Der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán reiste nach Wien, wo er am Dienstag u.a. den neuen österreichischen Bundeskanzler, Sebastian Kurz (ÖVP) und den Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) traf. Nach Einschätzung regierungsnaher Kommentatoren hat Ungarn in der neuen österreichischen Regierung bei seiner Auseinandersetzung mit Brüssel einen wertvollen Verbündeten gewonnen. Ein linksliberaler Blogger dagegen glaubt, dass der Ministerpräsident angesichts der von Wien geplanten Kürzung von Familienbeihilfen die davon betroffenen ungarischen Gastarbeiter im Stich lassen werde. Ungarische Presseschau von budapost.de:
Auf Pesti Srácok beschreibt Hunor Hoppál sowohl Regierungschef Orbán als auch den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz als Vorreiter nationaler Souveränität in Europa. Der Autor interpretiert ihr Treffen in Wien vom Dienstag als Hinweis darauf, dass Regierungen den Volkswillen nicht auf Dauer ignorieren könnten. „Das Zeitalter einer zwanghaften Anpassung an die Brüsseler Elite ist vorbei“, schreibt Hoppál und resümiert: „Die Zukunft gehört den Politikern, die im Interesse des Volkes handeln“.
Mariann Őry von Magyar Hírlap betrachtet es als eine besondere Neuigkeit, dass Orbán in Sachen illegale Einwanderung in Sebastian Kurz einen neuen und wichtigen Verbündeten gefunden habe. Sie räumt ein, dass beide Regierungschefs bei bestimmten Themen wie der Nutzung von Kernkraftwerken oder der geplanten Kürzung von Familienbeihilfen für in Österreich tätige Ausländer, deren Kinder aber im Ausland (also meist in ihren Heimatländern) leben würden, nicht einer Meinung seien. Dennoch ist es für Őry ermutigend, dass Kurz Erwartungen hinsichtlich einer politischen Korrektheit gegenüber ziemlich hartleibig eingestellt sei und sein Koalitionspartner von der Freiheitlichen Partei sich sowieso nie daran gehalten habe.
Im Gegensatz dazu wirft Gáspár Papp von Mérce der Regierung vor, sie habe gar nicht die Absicht, die in Österreich arbeitenden und von einer geplanten Senkung der Sozialausgaben für ausländische Arbeitnehmer betroffenen Ungarn zu schützen. Papp vermutet, dass Orbán als Gegenleistung für eine Unterstützung in Einwanderungsfragen auf ein Engagement zugunsten der Interessen seiner in Österreich arbeitenden Landsleute verzichten werde. (Vor Pressevertretern hatte Orbán seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Meinungsverschiedenheiten in Sachen Atomkraftwerke und Familienzulagen für ausländische Arbeitnehmer die guten Beziehungen zwischen den beiden Regierungen nicht beeinträchtigen würden. Die Sozialproblematik, so Orbán, müsse auf europäischer Ebene angegangen werden.)
via budapost.de, Foto: Szilárd Koszticsák – MTI