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Trotz Impfungen, mehr Krankenhauspatienten als im letzten September – Warum?

Ungarn Heute 2021.09.10.

In den offiziellen Covid-Statistiken der Regierung sind merkwürdige Daten aufgetaucht, die sich bisher niemand erklären konnte, berichtet die regierungskritische Népszava. Der Zeitung zufolge waren in den letzten Tagen mehr oder fast so viele Menschen wegen des Coronavirus im Krankenhaus und wurden sogar beatmet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Laut Experten kann man davon noch keine Schlußfolgerung ziehen. Inzwischen steigen die Zahlen sowohl in Deutschland als auch in Österreich steil an. Die WHO untersucht währenddessen eine neue Virusvariante. 

Die Zeitschrift Népszava hat kürzlich Corona-Daten aus den Jahren 2020 und 2021 miteinander verglichen. Demnach meldete das Regierungsportal am Dienstag dieser Woche 210 Krankenhauspatieneten von denen 24 maschinell beatmet werden mussten. Zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr wurden „nur“ 164 Patienten mit dem Coronavirus behandelt, von denen 11 an ein Beatmungsgerät angeschlossen waren. Am Mittwoch befanden sich 215 Personen im Krankenhaus, 26 davon wurden beatmet. Am 9. September 2020: 221 Patienten wurden im Krankenhaus mit Corona behandelt, davon wurden 13 beatmet.

Die Zeitung suchte das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium sowie den operative Stab auf, und wollten den möglichen Hintergrund der Daten erfahren. In ihrer Antwort betonten die Behörden die Bedeutung der Impfung, erläuterten aber die möglichen Hintergründe für die Daten nicht und schrieben auch nichts darüber, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können. Die Zeitung befragte daher Virologen zu diesem Thema.

Tatsächlich ist die Zahl der hospitalisierten und beatmeten Personen in der vergangenen Woche schneller gestiegen als die Zahl der Corona-Fälle, obwohl das Gegenteil der Fall sein sollte

so ein Experte gegenüber der Zeitung.

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Der Anonyme Virologe fügte hinzu, dass obwohl das Phänomen höchst ungewöhnlich ist, würden mehr als die Daten einer Woche benötigt, um etwas davon konkludieren zu können.

Ein anderer Experte wies darauf hin, dass es fast unmöglich ist, den gleichen Zeitraum im letzten Jahr und in diesem Jahr zu vergleichen, da die Delta-Variante auf völlig andere Weise ins Land kam als die letzte Herbstwelle. Erst nach dem Ablauf der vierten Welle wird es sinnvoll sein, die beiden Zeiträume miteinander zu vergleichen“, sagte er.

Nach Ansicht der Infektiologin Erzsébet Pusztai lassen sich anhand internationaler Beispiele derzeit zwei Dinge mit Sicherheit feststellen. Erstens:

Während beim „Basisvirus“ eine infizierte Person die Krankheit auf drei andere übertrug, sind es bei der Delta-Variante sechs bis acht, und deshalb sollten wir die Schutzmaßnahmen viel ernster nehmen. Andererseits wissen wir aus internationalen Beispielen, dass eine ungeimpfte Person, die sich mit dem Virus ansteckt, mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit schwere Atemwegssymptome hat als eine geimpfte Person

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Auch Ferenc Falus, ehemaliger Landesamtsarzt, findet die steigenden Corona-Zahlen nicht überraschend, denn nach seinen Berechnungen sind derzeit etwa fünf Millionen Menschen in Ungarn ungeschützt gegen das Virus, das sogar viel ansteckender ist als die früheren Varianten. Falus fügt hinzu: die Hälfte der halben Million Menschen, die zuvor den Synopharm-Impfstoff erhalten haben, sind ebenso ungeschützt, und dies gilt auch für diejenigen, die Anfang dieses Jahres bis etwa Februar mit dem Pfizer-Impfstoff geimpft wurden. Es ist auch schwierig, sich darüber im Klaren zu sein, dass wegen des Mangels an zentralen Tests immer mehr Menschen einen „Apothekentest“ (Schnelltest) machen, aber die Ergebnisse nicht melden.

Wie sieht es in Deutschland und in Österreich aus? 

Laut Gesundheitsexperten in Berlin handelt es sich in Deutschland um eine „Pandemie der Ungeimpften“. Unter den Nicht-Geimpften sind die Inzidenzen hoch und vor allem diese Gruppe muss stationär in den Krankenhäusern behandelt werden, dies bestätigte kürzlich auch der Gesundheitsminister Jens Spahn. Grund dafür ist nach Angaben des Robert Koch-Instituts hauptsächlich die hochansteckende Delta-Variante.

Intensivstationen in Deutschland behandeln derzeit 1.404 COVID-19-Patientinnen und Patienten (Stand: 3. September). Davon müssen 743 Patienten beatmet werden. Insgesamt sind 25.381 Intensivbetten in Deutschland betriebsbereit, davon sind 15,4 Prozent noch frei.

Österreich meldet erstmals seit April über 2.000 Neuinfektionen

Von Dienstag auf Mittwoch wurden in Österreich 2.268 neue Corona-Infektionen registriert. Im Vergleich zur Vorwoche (1.848 Fälle) sind das 420 Fälle mehr. Das ist ein Rekord seit dem April 2021. Das Land meldete drei neue Todesfälle. Wien ist immer noch für die Massentests. Wahrscheinlich liegt die hohe Zahl der Neuinfektionen unter anderem auch darin. An einem einzigen Tag wurden insgesamt 123.532 PCR-Tests durchgeführt, die Positivrate beträgt 1,84 Prozent. Kanzler Kurz hat demnach wieder strengere Corona-Maßnahmen angekündigt.

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Mu-Variante – das neue dominante Coronavirus? 

Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die aus Kolumbien stammende „Mu-Variante“ des Coronavirus in die Liste der Varianten unter Beobachtung aufgenommen. Die Experten vermuten ein Potenzial darin, sich als dominanter Virusstamm durchzusetzen. Mu war nach Angaben von kolumbianischen Wissenschaftlern Anfang Juli für 69 Prozent der Infektionen verantwortlich.

(Via: Népszava, morgenpost.de, kurier.at, Titelbild: MTI – Attila Balázs)