Trotz seiner Ablehnung hat Ungarn beschlossen, die Richtlinie der Europäischen Union über den vorübergehenden Schutz für ukrainische Flüchtlinge zu unterstützen, die aus ihrem Land fliehen. Kanzleramtsminister Gergely Gulyás hatte wenige Stunden vor der Entscheidung des Rates angekündigt, dass Ungarn, ebenso wie die Länder der Visegrád-Gruppe, die Maßnahme nicht unterstützen wird.
Auf seiner Pressekonferenz am Donnerstag erklärte Kanzleramtsminister Gergely Gulyás, dass weder Ungarn noch seine V4-Partner die Richtlinie unterstützen. Er wies darauf hin, dass sie sich nicht auf Flüchtlinge mit doppelter ungarischer und ukrainischer Staatsbürgerschaft erstreckt.
Gulyás fügte später hinzu, dass ungarische Flüchtlinge aus der Ukraine sofortige Unterstützung an der Grenze und von ihren Verwandten im Landesinneren erhalten werden, dass sie aber auch bei der Suche nach Arbeitsplätzen unterstützt werden müssen.
Die Europäische Kommission hat am Donnerstag vorgeschlagen, die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz zu aktivieren, was von den Innenministern der Union im Rat einstimmig unterstützt wurde. Über tschechische, slowakische oder polnische Standpunkte, die von der Zustimmung abwichen, wurde nichts bekannt gegeben. Der französische Innenminister Gerard Darmanin antwortete auf die Frage nach dem vermuteten Widerstand Ungarns, dass es auch von ungarischer Seite keinen solchen entgegengesetzten Standpunkt gebe.
Die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz aus dem Jahr 2001, die ursprünglich eine Reaktion auf die Folgen des Jugoslawien- und des Kosovo-Krieges war, soll Flüchtlingen aus Nicht-EU-Ländern sofortigen Schutz für ein Jahr gewähren. Damit werden die bürokratischen Maßnahmen umgangen, die Flüchtlinge von außerhalb der EU normalerweise durchlaufen müssen, um Hilfe zu erhalten.
Flüchtlinge haben somit Zugang zum Bildungssystem, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Wohnraum, zu beruflicher Unterstützung und zur Sozialhilfe. Sie können diese Leistungen in jedem EU-Land, in das sie einreisen, in Anspruch nehmen, ähnlich wie ein europäischer Bürger.
Die Schutzmaßnahme wird am Freitag in Kraft treten. Sie kann automatisch um ein weiteres Jahr verlängert werden, bevor weitere Verlängerungen vom Europäischen Rat beschlossen werden müssen.
Die Richtlinie gilt für ukrainische Staatsangehörige, ihre Angehörigen und langfristig aufenthaltsberechtigte Personen anderer Nationalitäten, die nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können. Das bedeutet, dass Saisonarbeiter, Austauschstudenten und ungarische Staatsbürger, die in der Ukraine leben, von der Schutzregelung ausgeschlossen sind.
HVG fragte die ungarische Regierung, warum sie innerhalb weniger Stunden ihre Position zu der Richtlinie geändert habe. Laut dem Informationszentrum der Regierung „unterschied sich die dem Rat für Justiz und Inneres vorgelegte Version von dem vorherigen Vorschlag, und sie war für alle akzeptabel, deshalb hat Ungarn sie auch unterstützt.“
Via: Hungary Today ; Titelbild: Attila Balázs/MTI