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Oberbürgermeister Tarlós: „Erfolge von Budapest sind unbestreitbare Tatsachen“

Ungarn Heute 2019.09.20.

Vor einem Jahr war er noch davon überzeugt, dass er für das Amt des Oberbürgermeisters von Budapest nicht kandidieren wird. Er hat schließlich seine Meinung verändert. Vor den Wahlen ist er nicht mehr aufgeregt, da dies der achte Wahlkampf ist, an dem er teilnimmt. Er betont: es sei sehr erfreulich, dass die Hauptstadt im März von Brüssel und vor einigen Tagen von London große Anerkennung gefunden hat. Falls die Mehrheit der Budapester am 13. Oktober ihn wiederwählt, verspricht er, den Bereichen Obdachlosigkeit und Klimaschutz mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ungarn Heute hatte die Gelegenheit, ein exklusives Interview mit István Tarlós, dem Kandidaten der Regierungsparteien FIDESZ-KDNP zu führen.

Vor genau einem Jahr haben Sie noch betont, dass Sie für das Amt des Oberbürgermeisters nicht kandidieren werden. Wie konnte der Ministerpräsident Sie überzeugen?

Das ominöse Gespräch war am 26. September 2018, als fast alle meine Bedingungen vom Premierminister akzeptiert wurden, und infolgedessen nahm ich die Bitte schließlich an, an den Wahlen 2019 teilzunehmen. Ich konnte erreichen, dass die Hauptstadt 107 Milliarden Forint vom Statat bekommt.

Und wenn ich mal in den Ring enstieg, ist es selbstverständlich, dass ich gewinnen möchte

Ich treibe schon lange Sport und es kam nie vor, dass ich irgendetwas aufgab. Ich kann die Aufgaben eines Bürgermeisters physisch erledigen, aber es gibt noch andere wichtige Dinge in meinem Leben. Ich habe eine zusammenhaltende Familie, eine Frau, die ich an der Universität getroffen habe, drei Kinder, und sechs Enkelkinder… ich verpasste so Vieles in den letzten 30 Jahren. Aber jetzt bin ich sehr engagiert, dass ich diesen Wahlkampf fertigbringe.

Foto: Zita Merényi

 

Sie haben bereits erwähnt, dass Sie nie gedacht hätten, dass Viktor Orbán zu jeder Ihrer Bedingungen Ja sagen würde. Was waren diese Bedindungen? 

Darauf möchte ich nicht näher eingehen.

Es gab in den letzten neun Jahren in Budapest zahlreiche Entwicklungen, von denen einige noch im Gange sind. Gibt es eine, auf die Sie besonders stolz sind?

Ich rangiere unter meinen Enkelkindern auch nicht, daher möchte ich nicht sagen, ob eine Entwicklung meine Lieblingsentwicklung war oder nicht. Alles in allem bei mir geht es nicht darum, in der Position des Budapester Bürgermeisters zu bleiben, sondern darum, inwieweit ich dieser Rolle nachkommen kann. Das ist der große Unterschied. Dies ist die achte Kampagne, die ich durchmache. Von den acht habe ich nur die Wahl 2006 knapp um 1% verloren. Aber

ich bin nicht mehr so aufgeregt vor den Wahlen. 

Andererseits ist es sehr beruhigend und erfreulich, dass die Hauptstadt im März von Brüssel zum attraktivsten Reiseziel Europas gewählt wurde, und vor einigen Tagen veröffentlichte das britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“ sein Ranking, das Budapest zur besten Hauptstadt Osteuropas erklärt hat. Wir haben uns seit 2010 um 20 Plätze in der Weltrangliste, auf 35 verbessert.

Sie haben die „Economist-Rangliste“ erwähnt, an der Wien in den letzten Jahren, im Weltmaßstab immer auf dem ersten Platz steht. Es ist nicht weit von Budapest entfernt und wird immer wieder zum besten der Welt. Gibt es solche Praktiken, die es wert sind, nach Budapest zu bringen? 

Sie mögen sich fragen, warum wir nicht so gut sind wie die Ersten, aber das ist nicht richtig. Wenn Sie sich das aktuelle Bewertungssystem ansehen, gibt es eine Reihe von Aspekten wie Stabilität, Umwelt, Infrastruktur, Verkehr und Kultur, die die Arbeit der Stadtverwaltung eindeutig qualifizieren.

