Ein regierungsfreundlicher Kommentator bezichtigt die eine gemeinsame Europawahlplattform erwägenden Oppositionsparteien, sie würden „ausländischen Interessen“ dienen. Sein linksorientierter Kollege dagegen begrüßt den Bündnis-Vorschlag und stellt klar, dass die Linke mit Jobbik werde zusammenarbeiten müssen, um den Fidesz zu besiegen und die Demokratie wiederherzustellen. Ein liberaler Kolumnist hält dagegen die Kooperation zwischen den oppositionellen Kräften für kontraproduktiv. Eine Presseschau von budapost.de.
Für Ervin Nagy von Magyar Hírlap mutet es eigenartig an, dass einige der Oppositionsparteien ernsthaft eine gemeinsame Kandidatur bei den Wahlen zum Europaparlament in Betracht ziehen (siehe BudaPost vom 9. Januar). Der regierungsnahe Journalist vermutet, dass die Zusammenarbeit von linken Parteien mit Jobbik-Partei und von George Soros finanzierten NGOs „ausländischen Interessen“ diene. Die Opposition verfüge über kein glaubwürdiges politisches Programm, werde jedoch von ihrem Hass auf die Regierung motiviert. Weiter schreibt Nagy: Die Opposition sei zur Erlangung der Macht bereit, gegen grundlegende demokratische Normen zu verstoßen. Dessen ungeachtet gib sich Nagy zuversichtlich, dass es ihr nicht gelingen werde, genug Unterstützung zu mobilisieren. Mit Blick auf die umfassenderen Konsequenzen bedauert der Autor die zunehmende Polarisierung der politischen Landschaft Ungarns. Wie in Westeuropa und Nordamerika werde das politische Angebot von zwei gegensätzlichen Gruppierungen dominiert. Dieses Übergewicht ersetze die vielgestaltige politische Szene, die seit der Wende 1990 in Ungarn vorgeherrscht habe. Während ein aus faktisch zwei Parteien bestehendes Blocksystem die Demokratie nicht untergrabe, bleibe in Ungarn unklar, für welche politischen Werte die gegnerischen Lager stehen würden, beklagt Nagy abschließend.
Róbert Friss begrüßt das, was sich für ihn als pragmatische Zusammenarbeit der Opposition darstellt. Der linke Kolumnist von der Tageszeitung Népszava legt nahe, dass nur eine gemeinsame Opposition die Regierung besiegen könne. Hoffentlich werde die Kooperation innerhalb der Opposition bis zu den nächsten Parlamentswahlen weitergehen. Und sobald die Opposition den Fidesz besiegt haben werde, könne die Linke dann auch Jobbik herausfordern, schreibt Friss.
Auf der Nachrichtenplattform 444 warnt László Szily vor der gemeinsamen Oppositionsplattform. Der liberale Kommentator weist darauf hin, dass eine gemeinsame Parteiliste der Opposition bei den Europawahlen nur marginale Vorteile bescheren würde. Gewiss, die Niederlage des Fidesz beim bevorstehenden Urnengang wäre ein wichtiger symbolischer Sieg für die gemeinsame Opposition, dennoch hält Szily es für unwahrscheinlich, dass eine so breit angelegte Koalition der Oppositionsparteien bis zur Parlamentswahl 2022 halten könnte. Darüber hinaus argwöhnt Szily, dass die Kooperation der Opposition dem Fidesz bei der Mobilisierung seiner Anhängerschaft helfen könnte.