Erneut sind am Wochenende Zivilorganisationen und Oppositionsparteien gegen ein kürzlich verabschiedetes Gesetz zur Verlängerung freiwilliger Überstunden in Budapest demonstriert. Unter dem Motto „Frohe Weihnachten, Herr Ministerpräsident!“ versammelten sich die Demonstranten in der Innenstadt. Mehrere hundert Polizisten folgten sie.
Vier Proteste in fünf Tagen – Anlass dafür war die Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches, das die Überstunden neu regelt. Das, von den Gegnern als „Sklavengesetz“ genanntes Gesetz, sieht vor, dass die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern 400 anstatt wie bisher 250 Überstunden pro Jahr anordnen können. Darüber sollten die Arbeitnehmer freiwillig und selbst entscheiden – so verteidigt die Regierung die Regelung.
Schon am Tag der Verabschiedung gab es Demonstrationen vor dem Parlament. Später zogen die Demonstranten spontan durch die Innenstadt. Es kam sogar zu Zusammenstößen mit der Polizei. Einige Demonstranten bewarfen die Polizisten mit Gegenständen, diese setzten massiv Tränengas ein. An den ersten zwei Tagen nahm die Polizei insgesamt 57 Personen fest.
Die Demonstranten, von denen viele „Weihnachtsbaum in Brand, Polizei in Brand“ gesungen haben, marschierten vom Parlament zum Fidesz-Hauptquartier in der Nähe des Stadtparks in der Lendvay Street. Einige Demonstranten versuchten, ins Parlament einzutreten, aber die Offiziere verhinderten den Versuch. Eine weitere Gruppe Demonstranten marschierte zur Kettenbrücke und blockierte den Verkehr. Auf dem Kossuth Platz setzten Demonstranten Schlitten und Bänke in Brand. Einige haben sogar versucht, den Weihnachtsbaum des Landes niederzubrennen, aber die Polizisten konnten das Feuer löschen, bevor es außer Kontrolle geriet.
Am Wochenende gingen die Demonstranten erneut auf die Straßen, sie marschierten vom Heldenplatz über den Andrássy út bis zu dem Parlament.
Tamas Székely, stellvertretender Vorsitzender des ungarischen Gewerkschaftsbundes, sagte, die Regierung schütze die Arbeiter nicht. Er fügte hinzu, die Gewerkschaften würden an jedem Arbeitsplatz Streiks organisieren und gegen dieses Gesetz kämpfen, weil sie „die Sklaverei in Ungarn nicht zulassen.“
Ildikó Borbély Bangó, sozialistische Politikerin betonte: die Regierung habe „Ungarn in den letzten acht Jahren zum Armenhaus Europas gemacht“.
Der unabhängige liberale Parlamentsabgeordnete Anett Bősz sagte: „Wir haben die Unterdrückungsmaßnahmen der Regierung satt“, weil keine Regierung die Grundrechte der Menschen einschränken kann.
Die Chefin der grünen LMP-Partei Márta Demeter forderte gerechte Löhne statt „Sklavenarbeit“. Sie sprach sich gegen Politiker aus, die „den Interessen multinationaler Konzerne dienen“.
„Der Premierminister verrät sein eigenes Volk, weil das Sklavengesetz Millionen von Familien auseinanderreißen wird“ – so Tímea Szabó, Co-Vorsitzender der Párbeszed. Sie rief zu Widerstand auf, der „solange andauern sollte, bis die Regierung das Sklavengesetz zurücknimmt“.
Der unabhängige Abgeordnete Bernadett Szél sagte, die einzige Möglichkeit, die Unterdrückung zu beenden, sei, sie gemeinsam zu bekämpfen.
Andrea Varga-Damm, Abgeordneter von Jobbik, sagte, dass sie demonstrieren, weil „sich die Regierung gegen das eigene Land und die Menschen gewandt hat“.
Die Botschaft von dem katholischen Bischof Miklós Beer wurde vorgelesen, die die Demonstranten aufforderte, von Gewalt abzusehen. Er drückte seinen Respekt für die Entschlossenheit der Demonstranten aus, warnte jedoch davor, dass Brandstiftung und Gewalt ihre Absicht untergraben. So würden sie ihre „friedliche Ziele“ nicht erreichen können – so Beer.
Ähnliche Demonstrationen wurden in sieben anderen Städten des Landes abgehalten, teilte die Polizei mit. Es war aber – außer der Hauptstadt – nirgendwo ein polizeiliches Eingreifen erforderlich.
(Via: mti.hu, standard.at, Beitragsbild: MTI)