Ich bin mir nicht sicher, dass es nötig ist, uns mit dem Ersten zu vergleichen und zu fragen, warum wir nicht vorne stehen. Tendenz und Trend sind wichtiger.

Zurück zu den Investitionen: Sie haben oft darauf hingewiesen, dass obwohl Sie sich in vielen Punkten mit der Regierung einig sind, es gibt immer noch viele widersprüchliche Fragen. Gab es solche Investitionen in der Hauptstadt, zu denen Sie lieber Nein sagen wollten, aber die Regierung darauf bestand, sie durchzusetzen? 

Ich habe zu vielen Dingen „Nein“ gesagt und auf Einigen habe ich bestanden. Es gab beispielsweise das Verbot des „Red Bull Air Race“, des Wiederaufbaus des ehemaligen „Úttörő-Stadions“ oder des Baus eines neunstöckigen Tennisstadions auf der Margareteninsel. Es gibt noch viele weitere, die ich erwähnen könnte. Man kann darüber nachdenken, was die Oppositionskandidaten von diesen hätten erreichen oder beibehalten können. Es gab noch auch die Verteidigung der unmittelbaren Wahl des Oberbürgermeisters. Vor einem Jahr dankten bekannte liberale Denker für die Beibehaltung der Direktwahl des Budapester Bürgermeisters – was übrigens eine der Voraussetzungen für meine Nominierung war.

Ich denke, es ist viel wichtiger, darüber zu sprechen, was wir getan haben und was wir in naher Zukunft planen.  Es gibt viele Pläne, die wir noch in diesem Jahr verkwirklichen wollen. Wir haben die rechtlichen, technischen und finanziellen Grundlagen dazu geschaffen.

Gergely Karácsony, der gemeinsame Kandidat der Oppositionsparteien, kündigte kürzlich an, dass er eine „Stadion-Stop“ -Petition einleitet und hat alle Budapester Bürger aufgefordert, diese zu unterschreiben. Er würde das Geld statt „Stadionbau“ für die Gesundheitsversorgung ausgeben. Können Sie den zahlreichen Sportinvestitionen der letzten Jahre zustimmen?

In der Hauptstadt werden derzeit zwei Stadien gebaut, eines davon ist das Ferenc-Puskás-Stadion. Ich sehe kein Problem damit.  Zeigen Sie mir eine einzige zivilisierte Hauptstadt ohne ein Nationalstadion. Es gibt überall eins. Das Puskás Stadion befindet sich übrigens in Zugló, im XIV. Bezirk, in dem Gergely Karácsony seit fünf Jahren Bürgermeister ist.

Er hatte sich in den letzten Jahren nie gegen den Bau des Stadions ausgesprochen. 

Das andere ist das Honvéd Stadion in Kispest. Da gibt es auch einen oppositionellen Bürgermeister, der gegen den Stadionbau auch nie protestiert hat. Und von welchen gesundheitlichen Förderungsmitteln spricht er, als er trotz der Proteste seiner eigenen Generalversammlung im XIV. Bezirk, die überwiegende Mehrheit des Geldes von diesem Bereich entzog? Ich mag das nicht, das sind nur leere Reden.

Ein jeder kann Campingtische aufstellen und nach Unterschriften für ein großes Nichts betteln, aber ich verstehe den Sinn dieses Verhaltens nicht.

Ein bisschen auch an die Touristen gedacht, die nach Budapest kommen …

Ja, sie haben für die Anerkennung gestimmt, die wir aus Brüssel erhalten haben. Mehr als 500 Tausend Menschen. Es waren nicht wir, die die Abstimmung vorbereitet haben,

die Touristen haben im März ein Urteil über Budapest gefällt.

Einer der attraktiven Punkte der Stadt ist das sogenannte „Partyviertel“, das auch zu einem Spannungsfeld zwischen Touristen und Einwohnern geworden ist. Sie haben versprochen, diesen Konflikt zu lösen. Haben Sie Vorschläge, die allen zugute kommen?

Es ist übertrieben, den Budapester Tourismus auf das Partyviertel zu beschränken. Darüber hinaus gehört dieses Problem zu den einzelnen Bezirke. Ich fing an, über eine Lösung nachzudenken, weil die Stadtteile selbst bisher keine finden konnten.

