Ein regierungsfreundlicher Kolumnist interpretiert die Washington-Visite von Ministerpräsident Viktor Orbán als großen diplomatischen Erfolg für Ungarn. Ein Autor des linken Spektrums wiederum meint, das Treffen habe keine echte Bedeutung geabt. Nach Ansicht eines marxistischen Philosophen braucht US-Präsident Donald Trump den ungarischenMinisterpräsidenten zur Schwächung der Europäischen Union. Ungarische Presseschau von budapost.de.
Der Besuch von Ministpräsident Viktor Orbán im Weißen Haus sei ein Meilenstein in den ungarisch-amerikanischen Beziehungen, frohloct Tamás Ulicza in Magyar Hírlap. Der regierungsnahe Kommentator erinnert daran, dass Mitteleuropa unter Präsident Obama auf der diplomatischen Landkarte der USA nicht verzeichnet sowie die Demokratische Partei vor allem gegenüber der rechtsorientierten Regierung Ungarns feindselig eingestellt gewesen sei. Die Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten durch den US-Präsidenten sei ein Beweis dafür, dass Washington Ungarn nicht länger ignoriere. Gewiss, die Vereinigten Staaten räumten ihren geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen Vorrang ein und wollten Ungarn Waffen verkaufen. Dessen ungeachtet sei sich Präsident Trump aber auch bewusst, dass er Ungarn sowohl politisch als auch wirtschaftlich etwas bieten müsse, wolle er seine Ziele erreichen und das Geschäft abschließen. Sowohl Orbán als auch Trump befürworteten einen Stopp der illegalen Migration sowie Hilfe für verfolgte Christen, notiert Ulicza. Eine solche gemeinsame Ideologie sei bei der Verbesserung diplomatischer Beziehungen nützlich, notiert der Kommentator.
In Népszava bezweifelt Charles Gati hingegen, dass Trump und Orbán wichtige Vereinbarungen geschlossen haben. Trump habe den ungarischen Regierungschef auf Bitten des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eingeladen, glaubt der liberale ungarisch-amerikanische Experte. Ungeachtet ihrer „gemeinsamen nationalistischen migrationskritischen Ideologie“ sei Orbán für Trump uninteressant. Folglich habe ihr Treffen keine wirkliche Bedeutung. Nach Ansicht Gatis hat Trump bereits die Präsidentschaftswahl 2020 sowie wirtschaftliche Fragen im Hinterkopf. Orbán dagegen beschäftige sich mit „seiner aussichtslosen Lage auf der politischen Bühne Europas“ – ein Resultat seines Streits mit der EVP.
Gáspár Miklós Tamás warnt davor, die Bedeutung der Washington-Visite Orbáns herunterzuspielen. Die Einladung an den ungarischen Ministerpräsidenten sei ein heftiger Schlag für das linksliberale außenpolitische Establishment, das versucht habe, Orbán zu marginalisieren sowie mit der Behauptung zu diffamieren, er verletze demokratische Werte und missachte Grundrechte, so der marxistische Philosoph in Heti Világgazdaság. Tamás spekuliert, dass US-Präsident Trump eine neue globale Ordnung schaffen und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene schwächen wolle. Insofern gelte der ungarische Ministerpräsident als strategischer Verbündeter, da Orbán „ein offen rechtsextremer Ministerpräsident ist, der die Freiheit ausgemerzt hat und die Hegemonie einer postfaschistischen Weltanschauung etabliert“. Weiter schreibt Tamás, dass die „faschistische Rechte“, zu der er Ministerpräsident Orbán zählt, „die fortschrittliche, egalitäre und humanitäre“ EU zerstören wolle. Daher sei die Zusammenarbeit zwischen US-Präsident Trump und Ministerpräsident Orbán „eine weitere faschistoide Kriegserklärung an Europa“.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)