Die rumänischen Landwirte fordern die Einführung eines Mindestreferenztarifs, wie in Spanien und Ungarn.Weiterlesen
„Einschränkung des Transits aus der Ukraine“
Getreidehändler haben in dieser Saison eine Million Tonnen ukrainischen Weizen nach Rumänien eingeführt. Damit ist Rumänien nach Spanien (3,3 Millionen Tonnen) der zweitgrößte Exportmarkt für ukrainischen Weizen, berichtet das rumänische Wirtschaftsportal Economica.net unter Berufung auf Daten der ukrainischen Zollbehörden. Demgegenüber betonte die EP-Abgeordnete Enikő Győri (Fidesz), dass „wir nicht zum Nachteil der europäischen Landwirte mit der Ukraine solidarisch sein können“.
In dem am 1. Juli letzten Jahres begonnenen Marktjahr lagen auf den nächsten Plätzen in der Liste der Weizenexportziele Ägypten, Pakistan und die Türkei. Rumänien taucht in den Daten über die ukrainischen Weizenexporte im Februar nicht mehr auf.
Das südosteuropäische Land hat im vergangenen Herbst die Einfuhr von Agrarprodukten aus der Ukraine von einer Genehmigung abhängig gemacht, und seitdem dürfen sie grundsätzlich nur noch von einheimischen Landwirten und Verarbeitern eingeführt werden.
Die vorübergehende Zollbefreiung für ukrainische Agrarprodukte, die für andere Märkte bestimmt waren, ermöglichte es den Händlern, erhebliche Mengen in Rumänien zu verkaufen. Dies führte zu schwerwiegenden Marktstörungen, drückte die Einkaufspreise für Getreide und Ölsaaten und verteuerte den Transport, so dass 45 % der rumänischen Landwirte zahlungsunfähig wurden, wie das rumänische Landwirtschaftsministerium mitteilte.
Im Januar protestierten die rumänischen Landwirte drei Wochen lang mit ihren Maschinen gegen die Folgen der ukrainischen Transitexporte, indem sie u. a. den Verkehr blockierten.
Premierminister Marcel Ciolacu hat wiederholt erklärt, dass Rumänien nur den Transit zulässt und dass seit Oktober „kein einziges Korn ukrainischen Weizens“ im Land geblieben ist. Dem widersprach Ende Januar Nicu Vasile, der Vorsitzende des größten Bauernverbandes Rumäniens AAC, demzufolge erhebliche Mengen ukrainischen Getreides und verarbeiteter Produkte auf den rumänischen Markt gelangt sind. Die jetzt veröffentlichten Daten untermauern seine Aussage.
Unterdessen hat der Ausschuss für internationalen Handel (INTA) des Europäischen Parlaments am Montagnachmittag die Verlängerung der Aussetzung von Einfuhrzöllen, Quoten und Marktschutzmaßnahmen für ukrainische Exporte in die EU diskutiert.
Die Europaabgeordnete Enikő Győri sagte in ihrer Rede: „Wir können nicht zum Nachteil der europäischen Landwirte mit der Ukraine solidarisch sein, während Brüssel Regeln aufstellt, die die Produktion für unsere Landwirte verteuern und fast unbegrenzte Importe von Agrarprodukten aus einem Drittland zulassen, in dem die gleichen Regeln nicht gelten.“ Sie begrüßte, dass auf ukrainische Importe von Geflügel, Eiern und Zucker ab einer bestimmten Menge Zölle erhoben werden sollen. Enikő Győri kritisierte jedoch scharf, dass diese Maßnahmen nur für Produkte gelten, die den westeuropäischen Ländern Probleme bereiten, und die für die ukrainischen Grenzländer, darunter Ungarn, problematischsten Produkte wie Getreide und Honig außen vor bleiben.
Ukrainische Agrarprodukte, die ursprünglich für Afrika und den Nahen Osten bestimmt waren, wurden von Spekulanten auf die europäischen Märkte umgeleitet.
Dies hat zu einer Situation geführt, in der Russland nun Getreide in diese Regionen liefert, (…) so dass Russland letztlich dank der schlechten Entscheidungen der EU neue Märkte gewonnen hat“, erklärte die ungarische Abgeordnete.
Unabhängige Beobachter in Rumänien werfen der Bukarester Regierung oft einen vorauseilenden Gehorsam gegenüber Brüssel vor. Anfang Dezember beteuerte Landwirtschaftsminister Florin Barbu seine Entschlossenheit, die Interessen der rumänischen Agrarproduzenten in Brüssel zu vertreten, indem er sich für die Aufrechterhaltung des Genehmigungsverfahrens für die ukrainischen Getreideexporte einsetzt. Darüber hinaus versprach der rumänische Ressortleiter den heimischen Landwirten, zusätzlich Mehl und Zucker in die Embargoliste aufzunehmen.
Seinem ungarischen Amtskollegen sicherte Florin Barbu Mitte September die Unterstützung seiner Regierung im Kampf gegen die den Markt störenden ukrainischen Exporte zu. In Anbetracht der jetzt veröffentlichten Daten muss jedoch die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Zusagen aus Bukarest eher rhetorische Übungen sind. Die rumänische Regierung will einerseits stramm die Brüsseler Linie („whatever it takes, as long as it takes“) durchziehen, andererseits sich weder mit den Nachbarstaaten noch mit den eigenen Landwirten verscherzen. Ob Premierminister Marcel Ciolacu der Spagat gelingt, ist mehr als fraglich.
Im Superwahljahr 2024 kann es sich der Chef der rumänischen Sozialdemokraten kaum leisten, seine ländlichen Wähler sauer aufzustoßen.
Der von Brüssel vorgelegte Brocken bleibt nämlich unverdaulich auch für die Bauern des südosteuropäischen Landes. In Anlehnung an ein rumänisches Sprichwort wollte Marcel Ciolacu „sowohl die Ziege satt kriegen, wie auch die Krautköpfe aufsparen“. Die Tatsache, dass Rumänien im Februar nicht mehr als Zielland ukrainischer Getreideexporte aufscheint, deutet auf eine späte Einsicht des Bukarester Regierungschefs hin, dem das rumänische Hemd doch näher als der ukrainische Rock ist. Ob diese opportunistische Politik von den sozialdemokratischen Stammwählern, den Landwirten, honoriert wird?
Via MTI, Krónika, fidesz-eu.hu Beitragsbild: Foto: Profitul Agricol Facebook