Budapest befindet sich immer noch in der Phase, in der die Entwicklung des Tourismus noch erforderlich ist.

Ich werde jetzt Lustverderber sein, aber ich muss darauf hinweisen, dass die Entwicklung des Tourismus nur in gesunden Grenzen beifallswürdig ist. Über einen bestimmten Punkt hinaus – und dies ist bereits im Partyviertel der Fall – fühlen sich die Bewohner, die Budapester, vom Tourismus beunruhigt. Wir sollten nicht  die Umstände in Barcelona erreichen, wo man bereits Inschriften an den Wänden in der Innenstadt sehen kann: „Tourist, gehe nach Hause, weil …!“ Lassen Sie mich den Satz nicht beenden. Es gab lange auch das Problem der Ruinenkneipen, die übrigens in den letzten Monaten zurückgegangen sind. Es ist beispielsweise mehrmals passiert, dass diese Pubs in gefährliche, unbewohnte Gebäude zogen, und ich würde nicht einmal andere Ereignisse erwähnen, die nach dem Besuch dieser Ruinenkneipen passierten.

Das ist also die Zuständigkeit des Bezirks, aber was kann der Oberbürgermeister tun, um zu helfen?

Die Bürgermeister einiger betroffenen Bezirke baten mich um Hilfe. Ich werde alles tun, was ich kann, aber man sollte dazu in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, um wirklich etwas zu bewirken. Der Oberbürgermeister hat diese Kompetenzen nicht immer.

Ebenso sind Touristen und Budapester gleichzeitig von der Verbreitung von Airbnb’s betroffen. In einem gemeinsamen Brief haben 10 europäische Städte die EU gebeten, ihnen bei der Bewältigung des Problems zu helfen, da diese Art von Unterkünften viele negative Auswirkungen hat. Planen Sie eine striktere Regelung? 

Die Hauptstadt hat Kompetenz für diejenige Wohnungen, die sie selbst besitzt, und die Anzahl von denen ist äußerst begrenzt. Insgesamt befinden sich 1.240 Mietwohnungen im Eigentum der Hauptstadt. In den meisten leben jetzt Rentner. Ich verstehe Ihre Frage, aber es handelt sich bei Airbnb’s um Wohnungen in Privatbesitz. Ich verstehe es nicht, dass sich gerade diejenige Menschen, die sich liberal und rhetorisch zum Schutz des Privateigentums bekennen, eine striktere Regelung fordern. Es ist schwer für mich vorzustellen, wie dies zu bewerkstelligen ist. Der Regelungsbedarf ist wirklich sichtbar. Ich bin jedoch nicht befugt, diesbezüglich spezifische Maßnahmen zu ergreifen.

Im Zusammenhang mit den kommunalen Mietwohnungen taucht gleich das Problem der Obdachlosigkeit auf. Sie haben versprochen, im Falle einer Wiederwahl, die Lösung dieser Frage im nächsten Zyklus zu beschleunigen. Hat die Gesetzesänderung gegen Obdachlosigkeit, die 2018 in Kraft getreten ist, die Erwartungen nicht erfüllt?

Wir haben inzwischen eine neue Obdachlosenregelung ausgearbeitet, die noch nicht in Kraft ist. Dieses Problem ist jedoch weitaus komplexer, als es vor der Öffentlichkeit erscheint. Derzeit werden mehr als 40% der Krisen- und mehr als 50% der Notunterkünfte von der Stadtverwaltung bereitgestellt.

Obdachlose werden gegen uns gehetzt, obwohl wir in den letzten 9 Jahren in Zusammenarbeit mit dem Innenminister einen erheblichen Teil der messbaren Parameter ihrer Fürsorge verbessert haben. 

Es ist nicht unerheblich zu erwähnen, dass alle Daten zu Obdachlosen unsicher sind und nur auf Schätzungen beruhen. Wir wissen nur sehr wenig über ihren gesundheitlichen und mentalen Zustand. Letztendlich wissen wir nichts über ihre Handlungsfähigkeit. Man muss einen Unterschied machen zwischen denjenigen, die die Nacht auf der Straße verbringen, die keinen ständigen Wohnsitz haben, oder die einen Wohnort haben, sich aber für einen obdachlosen Lebensstil entscheiden.

