentarier fügte hinzu, die Ungarn seien bereit, aus Kriegsgebieten geflüchteten Menschen zu helfen, lehnten aber eine Migration aus wirtschaftlichen Gründen ab.
Róbert Friss von der Tageszeitung Népszava bezichtigt die Regierung des Schürens einer gegen Einwanderer gerichteten Hysterie. Der linksorientierte Kolumnist befürchtet, dass die von Fidesz-Politikern ausgehende entsprechende Propaganda sowie ihre Verschwörungstheorien einen gegen Immigranten gerichteten Hass erzeugen – ja sogar physische Gewalt auslösen könnten, die die Regierung nicht mehr länger werde unter Kontrolle halten können.
Auch Ádám Kolosi geht auf Index davon aus, dass die Rhetorik seitens der Regierenden gegen Einwanderer gerichtete Stimmungen befeuere. Ohne auf die von Migration Aid geplanten Flüchtlings-Ferienaufenthalte am Balaton einzugehen, erinnert der liberale Kommentator daran, dass laut einer aktuellen Umfrage des Pew Research Centers zur Wahrnehmung globaler Sicherheitsgefährdungen die ungarische Bevölkerung Migranten als die größte Bedrohung betrachten würde. Da keine Flüchtlingsmassen das Land erreichten, ließen sich die gesteigerten Ängste lediglich mit der gegen Einwanderer gerichteten Politik der Regierung erklären, betont Kolosi.
Die Idee Flüchtlings-Ferienaufenthalte am Balaton zu organisieren sei besonders interessant, da in Österreich nun neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Migration getroffen wurden. Der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka ordnete am Mittwoch großangelegte Schwerpunktkontrollen im grenznahen Bereich durch die Exekutive an. Zur stetigen Verringerung der illegalen Migration wurde die Durchführung intensiver, punktueller und schwerpunktmäßiger Großkontrollen angeordnet, insbesondere bei Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien und bei Ausgleichsmaßnahmen z.B. Verkehrsausleitungen und Kontrollen an Kontrollplätzen hinsichtlich Schleppungen in Fahrzeugen und Behältnissen im grenznahen Bereich entlang der Nachbarstaaten Ungarn, Slowakei, Slowenien und Italien.
via budapost.de, diepresse.com, hungarytoday.hu; Foto: Balázs Mohai – MTI