Analysten aus dem linken Spektrum deuten den sieben Punkte umfassenden „Familienschutzplan“ des Ministerpräsidenten als Versuch, die politische Initiative wieder an sich zu reißen. Für einen regierungsfreundlichen Experten stellt er hingegen ein neues Paradigma dar – und das nicht nur in Ungarn. Eine Presseschau von budapost.de.
Ákos Zoltai schreibt in Népszava, dass die von Ministerpräsident Orbán in seiner Rede zur Lage der Nation am Sonntag angekündigten Maßnahmen das Hauptpropagandathema bis zu den 2022 angesetzten Parlamentswahlen sein dürften. Zoltai führt die Ansichten dreier politischer Analysten an, wonach die Regierung das Projekt ins Leben gerufen habe, um auf den Popularitätsverlust zu reagieren, den sie im Zuge der Verabschiedung des umstrittenen Überstundengesetzes erlitten habe. (Künftig sind jährlich bis zu 400 Überstunden statt der bisher gestatteten 250 erlaubt – Anm. d. Red.) Einer der Experten erinnert laut Zoltai daran, dass die Regierung während ihrer ersten Legislaturperiode Senkungen der Versorgertarife als Haupt-PR-Thema auserwählt habe, in der zweiten Legislatur wiederum sei es die Migration gewesen, um die herum sie ihre Botschaften gesponnen habe. Nun wiederum seien Familien und die Geburtenrate der Gegenstand, mit dem Viktor Orbán seine Chancen bei der Europawahl und dann für den Rest seiner Amtszeit verbessern wolle.
Der Politikwissenschaftler Tamás Fricz interpretiert den Plan des Ministerpräsidenten in Magyar Nemzet als „Botschaft an die Globalisten dieser Welt und in Brüssel, dass ihr Projekt nicht das einzige im Angebot ist“. Die Globalisten, so Fricz, wollten die Welt selbst regieren und strebten daher danach, supranationale politische Strukturen zu bilden. Ungarn sei dagegen an einer europäischen Integration auf Basis souveräner Staaten interessiert. Der globalistische Ansatz benötige Bevölkerungen, die ihres nationalen Charakters beraubt seien und daher die Massenimmigration aus anderen Kulturen befürworten würden. Ungarn hingegen ziele darauf ab, die Geburtenraten zur Bewahrung seines Nationalcharakters zu steigern, argumentiert Fricz.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI)