Warum die Unterrichtssprache in (Mittel-) Osteuropa nach wie vor ein Thema istWeiterlesen
Die Stadtverwaltung von Marosvásárhely (Târgu Mureș, Neumarkt am Mieresch) wird in dieser Woche das rechtliche Verfahren zur Gründung des römisch-katholischen Gymnasiums Franz Rákóczi II. wieder aufnehmen, berichtet die siebenbürgisch-ungarische Tageszeitung Krónika in ihrer Dienstagausgabe.
Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regime war die siebenbürgische Stadt Schauplatz der ersten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Volksgruppen in Osteuropa. Im März 1991 verlangten die ungarischsprachigen Einwohner (damals noch 52% der Stadtbevölkerung) auf friedlichen Kundgebungen die Wiedererrichtung der muttersprachlichen Schulen. Daraufhin brachte die chauvinistische Organisation „Vatra Românească“, unterstützt von Regierungsbehörden, Rumänen aus dem Umland, welche die Innenstadt verwüsteten und Demonstranten angriffen. Das Einschreiten der Streitkräfte beendete den blutigen Konflikt, der mit fünf Toten und 278 Verletzten dazu geführt hat, dass die verunsicherten Ungarn scharenweise die Stadt und das Land verließen.
Csenge Frunda, Vorsitzende der Fraktion der Ungarischen Demokratischen Allianz Rumäniens (RMDSZ) im Stadtrat von Neumarkt, erklärte gegenüber der Zeitung, dass die Stadtgemeinde laut Gesetz bis Ende August eine Absichtserklärung zur Gründung der Schule verabschieden muss, damit das katholische Gymnasium ab dem Schuljahr 2023-2024 wieder als eigenständige Schule arbeiten kann. Für das Schuljahr 2022-2023, das im September beginnt, kann die Schule als Untereinheit des Wolfgang-Bolyai-Gymnasiums arbeiten. Während der Sommerferien ergriffen der Eigentümer des Schulgebäudes, der Siebenbürgische Römisch-Katholische Status (Selbstverwaltungsorgan der Katholiken in Siebenbürgen) und die Eltern der Schüler die Initiative zur Wiedererrichtung der römisch-katholischen konfessionellen Schule, wo in ungarischer Sprache unterrichtet werden soll. Dies ist die Grundlage für den Entschließungsentwurf, über den die Stadträte am Donnerstag abstimmen werden.
In einem endgültigen Urteil vom 3. Mai hat der Oberste Gerichtshof Rumäniens einen Ministerialerlass aufgehoben, mit dem die Gründung des römisch-katholischen Gymnasiums Franz Rákóczi II. angeordnet wurde. Die Schule, die seit 2014 in Betrieb war, musste 2018 per Ministerialerlass neu gegründet werden, weil die rumänische Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (DNA) die vorherige Gründung für illegal hielt und Anklage gegen den Direktor der Schule, Zsolt Tamási, und den damaligen Leiter des Schulinspektorats Ștefan Someșan erhoben hatte. Das Gericht schickte die Anklageschrift zur Vervollständigung an die Staatsanwaltschaft zurück, was bis heute nicht geschehen ist, aber die Klagen gegen die Schule haben zu ihrer Schließung geführt.
Im September 2017 kündigte die ungarische Regierung an, dass sie ein Veto gegen den Beitritt Rumäniens zur OECD einlegen würde, weil die Schule ihren rechtlichen Status verloren hatte. Später, als der damalige Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (PSD), Liviu Dragnea, Ministerpräsident Viktor Orban versicherte, dass die Schule wieder eingerichtet werden würde, zog Ungarn sein Veto zurück.
Die Schule ist rumänischen nationalistischen Organisationen ein Dorn im Auge, weil die römisch-katholische Kirche die ehemals verstaatlichten Schulgebäude in Neumarkt 2004 durch Gerichtsverfahren zurückerhalten hat. Das ehemalige Hauptgebäude des katholischen Gymnasiums ist heute der Sitz der rumänischsprachigen Eliteschule von Neumarkt, des Unirea-Gymnasiums. Die Eltern und Lehrer der Eliteschule befürchten, dass die katholische Schule im Falle ihrer Wiedererrichtung die ehemaligen Gebäude für sich beanspruchen wird.
Beitragsbild: Das Katholische Obergymnasium von Neumarkt a. M., historische Ansichtskarte, Facebook