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Meinung: Verkappte Nationalisten lassen ungarischsprachige Schulen in Rumänien nicht zu Ruhe kommen

Ferenc Rieger 2022.09.14.

Die Schulaufsichtsbehörde des Kreises Mieresch hat eine ablehnende Stellungnahme zur Wiedererrichtung des römisch-katholischen Gymnasiums „Franz II. Rákóczi“ in Neumarkt (Marosvásárhely, Târgu-Mureș) abgegeben.

Die Entscheidung des Gemeinderates vom 25. August hinsichtlich der  Änderung des Schulnetzes schien die Sache des umkämpften katholischen Gymnasiums ungarischer Unterrichtssprache endlich ins Lot gebracht zu haben. Gerne hätte man den Beteuerungen des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hunor Kelemen Glauben geschenkt, demzufolge die anhaltenden Angriffe gegen das Bildungswesen der ungarischen Minderheit nicht zentral gesteuert, sondern meist Begleiterscheinungen lokaler Machtkämpfe in den Gemeinderäten sind. Die Spatzen pfeifen mittlerweile von den Dächern von Neumarkt und Großwardein, dass  das Bildungsministerium in den Angelegenheiten keine unparteiische Position einnimmt. Die für Neumarkt zuständige Schulaufsichtsbehörde teilte nämlich mit, dass sie das Bildungsministerium um ein Gutachten zur Entscheidung des Gemeinderats ersucht habe und dass sich ihre ablehnende Stellungnahme auf das Schreiben des Ministeriums stütze, das sie erhalten habe. Noch vor Beginn des Schuljahres hat das gleiche Ministerium seine Inspektoren nach Großwardein geschickt, die entgegen dem Geist und dem Buchstaben der geltenden Schulgesetze in vorauseilendem Gehorsam den Tatbestand der Segregation festgestellt haben, dort, wo die Reformierte Kirche ihre Räumlichkeiten der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellt hat, damit ungarischsprachige Schulklassen nicht auf der Straße landen.

Das umkämpfte ungarische katholische Gymnasium in der Szekler-Hauptstadt darf wieder arbeiten
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Der Gemeinderat von Târgu-Mureș (Neumarkt a.M.) hat für die Einrichtung des katholischen Gymnasiums gestimmtWeiterlesen

Der ungarische Vizedirektor musste sein Büro hergeben, damit eine rumänische Klasse in das renovierte Gebäude einzieht. Obwohl keine rumänische Klasse freiwillig diesen Schritt vollziehen wollte, bestanden die Behörden darauf, damit der Vorwurf der Segregation nicht gegenstandslos wird. Auf eine Frage der MTI antwortete der Vizedirektor, dass der Vorwurf der Segregation umso absurder sei, als die ungarische Sektion zuvor in einem separaten Gebäude untergebracht war, das mehrere hundert Meter vom Hauptschulgebäude entfernt war und in dem wesentlich schlechtere Bedingungen herrschten als im jetzigen Gebäude. Damals hatte niemand einen Verdacht auf Segregation. Er fügte hinzu, dass er dies dem ministeriellen Untersuchungsausschuss mitgeteilt habe, man ihm aber gesagt habe, dass die Vergangenheit nicht aufgearbeitet werden müsse.

Vorläufiger Schlusspunkt im Schulskandal von Großwardein (Nagyvárad)
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Die Reformierte Kirche ändert den Vertrag mit dem BürgermeisteramtWeiterlesen

RMDSZ, die größte Partei der ungarischen Minderheit befindet sich zweifelsohne in einer nicht zu beneidenden Rolle. Einerseits freut sie sich, als Juniorpartner der Regierungskoalition, dass die rumänischen Parteien Orbáns Äußerungen  von Tusványos, wofür die ungarischen Koalitionspartner Rede und Antwort stehen mussten, ad acta gelegt haben. Andererseits will und muss man seine vorrangige Aufgabe, die Vertretung der ethnischen Ungarn, wahrnehmen, was unter Umständen bedeuten kann, dass die stillen Gewässer der Koalition getrübt werden und die mühsam wiedergefundene Eintracht im Bukarester Victoria-Palast verloren geht.

Zoltán Kallós, Staatssekretär für das Schulwesen der Minderheiten im Bildungsministerium, und Csenge Frunda, Fraktionsvorsitzende der RMDSZ im Gemeinderat von Neumarkt, erklärten gegenüber Transtelex.ro, dass der Beschluss des Gemeinderats vom August über die Neuorganisation des Schulnetzes und die Stellungnahme der Schulaufsichtsbehörde zu diesem Beschluss zwar notwendige, aber nicht unerlässliche Schritte im Prozess der Schulgründung sind.

Diese vorsichtigen Stellungnahmen werden wohl kaum weitere verkappte Nationalisten  aus dem Hinterhalt daran hindern,  Schüler, Lehrer und Eltern der ungarischen Bildungseinrichtungen in Rumänien mürbe zu machen. Die schlechte Nachricht für die selbsternannten Wächter der ethnischen Homogenität: Ein Jahrhundert nach dem Friedensvertrag von Trianon, der Siebenbürgen Rumänien zugesprochen hat, sind die meisten ethnischen Ungarn nicht willens, auf den muttersprachlichen Unterricht zu verzichten.

Beitragsbild:  Népújság Facebook