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Das Treffen mit dem Jobbik-Führer „erschüttert die reale jüdische Glaubensgemeinschaft in Ungarn grundlegend“, meint Tamás Róna. Nach Ansicht des Oberrabbiners werden dadurch in unzulässiger Weise Wunden aufgerissen.
„Ich bin sprachlos“ – das war der erste Kommentar von Oberrabbiner Tamás Róna zur Nachricht, dass der US-Botschafter David Pressman die erste Pessach-Nacht mit einem koscheren Abendessen unter anderem in Gesellschaft des Vorsitzenden der Jobbik-Konservativen, Márton Gyöngyösi, feierte. Sowohl Gyöngyösi als auch Pressman posteten darüber in den sozialen Medien. An dem Abendessen nahmen auch Vertreter des Verbands jüdischer Gemeinden in Ungarn (Mazsihisz) teil, darunter der Vorsitzende András Heisler.
Der US-Botschafter David Pressman veranstaltete anlässlich des jüdischen Pessachfestes einen Sederabend, bei dem Márton Gyöngyösi als einziger Parteipolitiker anwesend war.
Der pro-russische Vorsitzende der Jobbik-Konservativen Partei, der in antisemitischen und rassistischen Skandalen verwickelt war, saß neben dem Diplomaten und trug eine Kippa.
Gyöngyösi speiste unter anderem mit dem Chef der Mazsihisz, András Heisler, und einer bekannten Figur linker Proteste, dem Schauspieler Ervin Nagy. Die Einladung und der Ehrenplatz des Vorsitzenden der Jobbik-Konservativen ist umso merkwürdiger, da der Meister des Opportunismus noch vor wenigen Jahren eine rechtsextreme, prorussische Politik vertrat.
Es sei daran erinnert, dass der Europaabgeordnete und Parteivorsitzende, der jetzt mit einer Kippa stolziert, als Abgeordneter eine Rede im Parlament hielt, in der er sagte, es sei „höchste Zeit, dass wir auswerten, wie viele hier lebende Menschen jüdischer Herkunft, insbesondere im ungarischen Parlament und in der Regierung, ein gewisses nationales Sicherheitsrisiko für Ungarn darstellen“.
Tamás Róna, Vorsitzender des Ungarischen Jüdischen Gebetsvereins (ZSIMA), ist der Ansicht, dass die Tatsache, dass der Präsident der Mazsihisz und Gyöngyösi gemeinsam an einer solchen Veranstaltung teilgenommen haben , „die reale jüdische Glaubensgemeinschaft in Ungarn grundlegend erschüttert“. Der Oberrabbiner drückte es unverblümt aus:
„Es werden Wunden aufgerissen, die nicht aufgerissen werden sollten, und es ist ein tiefer Schmerz für diejenigen, die die Tragödie des Holocausts erlebt haben, für die Familienangehörigen, für alle ungarischen Juden und für unsere anständigen Landsleute, die den Antisemitismus verurteilen.“
„Dies geschieht ausgerechnet am Sederabend, dem Pessachfest, dem Fest des Auszugs aus der Knechtschaft in die Freiheit, und wir sollten aus Ägypten ausziehen und nicht zurückkehren. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es ein Verbrechen ist, als jüdischer Führer mit einem Politiker an einem Tisch zu sitzen, der die schlimmsten Tage des Holocaust heraufbeschwörte und sich seither nicht einmal beim jüdischen Volk entschuldigt hat, das ist der absolute Tiefpunkt.“
András Heisler stellte indessen klar, dass er über die Teilnehmer des Sederabends nicht vorab informiert wurde und den Umstand, dass er gegenüber Márton Gyöngyösi sitzen musste, als äußerst unangenehm empfand. Aus Gründen der Höflichkeit gegenüber dem Gastgeber wollte er kein Eklat provozieren, indem er den Raum verlässt. Er habe aber dem Jobbik-Vorsitzenden mitgeteilt, dass er für die jüdischen Kultusgemeinden eine „besonders unerwünschte Person“ bleibt.
Via Magyar Nemzet Beitragsbild: US Embassy Budapest Facebook