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Ursula von der Leyens Wiederwahl hat in Ungarn erwartungsgemäß geteilte Reaktionen hervorgerufen: Begeisterte Zustimmung gab es nur im linken Teil des politischen Spektrums. Enttäuschung und Sorge um die Zukunft der Europäischen Union kennzeichnen die Stellungnahmen der regierungsnahen Politiker und der rechten Opposition.

„Im Westen nichts Neues“ postet zunächst gewollt lakonisch Viktor Orbáns politischer Direktor, Balázs Orbán, um dann keinen Hehl aus seiner Enttäuschung zu machen: „Wer inkompetent ist, Europa Krieg und wirtschaftlichen Niedergang beschert, wird mit der Wiederwahl belohnt. Dies könnte die seltsamste europäische Gleichung sein“.

Zoltán Kovács, als Staatssekretär für internationale Kommunikation und Beziehungen Sprachrohr der Regierung nach Außen, übt sich in Zurückhaltung und weist in seinem Facebook-Post darauf hin, dass 51 % der Ungarn laut einer Umfrage des Nézőpont-Instituts die Wiederwahl der Kommissionspräsidentin nicht unterstütze.

Wesentlich wortreicher ist die Fidesz-Europaabgeordenete und erste Vizepräsidentin der Fraktion Patrioten für Europa. Sie listet die „Fehlentscheidungen der letzten 5 Jahre“ akribisch auf, die dazu geführt haben, dass Europa gegenwärtig schwächer ist als vor dem ersten Amtsantritt von der Leyens.

Der Chef der Fidesz-Delegation im EP, Tamás Deutsch, erklärte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Straßburg, dass Ursula von der Leyen einen politischen Deal mit der Kriegsbefürworter-Mehrheit im Europäischen Parlament gemacht habe, um als Präsidentin der Europäischen Kommission wiedergewählt zu werden und wies darauf hin, dass dieser Deal einen extremen Angriff auf Viktor Orbáns Friedensmission beinhaltete.

Tamás Deutsch. Foto: MTI/Purger Tamás

Wie ihre vorhin zitierte Fraktionskollegin, hebt auch Enikő Győri die aktuelle Schwäche Europas hervor. Die Wiederwahl verdanke Ursula von der Leyen den Linken, denen die Kommissionspräsidentin wie bisher in allen Bereichen entgegenkommen werde. „Die Lektion von heute: Es ist der Hass auf Viktor Orbán, der die Brüsseler Eliten zusammenhält“, stellt die Europaabgeordnete nüchtern fest.

Auch Ernő Schaller-Baross, MdEP der gleichen Fraktion, macht sich im Bezug auf das zweite Mandat der deutschen Politikerin nichts vor, da dieses im Zeichen eines „Deals“ mit den Linken beginnt, der auch die Zusammensetzung der nächsten Kommission beeinflussen wird.

Barna Pál Zsigmond, Staatssekretär im Ministerium für EU-Angelegenheiten, betont die Kontinuität in der Amtsführung von der Leyens, die nichts Gutes verheißt: Die grandios gescheiterten „Projekte“ (Krieg, Migrationspakt, Green Deal) sollen fortgeführt werden. Anlass zur berechtigten Sorge gibt auch die Ankündigung der Neugewählten, die Föderalisierung der Union weiter vertiefen zu wollen, nicht zuletzt durch eine Überarbeitung der EU-Verträge.

Der einzige Europaabgeordnete der mitregierenden KDNP, György Hölvényi, stellt diplomatisch fest, dass die Wiederwahl „die Chance auf eine normale europäische Zusammenarbeit“ erschwere.

Zsuzsanna Borvendég, die Europaabgeordnete der oppositionellen nationalistischen „Bewegung Unsere Heimat“, konnte sich unmittelbar vor der Wahl eine ironische Wortwahl nicht verkneifen: „In der Einleitung zu ihrer Rede vergoss Ursula von der Leyen Tränen für Selenskyj und kämpfte für ein geeintes Europa. Dann hatte sie natürlich Angst vor dem Extremismus“ und postete nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses: „Es lag nicht an uns“.

Péter Magyar, der in jüngster Zeit eher durch seine Eskapaden im Budapester Nachtleben als durch den Einsatz für die prekäre Personallage seiner neu gegründeten Tisza-Partei (Mitglied der EVP-Fraktion) in Erscheinung trat, wurde die seltene Ehre zuteil noch während der Abstimmung über ihr Wahlprogramm von Ursula von der Leyen empfangen zu werden. Er lud die Kommissionspräsidentin „in spe“ in sein Land ein, „um mit den Ungarn zu reden“ und äußerte seine Hoffnung, dass ein persönlicher Besuch ihr die Möglichkeit böte, „die Lügen der Fidesz-Propaganda über sie zu widerlegen“.

Die Europaabgeordnete der geschrumpften linken EP-Gruppe DK-MSZP-Dialog, Klára Dobrev, ätzte in gewohnter Manier gegen ihren Lieblingsfeind Viktor Orbán und äußerte ihre Schadenfreude darüber, dass die „Rückeroberung Brüssels“ gescheitert sei und die Brandmauer gegen die rechten Fraktionen offensichtlich gut funktioniere. Freudig gestimmt habe sie auch die Philippika der deutschen Politikerin gegen die Friedensmission des ungarischen Ministerpräsidenten. Zum Schluss spendete Klára Dobrev der alt-neuen Kommissionspräsidentin reichlich Weihrauch: „In von der Leyens Programm ging es um ein starkes, sicheres, soziales und nachhaltiges Europa“ und versicherte ihr die Zusammenarbeit der ungarischen Linken.

Ein Wandel in der europäischen Politik werde durch nationale Wahlen erfolgen, so Viktor Orbán
Ein Wandel in der europäischen Politik werde durch nationale Wahlen erfolgen, so Viktor Orbán

Der Ministerpräsident in der Sendung "Guten Morgen, Ungarn" von Radio Kossuth über die Wiederwahl von Ursula von der Leyen.Weiterlesen

Beitragsbild: European Parliament Facebook