Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch in seiner Grundsatzrede für weitreichende institutionelle Reformen in der Europäischen Union geworben. Juncker hatte den Willen der Brüsseler Bürokraten zum Ausdruck gebracht, ihren Einfluss auf die Mitgliedsstaaten auszuweiten. Seine Vorschläge wurden in Ungarn von einem konservativen Kommentator verurteilt. Ungarische Presseschau von budapost.de:
In Magyar Idők unterzieht János Csontos das Reformpaket Junckers einer kritischen Prüfung. Dabei kann der Kommentator unter den Vorschlägen des Luxemburgers für eine Reform der EU-Institutionen kein einziges Element erkennen, dem er zustimmen würde. Sollte etwa der für Finanzen zuständige EU-Kommissar zum Chef der Eurozone erklärt werden, würde dies auf eine Herrschaft der Kommission über die Mitgliedsstaaten hinauslaufen. Eine Stimmabgabe zugunsten von europäischen Parteilisten würde bedeuten, dass den ungarischen Ministerpräsidenten Orbán wählende Personen auch Frau Merkel und Herrn Juncker als Mitglieder der Europäischen Volkspartei unterstützen müssten, bemängelt Csontos.
Weiterhin verwahrt sich der Autor gegen die von Juncker umrissene Art von Solidarität, denn sie bedeute das Aufoktroyieren einer multiethnischen Gesellschaft auf diejenigen Mitgliedsländer, die eine solche gar nicht einrichten wollten. Schließlich würde die Fusion der Ämter des Kommissionspräsidenten und des Präsidenten des Europäischen Rates ein Ende der Kontrolle der Mitgliedsstaaten über den Brüsseler Apparat bedeuten. Kritisch sei dies vor allem, weil Juncker das Spektrum zentraler Themenbereiche ausweiten wolle, angefangen bei der Außenpolitik, wo zur Beschlussfassung keine Einstimmigkeit erforderlich sei. „Jemand, der sich mit der Infragestellung seiner Legitimität herumschlägt, sollte sich nicht mit weitreichenden Reformprojekten befassen“, empfiehlt Csontos abschließend.
via budapost.de, Foto: MTI/AP/Jean-Francois Badias