Der von der scheidenden Europäischen Kommission vorgelegte Haushaltsvorschlag der Europäischen Union sei „unfair“, sagte Ministerpräsident Viktor Orbán am Dienstag in Prag. „Wir wollen Gerechtigkeit“, sagte er.
Nach dem Gipfeltreffen der „Freunde der Kohäsion„, das zusammen mit den Leitern der Visegrád-Fraktion stattfand, wies Orbán darauf hin, dass der in der Diskussion befindliche Vorschlag über den EU-Haushalt, zalhreiche Fehler enthielt. Orbán stellte fest, dass Änderungen erforderlich sind, bevor das Budget für fair erklärt werden kann.
„Was den Haushalt bzw. den Entwurf angeht, über den wir europaweit diskutieren, ist der Entwurf der jetzt scheidenden Kommission, also nicht jener der neuen Kommission, sondern noch der der alten, und er besitzt auch alle Fehler der scheidenden Kommission.
Das ist ein ungerechter Vorschlag, wir wollen aber Gerechtigkeit
Laut dem Premier müssen vier Dinge in diesem Haushalt geändert werden, damit er gerecht werde.
„Zunächst müssen wir das System der „rebates” abschaffen. Wenn Sie unter Beachtung der „rebates“ neu nachzählen, welcher Mitgliedsstaat wie viel im Vergleich zu seinem eigenen Bruttonationaleinkommen einzahlt, dann erhalten wir ein vollkommen ungerechtes Bild. Die zweite Sache, die unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit beachtet werden muss, ist, dass ein Großteil dessen, was die Mitteleuropäer als Quellen erhalten, an die Westler zurückgeht. Dies muss in der Vorlage erscheinen. Die dritte ungerechte Sache ist, dass sie die Kohäsion auf die Weise mindern wollen, nach der je ärmer jemand ist, desto mehr Geld nimmt man ihm weg, und je reicher jemand ist, desto weniger. Ja, es gibt sogar Reiche, die jetzt besser abschneiden, das ist ungerecht. Und schließlich: Damit dies gerecht werde, muss die Flexibilität erhöht werden. Die Vorlage, der Vorschlag der Kommission schreitet in die entgegengesetzte Richtung. Dieser Haushalt wird nicht flexibler, sondern immer starrer auf Grund der vielen Konditionalitäten.“
„Trotzdem sind wir optimistisch“, sagte er und fügte hinzu, dass „zum Glück“ zwei der Premierminister von den Visegrád-Staaten ehemalige Finanzminister sind.
Der Premierminister bestand darauf, dass das EU-Programm „Horizont für Forschung und Entwicklung“ besonders unfair sei, da 95 Prozent seiner Finanzierung in „alte“ Mitgliedstaaten fließen. Er sagte, „ein nationales Element“ sollte in dieser Hinsicht eingeführt werden.
Orbán sagte, die Situation sei in Bezug auf die Klimapolitik ähnlich. Damit die ungarische Wirtschaft bis 2050 klimaneutral wird, müssen jährlich 2,5 Prozent des BIP für Wirtschaftsreformen aufgewendet werden. Die Niederlande müssten 0,5 Prozent ausgeben, um das gleiche Ergebnis zu erzielen, sagte er und fügte hinzu, dass Ungarn bereit sei, sein 2050-Ziel zu erreichen. Dazu braucht das Land „Finanzierungsquellen“. In der Zwischenzeit äußerte sich Orbán zum Thema EU-Erweiterung, er sagte, er fühle sich enttäuscht darüber, dass die Gespräche mit Nordmakedonien und Albanien noch nicht begonnen hätten. Die Gespräche mit Serbien und Montenegro sollten beschleunigt werden, um die „schlechte Entscheidung“ zu erleichtern, keine Beitrittsverhandlungen mit den beiden ersteren aufzunehmen.
Die Gruppe der „Freunde der Kohäsion“ wurde 2005 auf Initiative Polens ins Leben gerufen, um die Interessen der Nettoempfängermitgliedstaaten zu vertreten und das Bewusstsein für relevante kohäsionspolitische Fragen zu schärfen sowie ihre Positionen zu koordinieren.
(Fotos und Beitragsbild: MTI – Zoltán Fischer)