Regierungsnahe Medien beschuldigen den Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt, er wolle das Budapester Rathausgebäude veräußern.Weiterlesen
Nach der Veröffentlichung einer neuen Aufnahme, in der ein bekannter Geschäftsmann Anschuldigungen gegen die Stadtverwaltung erhebt, hat der Budapester Bürgermeister erklärt, die Hauptstadt werde von den Regierungsparteien angegriffen. Gergely Karácsony erstattet Anzeige bei der Polizei im Zusammenhang mit „verleumderischen“ Tonaufnahmen, die angeblich gemacht wurden, als städtische Beamte über Immobiliengeschäfte diskutierten.
Wie wir bereits berichteten, steht die Budapester Führung seit langem unter Beschuss, nachdem eine Reihe von Tonbandaufnahmen veröffentlicht worden waren auf denen behauptet wurde, dass bestimmte Kreise die der Führung nahe stehen, das Rathaus und einige angrenzende Gebäude in der Innenstadt verkaufen wollten. Zunächst stritt Karácsony alles ab, dann, nachdem eine zweite Tonaufnahme aufgetaucht war, gab er schließlich zu, dass der Verkauf nur eine Option gewesen war, die man vor etwa anderthalb Jahren vom Tisch genommen hatte.
Doch obwohl es noch immer keine Beweise für ein Fehlverhalten gibt, ist Karácsony schon seit geraumer Zeit in der Defensive.
Die neue Aufnahme
Am Dienstag wurde eine neue Aufnahme veröffentlicht, in der es um ein „Provisionssystem“ bei Immobilientransaktionen des Rathauses geht. Auf der Aufnahme ist der Geschäftsmann Gyula Gansperger zu hören, der mit einer unbekannten Person spricht und schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen im Rathaus erhebt.
In den 90er Jahren und um die Jahrtausendwende war Gyula Gansperger im Hintergrund für Fidesz tätig und vor allem für die Privatisierung zuständig: Während der ersten Orbán-geführten Regierung leitete er die Ungarische Privatisierungs- und Staatsholdinggesellschaft (ÁPV Rt). Außerdem war er in leitender Funktion als Vermögensverwalter bei der Autovermietung Wallis tätig, wo er den ehemaligen linksliberalen Ministerpräsidenten Gordon Bajnai kennen lernte.
Jetzt spricht Gansperger über das Provisionssystem, nachdem er die Akteure beschrieben hat, darunter den Immobilienmakler Zsolt Berki, den stellvertretenden Bürgermeister Ambrus Kiss und den ehemaligen (linksliberalen) Justizminister Csaba Tordai, der jetzt als Rechtsberater von Karácsony arbeitet. Der Begriff „Provisionssystem“ könnte ein Codewort für „Schmiergeld“ (d.h. Korruption) sein.
„Csaba Tordai [Anwalt und Vertrauter von Bürgermeister Karácsony] hat nicht mit Geld zu tun. Er gehört also nicht zu dem Provisionssystem, das ich an Zsolt zahlen muss. Es geht nur an [Vizebürgermeister] Ambrus Kiss“, erklärt Gansperger in der Aufnahme etwas vage, ohne das Thema näher zu erläutern. Dann spricht er über den Verkauf einer Immobilie in der Budapester Bécsi-Straße. „Jetzt muss es etwas passiert sein, denn Zsolt [Berki] hat sein Auto getauscht. Man muss aufpassen, wissen Sie“, schließt Gansperger.
Fidesz will eine „sinnvolle Untersuchung“
Zuvor hatte Zsolt Láng, Fidesz-Fraktionsvorsitzender in Budapest, eine „sinnvolle Untersuchung“ gefordert. Nach dieser jüngsten Aufnahme wiederholte die Budapester Fidesz-KDNP-Fraktion ihre Forderung an Karácsony, eine außerordentliche Sitzung der Stadtversammlung einzuberufen.
Auf ihrer Facebook-Seite gab die Gruppe eine Erklärung ab, in der sie Karácsony vorwarf, sich den „Tatsachen“ in Bezug auf die Diskussionen im Zusammenhang mit dem städtischen Eigentum zu verweigern, und forderte den Bürgermeister auf, eine ordentliche Untersuchung des „Rathausfalls“ einzuleiten.
Budapester Führung: Fidesz greift die Hauptstadt an
„Wir sind hier, um einen niederträchtigen und verlogenen Angriff abzuwehren“, begann Karácsony die Pressekonferenz, die als Reaktion auf diese neue Tonaufnahme organisiert wurde und erklärte, dass es drei Möglichkeiten gebe, die Offensive zurückzuschlagen. Erstens müssen sie füreinander einstehen. „Ich werde meine Hand für Kiss Ambrus ins Feuer legen“, sagte er in Bezug auf seinen Stellvertreter, der an der Aufnahme beteiligt war.
Zweitens kündigte er an, im Zusammenhang mit „verleumderischen“ Tonbandaufnahmen, die angeblich gemacht wurden, als städtische Beamte über Grundstücksgeschäfte diskutierten, Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Drittens werden sie die Entscheidungen über die Vermögensverwaltung der Hauptstadt noch leichter zugänglich machen, die bereits öffentlich waren, „aber die Journalisten sind eindeutig überlastet, von denen einige nicht einmal die grundlegendsten Fakten berücksichtigen“, sagte er unter Bezugnahme auf den (Fidesz-nahen) Index, das Blatt, das hinter der Veröffentlichung der Aufnahmen stand. (Eigentümer von Indamedia ist der schnell aufstrebende Pro-Fidesz-Medienmogul Miklós Vaszily. Das ehemals regierungskritische Portal hat in den letzten 14 Monaten einen bemerkenswerten Richtungswechsel vollzogen, als die gesamte Belegschaft aufgrund des überwältigenden Drucks ging).
Sowohl Kiss als auch Karácsony beteuerten, nichts von den Aufnahmen gewusst zu haben – sie hätten weder Berki noch Gansperger, den der Bürgermeister als Fidesz-nahen Geschäftsmann bezeichnete, je getroffen. Daher sei es eine absurde Forderung, eine interne Untersuchung einzuleiten, so Karácsony. „Es gibt hier nichts zu untersuchen, es gibt nur die Anzeige, und das Gericht wird auf der Grundlage der Fakten urteilen“, sagte er.
Der stellvertretende Bürgermeister Ambrus Kiss erklärte auf der Pressekonferenz ebenfalls, dass ihm die Stimmen auf der Aufnahme nicht bekannt seien, und er wies die diesbezüglichen Anschuldigungen zurück.
(Via: Hungary Today, Titelbild: Szilárd Koszticsák/MTI)