Mit Blick auf die Visite von Papst Franziskus in der wichtigsten Pilgerstätte der ungarischen Katholiken in Siebenbürgen (Rumänien) machen linksorientierte Stimmen darauf aufmerksam, dass sich Ministerpräsident Viktor Orbán für einen Besuch in Madrid entschieden habe. Anstelle also am historischen Ereignis im östlichen Nachbarland teilzunehmen, sei Orbán lieber zum Finale der Champions League gereist. Ein konservativer Kommentator wiederum missbilligt Kritiker des Papstes aus dem rechten Lager. Presseschau von budapost.de.
Im Rahmen seines Rumänienbesuches feierte Papst Franziskus unter anderem eine Messe am wichtigsten Pilgerort der siebenbürgischen Magyaren. In seiner Rede vor schätzungsweise 100.000 Gläubigen forderte der Papst die Beendigung alter Konflikte zwischen den Völkern. Die Székler – überwiegend katholische Ungarn aus Nordsiebenbürgen – interpretieren den Besuch des Papstes als eine Geste der Wiedergutmachung für Diskriminierungen, derer sie sich in den letzten 100 Jahren ausgesetzt sahen. Ungarn war durch Präsident János Áder sowie den stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjén vertreten – beide Politiker sind Katholiken. Ministerpräsident Orbán, ein Kalvinist, hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass er nicht an der Messe im benachbarten Rumänien teilnehmen werde.
Auf 444 äußert sich Sándor Czinkóczy mit Ironie über die Abwesenheit Viktor Orbáns bei der unter freiem Himmel in Șumuleu Ciuc (ungarisch Csíksomlyó) zelebrierten Messe. Der ungarische Regierungschef – üblicherweise ein stolzer Beschützer des Christentums im In- und Ausland – habe es irgendwie für sinnvoll erachtet, sich nicht an der Großveranstaltung zu beteiligen. Vielmehr habe er dafür gesorgt, dass er ein weiteres Ereignis mit Kultstatus am selben Tag nicht versäumen werde: das Finale der UEFA Champions League. Die Äußerungen Czinkóczys wurden von einer Reihe anderer linker und liberaler Medien übernommen, darunter HVG und Magyar Narancs.
Auf Mandiner empört sich Kristóf Trombitás über Kollegen aus dem rechtsorientierten Lager, die soziale Medien mit ihren papstkritischen Postings überschwemmt haben. (In ihnen wird der Pontifex wegen seiner Forderung nach Menschlichkeit gegenüber vor Krieg und Elend fliehenden Migranten diffamiert – Anm. d. Red.) Er selbst, so bekennt Trombitás, sei ebenfalls in verschiedenen Fragen nicht mit dem Papst einverstanden, darunter dem Wohlwollen, das Franziskus wiederverheirateten Paaren entgegenbringe. Dennoch könne er nachvollziehen, dass der Papst von Gefühlen der Liebe bewegt werde, also dem zentralen Vermächtnis Jesu an alle Christen. Trombitás warnt die nichts vom Glauben wissenden sporadischen Kirchgänger davor, dem Papst respektlos zu begegnen.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)