Ich betrachte die Frage der Obdachlosigkeit in erster Linie als ein soziales Thema. Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass die Budapester von uns und von mir selbst erwarten, die frequentierten Punkte der Stadt in Übereinstimmung mit ihren Funktionen zu betreiben.

Ich muss nicht nur die Obdachlosen vertreten, sondern auch die 1.780.000 Menschen, die hier in der Hauptstadt leben. 

Wenn Sie den Tourismus bereits erwähnt haben: es ist keine Touristenattraktion, die in einigen Fussgängerunterführungen der Stadt stattfindet.

Inwiefern unterscheidet sich diese neue Regelung von der alten?  Welche Probleme kann sie lösen?

Unsere Verordnung kann Gesetze nicht außer Kraft setzen. Die derzeitige Gesetzgebung ist etwas günstiger als die vorherige, aber immer noch nicht stark genug, um das Wesen des Problems lösen zu können. Meiner Meinung nach muss sich die Hauptstadt in erster Linie um diejenige kümmern, die in Budapest obdachlos geworden sind. Es ist unvorstellbar und unvorhersehbar, wann jemand sich entscheidet, von der anderen Ecke des Landes nach Budapest zu kommen, wo dann verschiedene sogenannte zivile Organisationen diese unglücklichen Menschen gegen uns hetzen und sie auffordern, eine Mietwohnung zu beantragen. Dies wäre unausführbar: Viele von ihnen sind arbeitsunfähig oder arbeitsunwillig, und in einer Mietwohnung zu leben ist mit unterschiedlichen Kosten verbundet.

Die einzige Lösung ist, die sogenannten klassischen Bedingungen der Obdachlosenpflege, die Geld erfordern; weiter zu verbessern.

Die frühere Privatisierung der Arbeiterheime verursachte das größte Problem. Jetzt erfordern solche Kandidaten den Bau von Miethäusern, wie beispielsweise der Bürgermeister von Zugló (XIV. Bezirk in Budapest), der noch 2016, 100 neue Wohnungen pro Jahr versprochen hat. Halten Sie fest! Es wurden keine gebaut, aber 70 der vorhandenen wurden verkauft. Wir haben die Stadt stabilisiert und die Entwicklungen sind auf einem verlässlichen Weg. Deshalb möchten wir weiterhin mehr Aufmerksamkeit und Geld für Obdachlosigkeit, Klimaschutz und die Entwicklung einer grünen Infrastruktur ausgeben.

Die Kommunalverwaltung von Budapest hat in den letzten Jahren eine 170-seitige Klimastrategie ausgearbeitet. Einer Studie zufolge wird Budapest in 30 Jahren aufgrund des Klimawandels so heiß wie Skopje sein. Ist es nicht ein bisschen utopisch zu sagen, dass Budapest mit dieser Strategie in 30 Jahren das Problem bewältigen kann? 

Diese Prophezeiung ist eine Hypothese. Klimaschutz ist wichtig, weil der Klimawandel ein existierendes Problem ist, aber manche neigen dazu, die Menschen aus Angst oder politischem Rausch zu erschrecken. Dies kann aber immerhin so gefährlich sein wie der Klimawandel selbst. Was in 30 Jahren passieren wird, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die Länder der Welt die wichtigsten internationalen Klimakonventionen einhalten werden. Dabei spielt Ungarn eine kaum messbare Rolle. Unsere Strategie steht sowohl im Einklang mit internationalen Konventionen als auch mit bestehenden ungarischen Standards. Wir begegnen in diesem Dokument allen großen Bedrohungen des Klimawandels: Hitzewellen, Hochwasserrisiken, Luftqualität, Ausbreitung von Allergenen, Wiederbelebung alter Krankheiten und Waldschäden. Die Strategie enthält 47 exakte Maßnahmen, die die wichtigsten Aktivitäten der Hauptstadt in den kommenden Jahren bestimmen werden.

In den letzten Wochen gab es einen „Zahlkampf“ darüber, wer mehr Bäume pflanzen oder fällen ließ in Budapest. Statistiken zeigen, dass es in der Tat mehr Bäume in der Hauptstadt gibt, als vor 2010, aber laut der Opposition ist Budapest nicht grüner geworden. Sie sagen, dass das Pflanzen der Bäume in vielen Fällen nicht professionell genug war.

