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Ungarische Symbolfigur des antikommunistischen Widerstands bleibt eine Herausforderung für rumänische Nationalisten

MTI - Ungarn Heute 2022.10.18.

Das Bukarester Berufungsgericht hat zum zweiten Mal den Antrag von László Tőkés auf Annullierung des Präsidialdekrets zur Aberkennung des vom rumänischen Staat verliehenen Ordens abgelehnt, wie aus dem am Montag auf der Website des Gerichts veröffentlichten Protokoll der Entscheidung hervorgeht.

Das Gericht bestätigte die Unzulässigkeit der Klage. Előd Kincses, der Anwalt von László Tőkés, erklärte gegenüber der ungarischen Nachrichtenagentur MTI, dass das Gericht diesmal festgestellt habe, dass es nicht befugt sei, das Präsidialdekret zur Aberkennung des Stern-Rumäniens-Ordens zu prüfen.

Der Anwalt findet das Urteil seltsam, weil dasselbe Berufungsgericht den Fall bereits einmal geprüft und entschieden hat, der Oberste Kassations- und Gerichtshof Rumäniens dieses Urteil jedoch nicht akzeptierte und den Fall an die erste Instanz zurückverwies und das Berufungsgericht aufforderte, ihn erneut zu prüfen.

„Das bedeutet, dass die Entscheidung des Obersten Kassations- und Gerichtshofs nicht umgesetzt wurde“, so der Anwalt.

Er fügte hinzu, dass er den Fall wieder an die erste Instanz zurückschicken werde, wenn der Oberste Kassations- und Gerichtshof konsequent sei.

Nach Angaben des Anwalts versucht die rumänische Justiz, den Fall zu verschleppen. Sie warten das Ende der Amtszeit von Klaus Iohannis ab, bevor sie ein Urteil fällen, das für den Staatschef sicherlich ungünstig ausfallen wird.

Fact

László Tőkés (1952-), ethnischer Ungar aus Rumänien, reformierter Pfarrer, wurde 1988-1989 wegen seiner kritischen Äußerungen über den Zustand seiner Kirche und die Zerstörung der Dörfer in Rumänien ständig schikaniert.

1989 wurde er von den staatlichen und kirchlichen Behörden verklagt, seiner Kanzel beraubt und verbannt. Die rumänische Revolution wurde durch eine Bewegung von Gläubigen und ihren Anhängern in Temeswar (Timișoara)  mit ausgelöst, die sich gegen seine Zwangsräumung zur Wehr setzten.

Nach der Wende wurde er zum reformierten Bischof gewählt und bekleidete später verschiedene politische Ämter, u. a. war er Vizepräsident des Europaparlaments (2010-2012). Stets trat er für die Rechte der ungarischen Minderheit in Rumänien ein, was ihm die Feindschaft nationalistischer Kreise brachte.

Am 20. Jahrestag der Revolution wurde László Tőkés von Präsident Traian Băsescu für seine Rolle bei der Temeswarer Revolution von 1989, die zum Sturz der Ceaușescu-Diktatur führte, mit dem Orden des Sterns von Rumänien im Rang eines Ritters ausgezeichnet. Die Verleihung wurde jedoch im März 2016 von Klaus Iohannis widerrufen. Die Aberkennung der Verleihung wurde 2013 von Ministerpräsident Victor Ponta initiiert, nachdem László Tőkés in einer Rede in Tusnádfürdő (Băile Tușnad) gesagt hatte, dass Ungarn einen Schutzstatus über die Ungarn in Siebenbürgen annehmen sollte, wie es Österreich in Bezug auf die deutsche Gemeinschaft in Südtirol (Italien) getan hat.

Die damals anwesenden rumänischen Journalisten, übersetzten – absichtlich oder unabsichtlich, das ist bis heute unbekannt – „Schutzstatus“ (in Bezug auf das Verhältnis zwischen Österreich und Südtirol wird heute noch der Begriff „Schutzmacht“ verwendet)  mit dem kolonialen Begriff „protectorat“ anstelle des korrekten Begriffs „stat garant“, was für Unmut in der rumänischen Öffentlichkeit gesorgt hat.

Die Aberkennung des Staatsordens durch den rumänischen Präsidenten Iohannis kann als Geste des Staatsoberhauptes gegenüber den Nationalisten gesehen werden.

Nach Ansicht des Anwalts ist das Präsidialdekret eindeutig rechtswidrig, da das Gesetz über Verdienstorden eine Rücknahme nur in zwei Fällen zulässt, was in diesem Fall nicht zutrifft. Der Verdienstorden muss entzogen werden, wenn die betreffende Person zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird oder wenn sie Handlungen begeht, die einer Anerkennung ihrer Verdienste nicht würdig sind.

László Tőkés wurde der Verdienstorden nicht wegen seiner Taten, sondern wegen seiner Meinungsäußerung entzogen,

aber das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in der Verfassung garantiert.

László Tőkés mit der Urkunde über die Verleihung des Ordens. Foto: Pressestelle von László Tőkés Facebook

 

Via MTI Beitragsbild: Tőkés László Sajtóirodája Facebook