"Uns ist egal, was die Leute im Westen und Osten denken" reagierte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó auf den neuesten Sanktionsvorschlag der EU.Weiterlesen
Der Vorschlag der Europäischen Union, die Importe von russischem Rohöl schrittweise einzustellen, sei „inakzeptabel“, sagte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag in seinem gewöhnlichen Interview mit dem staatlichen Kossuth Radio und bezeichnete den Sanktionsvorschalg der EU als „Abwurf einer Atombombe auf die ungarische Wirtschaft“. Außerdem wurde er über die neue Regierung befragt, deren Mitglieder und Kosntruktion voraussichtlich in einer Woche präsentiert werden.
In seinem gewöhnlichen Interview mit dem staatlichen Radiosender Kossuth Radio sagte der Premierminister, die EU-Mitgliedstaaten hätten sich früher darauf geeinigt, dass die Union nur Maßnahmen ergreifen solle, die die unterschiedlichen Energiemixe der Mitgliedstaaten und ihr souveränes Recht, darüber zu entscheiden, berücksichtigten. Die Präsidentin der Europäischen Kommission habe jedoch diese hart erkämpfte europäische Einheit „entweder gewollt oder ungewollt angegriffen“, fügte er hinzu.
Orbán sagte, der EU-Vorschlag, die russischen Ölimporte auslaufen zu lassen, käme einem „Abwurf einer Atombombe auf die ungarische Wirtschaft“ gleich und fügte hinzu, dass seine Zustimmung das Ende der Preisobergrenzen für Energie bedeuten würde. Die Benzinpreise könnten 700 Forint (1,80 Euro) pro Liter erreichen und Diesel könnte bis auf 800 Forint steigen.
„Der Kampf, den ich jetzt führe, ist ein Kampf zum Schutz der ungarischen Energiepreise“ sagte Orbán. Die Ersetzung russischer Ölimporte würde Jahre dauern und mehrere hundert Millionen Forint kosten, während Änderungen am ungarischen Energieübertragungssystem Tausende von Milliarden Forint kosten würden, sagte der Premierminister.
Die EU scheint also zu verlangen, dass Hunderte von Milliarden Forint für den Wiederaufbau einer Raffinerie ausgegeben werden, nach dem das Öl, das hierher kommt, teurer sein wird als jetzt
Der Ministerpräsident sagte, wenn wir einen Vorschlag sehen, der den ungarischen Interessen entspricht, sind wir gerne bereit zu verhandeln. Solange aber die ungarische Frage nicht geklärt sei, werde es kein ungarisches Ja geben, und die Vorschläge des Ausschusses seien derzeit aus ungarischer Sicht inakzeptabel.
Orbán erinnerte auch daran, dass die bisher verhängten Sanktionen den europäischen Volkswirtschaften mehr schaden als Russland.
Ich war bereit, den ersten fünf Sanktionspaketen gegen meine Überzeugung zuzustimmen, aber auch wenn es im Interesse Ungarns war, sie zu vermeiden, haben wir von Anfang an klar gemacht, dass es eine rote Linie geben würde, bei der wir nicht mit ihnen übereinstimmen können – das ist das Energieembargo
Es gibt noch ein weiteres Element, bei dem der Premierminister der Meinung ist, dass Ungarn, wenn nötig, bis zu einer offenen Debatte gehen muss. Dies ist das Element des sechsten Sanktionspakets, das darauf abzielt, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, in die Sanktionsliste aufzunehmen.
Der Ministerpräsident sagte, er habe auch ein Schreiben der orthodoxen Gemeinde und Gemeinschaft in Ungarn erhalten, in dem er gebeten wird, alles in seiner Macht stehende zu tun, dem entgegenzuwirken.
Dies berührt die Frage der Religionsfreiheit der Gemeinschaften in Ungarn, die unantastbar ist
Dies sei nicht Ungarns Krieg, betonte der Ministerpräsident erneut und fügte hinzu, dass es an Ungarn sei, zu entscheiden, wie es damit umgehen wolle.
Unsere Position ist der Frieden, und jeder Schritt, den die Regierung unternimmt, zielt darauf ab, einen Waffenstillstand zu erreichen und Friedensgespräche aufzunehmen. Ungarn muss sich aus diesem Krieg heraushalten. Ich bin nicht bereit, die Interessen der Amerikaner oder der Deutschen oder irgendeines europäischen Landes zu verfolgen, und sie auch nicht mit den Interessen Ungarns zu identifizieren, wenn dies den Interessen Ungarns zuwiderläuft.
Aber unser Herz, fuhr er fort, ist bei den Menschen, die leiden, und deshalb leisten wir die größte humanitäre Hilfe, die Ungarn je geleistet hat. In diesem Rahmen haben wir siebenhunderttausend Flüchtlinge aufgenommen, für die wir sorgen. Außerdem haben wir gerade eine Zusage über 37 Millionen Euro gemacht, die wir für ukrainische Flüchtlinge aktivieren werden.
Zur Regierungsbildung sagte der Ministerpräsident, dass man dabei versuche, die Herausforderungen und Bedrohungen der Zukunft vor Augen zu halten, denen wir gegenüberstehen.
Orbán erklärte, er wolle die Struktur der Regierung erheblich umgestalten und auch viele neue Personen in die Regierung aufnehmen. Orbán wird voraussichtlich am 16. Mai seinen Amtseid als Ministerpräsident ablegen und etwa sieben oder acht Tage später die Mitglieder seiner Regierung auf der nächsten Parlamentssitzung vorstellen können.
(Titelbild: MTI – Benko Vivien Cher)