Wir haben unterschiedliche Arbeitsbücher veröffentlicht, die sich speziell mit den Zusammenhängen von öffentlichen Versorgungsanlagen und Baumpflanzungen befassen. In einem 170-seitigen Dokument beschäftigen wir uns mit den Problemen einer Stadt an der Donau, und mit der Frage der Baumpflanzungen sowie mit der Frage der öffentlichen Parks. Wir haben 5,5 Milliarden Forint für diese schon bereitgestellt. Außerdem schreiben wir über die Möglichkeiten, überschüssiges Wasser zu speichern und vorhandene Wasseroberflächen zu schützen. Wir haben ein zielorientiertes, genaues Konzept erstellt.

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In Bezug auf den Zahlkampf: es lohnt sich nicht, mit Zahlen und Fakten zu streiten, und die Opposition tut genau das. 

Die offizielle, abgestempelte Erklärung der Főkert (die kommunale Gärtnerei von Budapest – Red.) zeigt, dass wir seit 2016, 10.000 Bäume gepflanzt haben. Tatsächlich haben wir auch in Zugló mehr Bäume gepflanzt als die Selbstverwaltung von Zugló selbst – und im Pillangó-Park wurden fast dreimal so viele Bäume gefällt, aber die Opposition schwieg tief und gibt vor, dies sei nicht geschehen.

Mit solch einer spekulativen, falschen und betrügerischen Haltung kann und will ich nichts tun. 

Die Zahlen sprechen für sich. Die Opposition vermisst auch die Klimastrategie, die schon vor 1,5 Jahren ausgearbeitet wurde. Aber diejenigen, die nie an Hauptversammlungen teilnehmen, wissen nicht einmal, dass es ein vorbereitetes Dokument gibt, und machen sogar den Fehler, uns darüber zur Rechenschaft zu ziehen.

Gibt es Pläne für eine Staugebühr und die Erhöhung der P + R-Parkmöglichkeiten in den nächsten fünf Jahren, wenn Sie wiedergewählt werden?

Wir wollen die Rate des Fahrradverkehrs auf 10% erhöhen. Wir haben 35 Kilometer Radwege gebaut und es ist eine Entwicklung für eine direkte Verbindung zu internationalen Radwegenetzen im Gange. Wir haben soweit viel mehr als alle anderen Stadtführungen unternommen, um den Fahrradverkehr zu verbessern. Ich denke nicht, dass meine Meinung, dass die Fahrradkultur den technischen Entwicklungen folgen muss, auf ein Anti-Fahrrad-Verhalten hinweisen würde. Kürzlich haben wir eine schriftliche Vereinbarung mit dem Radsportverband unterzeichnet, es gab keine solche Vereinbarung zuvor. Es gibt viele neue P + R-Parkmöglichkeiten in unseren Plänen und ihre Plätze wurden bereits festgelegt. Was den gesamten Autoverkehr betrifft, haben wir auch eine Vereinbarung mit dem ungarischen Auto-Klub. Und die

Staugebühr ist auch keine schlechte Maßnahme. Wenn wir irgendwann eine autofreie Innenstadt wollen, muss sie früher oder später eingeführt werden. 

Aber natürlich nicht mit einer dirigentenartigen Geste, was die Autogemeinschaft komplett lahmlegt. Die Proportionalität ist hier eine entscheidende Kraft.

Die Entwicklung des öffentlichen Verkehrs in der Hauptstadt gehört ebenfalls zu diesem Problem. Denken Sie, dass das Geld, das Sie von der Regierung für den öffentlichen Verkehr erhalten, ausreicht? Laut dem Wirtschaftsportal g7 ist die Summe in den letzten Jahren deutlich gesunken.

