Der scheidende Staatspräsident János Áder hat Viktor Orbán um die Bildung einer Regierung gebeten, bei der er zum vierten Mal in Folge und zum fünften Mal in seiner politischen Karriere Ministerpräsident werden könnte.Weiterlesen
Einenhalb Monate nach den ungarischen Parlamentswahlen hat Ministerpräsident Viktor Orbán am Mittwoch die Bildung seines Kabinetts mit den zukünftigen Ministern besprochen. Presseberichten zufolge werden die Ministerien umstrukturiert und auch neue Gesichter tauchen im neuen Kabinett auf. Mit Sicherheit werden mindestens fünf Personen in der Regierung sein, die in der vierten Orbán-Regierung noch als Minister nicht tätig waren.
„Einigung über die neue Regierung“ stand die Unterschrift von Viktor Orbán unter einem Foto mit den neuen Ministern auf seiner Facebook-Seite.
Der Premierminister hatte bereits Anfang Mai in einem Radiointerview erklärt, dass er eine neue Regierungsstruktur in Betracht ziehe. Er sagte am 6. Mai gegenüber dem staatlichen Kossuth-Radio, dass „die christdemokratischen nationalen Regierungen auf die Weise zustande kommen, indem wir zu verstehen versuchen, was für Herausforderungen auf uns in den kommenden vier Jahren warten.“ Orbán erwähnte unter anderem die Migrationskrise, die Pandemie und den Krieg.
Eine gefährliche Welt umgibt uns jetzt also. Diese Gefahren treten gemeinsam auf. Man muss eine Regierung bilden, die in der Lage ist, Ungarn vor diesen Gefahren zu schützen.
Bei diesem Interview waren jedoch die Gespräche mit den potenziellen neuen Mitgliedern der Regierung noch im Gange. Wie der Ministerpräsident formulierte:
…. jetzt beginnt eine neue Geschichte, und diese Arbeit ist keine Anstellung, sondern Berufung und Dienst, und dementsprechend, was für Herausforderungen kommen, muss man dann entsprechend den Antworten, die man auf diese geben muss, der Heimat dienen. Deshalb möchte ich die Struktur der Regierung in bedeutendem Maße umformen. Wir stellen uns in einer ganz anderen Regierungs- oder ministeriellen Struktur auf, als sie die Wähler früher haben kennenlernen können.
Orbán bezeichnete diese Veränderungen, sowohl strukturell als auch personal gesehen „tiefgreifend“und bestimmte Ende Mai als ein mögliches Datum für die Aufstellung des neuen Kabinetts.
Neue Namen und neue Ministerien
Viktor Orbán hat auf seiner Facebook-Seite ein Foto geteilt, das andeutet, dass mehrere neue Namen in der fünften Orbán Regierung auftauchen werden. Unter ihnen Kristóf Szalay-Bobrovniczky. Er war der Botschafter Ungarns im Vereinigten Königreich, seine Ehefrau ist die Regierungssprecherin Alexandra Szentkirályi (Szalay-Bobrovniczky). Er soll laut Presseberichten das Verteidigungsministerium übernehmen. Als ein Zurückkehrer gilt der ehemalige Kanzleramtsminister, Ex-Bürgermeister von Hódmezővásárhely János Lázár. Er könnte das Ministerium für regionale Entwicklung erhalten, während der andere alt-neue Minister, der ehemalige Justizminister Tibor Navracsics voraussichtlich für EU-Angelegenheiten zuständig wird.
Weiteres neues Gesicht- wahrscheinlich im wirtschaftlichen Bereich – ist Márton Nagy, ehemaliger Vizepräsident der Ungarischen Notenbank (MNB), der Wirtschaftsberater von Viktor Orbán war. János Csák, ehemaliger Botschafter und Vorstandsvorsitzender großer staatlicher Unternehmen würde das Ministerium von für menschliche (humane) Angelegenheiten und Innovation (Familienpolitik, Forschung, Wissenschaft, Bildung, Kinderfürsorge) leiten, dieses soll vom künftigen Ministerium für Industrie und Technologie getrennt sein.
Neben dem Gesundheitswesen könnte auch das öffentliche Bildungswesen dem Innenministerium unterstellt werden, während die Aufgaben der Kommunalverwaltung dem Amt des Premierministers zugewiesen würden.
Außenminister Péter Szijjártó und Finanzminister Mihály Varga werden weiterhin der Regierung angehören, während János Süli, der für das Paks-Projekt (Erweiterung Ungarns Kernkraftwerk) und Andrea Mager, die Ministerin ohne Geschäftsbereich für die Verwaltung des nationalen Vermögens zuständig waren, der neuen Regierung hingegen nicht angehören werden. Laut dem oppositionellen Fernsehsender ATV würden die Aufgaben von Süli (Ausbau von Paks) wahrscheinlich dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Handel übertragen, während die Verwaltung der nationalen Vermögenswerte wahrscheinlich an einen Nachfolger des Innovationsministeriums, das neu geschaffene Industrieministerium, gehen wird, das von László Palkovics geleitet wird.
Auch Justizministerin Judit Varga, Kanzleramtsminsiter Gergely Gulyás, Innovationsminister László Palkovics, Innenminister Sándor Pintér, Stabschef des Premierministers Antal Rogán und Agrararminister István Nagy bleiben im neuen Kabinett, so wie auch der stellvertretende Ministerpräsident Zsolt Semjén.
Viktor Orbán wird voraussichtlich am 16. Mai seinen Eid im Parlament ablegen, dann werden etwa sieben-acht Tage nötig sein, damit er auf der nächsten Sitzung des Parlaments die Mitglieder der Regierung irgendwann zwischen dem 20. und dem 30. Mai den Abgeordneten des Parlaments vorstellen kann.
(Titelbild: MTI – Pressebüro des Ministerpräsidenten)