Seit 2011 hat das Verkehrsunternehmen BKK kein Betriebsdarlehen mehr und das Betriebsergebnis ist seit Jahren positiv. Darüber hinaus war unsere Flotte 2010 wahrscheinlich die am meisten vernachlässigte in Europa, und wir haben bereits einen großen Teil davon ersetzt. Heute sind 92% der Busse in Budapest für Rollstuhlfahrer zugänglich, und BKK verfügt auch über einen sogenannten Fahrgastzufriedenheitsindex, der ständig überwacht wird. 2013 war es nur 40%, jetzt schon 89%, was viel sagt. Die Stadt stellt mehr Ressourcen aus eigener Kraft und die Regierung etwas weniger zur Verfügung – ich möchte das ändern, und ich glaube, ich kann es erreichen. Auch die Kontrollbedingungen haben wir in den letzten Jahren dahingehend verbessert, dass die Einnahmen der BKK deutlich gestiegen sind, so dass es kein unüberschaubarer Mittelmangel besteht und die Ticketpreise in den letzten neun Jahren nur einmal um rund 7% gestiegen sind.

„Budapest stimmt im Oktober nicht über Viktor Orbán ab“ – das haben Sie in den letzten Wochen mehrmals  betont. Gleichzeitig haben Sie auch gesagt, dass die Opposition dank ihrer Kampagne alle Formen der Zusammenarbeit mit der Regierung abschneidet. Falls Sie nicht gewinnen, wird die Regierung die Hauptstadt bestrafen?

Ungeachtet die Umfragen – die zeigen, dass die Menschen eher mich unterstützen – würde ich nicht tippen. Ich habe noch nie getippt.

Die weisen Bürger von Budapest werden am 13. Oktober ihre Entscheidung treffen. Ich sage das ganz ernst und nicht ironisch. 

Es gibt verschiedene Szenarien, die man sich vorstellen kann, wenn Budapest einen oppositionellen Bürgermeister haben wird. Was die Opposition jetzt tut, ist Unsinn und lächerlich, weil sie die Popularitätsdaten der kleinsten Oppositionsparteien addiert, dies widerspricht allen Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Darüber hinaus spielt die Persönlichkeit der Kandidaten eine viel größere Rolle als bei den Parlamentswahlen. Auch ich habe diese Slogans gehört, dass die Regierung die Stadt bestrafen wird. Ich würde es nicht so formulieren. Wenn Sie sich in der Welt umschauen, diejenigen, die trotz der Streitigkeiten mit der Regierung des Landes zusammenarbeiten können und nicht daran arbeiten, alle Mittel der Zusammenarbeit zu beseitigen und zu zerstören, können erreichen, dass ihre Regierung ihrer Stadt erhebliche Hilfe leisten wird. Wenn jemand alle Brücken niederbrennt und sich feindselig, manchmal sogar diffamierend verhaltet, und gewöhnlich die Regierung angreift, mit einem solchen Bürgermeister werden alle Regierungen der Welt weniger freundlich sein. Die derzeitigen Kandidaten, insbesondere derjenige, von dem gesagt wird, dass er die relativ stärkste ist, hat bereits alle Brücken der Zusammenarbeit niedergebrannt.

Sie haben zu Beginn des Gesprächs erwähnt, dass Sie Sport treiben und sich körperlich fit fühlen. Welche Sportarten betreiben Sie? Falls Sie am 13. Oktober gewinnen, werden Sie weitere 5 Jahre Budapester Bürgermeister sein. Werden Sie die Energie dafür haben?

Ich habe in den letzten 15 Jahren viele verschiedene Sportarten betrieben, ich möchte sie nicht alle auflisten. Fußball, Handball und Gymnastik gehörten lange dazu. Übrigens denke ich, dass es hauptsächlich um die Genetik geht, wie viel Energie jemand hat, wie viel physische und mentale Kraft er hat und wie viel psychischen Stress er aushält.

Ich kann nicht sagen, dass ich ein Fatalist bin, weil ich ein Gottesgläubiger bin, und ich betrachte alles, was mit mir passiert, als eine Prüfung.

Im Moment geht es mir gut. Ich grauele mich vor den Kampagnen schon seit 20 Jahren, aber das ist nicht aus physischen oder psychischen Gründen, sondern es ist eher für meinen Magen nicht gut. Ich beherrsche die Situation seelisch relativ gut, obwohl die Wahrheit ist, dass die Kampagnen in Ungarn: der Hass, der hier vor sich geht, die ungehemmte Kommunikation, und die  Manipulationen, die beunruhigen mich sehr.

(Fotos und Beitragsbild: Zita Merényi)