Der Volkstänzer Kenneth Tse aus Hongkong hat vor fast einem Jahrzehnt beschlossen, eine ungarische Tanzgruppe mit seinen asiatischen Stipendiaten zu gründen. Seitdem hat er mit ihnen mehrere Tourneen durch weite Teile der Welt gemacht. Erfahren Sie mehr über seine Arbeit in dem Interview von Hungary Today. (Das originelle Interview auf Englisch, finden Sie hier.)
Wann haben Sie zum ersten Mal mit dem ungarischen Volkstanz getroffen?
Es war vor 28-30 Jahren. Bis dahin habe ich internationalen Volkstanz gelernt, dann bin ich einmal nach Siebenbürgen gefahren…
Können Sie Ihre erste Erfahrung mit der ungarischen Kultur beschreiben?
Hong Kong ist eine internationale Stadt mit vielen Ausländern und war bis 1997 eine britische Kolonie. Als ich geboren wurde, war Hong Kong immer noch unter britischer Herrschaft. Es war aber mehr oder weniger ein Freihafen, der für jeden zugänglich war. Die Lehrer in der Schule haben uns Tänze aus verschiedenen europäischen Ländern wie Bulgarien, Rumänien und sogar Ungarn vorgestellt. Ich fand die Musik wirklich schön und wollte sie besser kennenlernen.
Was haben Ihnen dabei gefallen?
Ich mochte den Klang der Geige sehr. Der Rhythmus des ungarischen Tanzes – besonders in der Region von Siebenbürgen – ist sehr stark und ist in dem Tanz ziemlich leicht zu folgen. Doch wird die Musik oft schneller und das testet deine Fähigkeit, den richtigen Rhythmus zu finden. Ich war sehr begeistert, deshalb empfohlen mir meine Lehrer, nach Ungarn und nach Siebenbürgen zu fahren. So entschied ich mich für die Reise. Nach meiner Rückkehr nach Hong Kong 1998 gründete ich meine eigene Gruppe.
Sind alle in Ihrer Gruppe aus Hong Kong?
Als ich anfing, ja. Dann begann ich in Taiwan, Japan und Malaysia zu unterrichten und in diesen Ländern habe ich geholfen, neue Tanzgruppen zu gründen. Ich lud auch Lehrer nach Hongkong ein. Die Musiker konnten kein Englisch sprechen, also musste ich jemanden finden, der mir half, mit ihnen über meine Choreographien zu sprechen.
Ist es schwierig, Leute zu finden, die den ungarischen Tanz erlernen wollen?
Glücklicherweise haben wir ein gutes Schulsystem dafür: regelmäßig werden Tanzwettbewerbe unter den Schulen organisiert. Wenn eine Schule gute Leistungen hat, und eine Trophäe oder einen Preis gewinnt, wird sie gefördert. Unsere Studenten sind also nicht nur in der Wissenschaft hochgebildet, sondern auch in Freizeitaktivitäten. Der ungarische Tanz wird in unserem Schulwettbewerb als ein westeuropäischer Tanz eingestuft. Ich unterrichte ihn in diesem System seit fast 20 Jahren. Es gibt bei uns glücklicherweise immer sehr viele junge Tänzer.
Gibt es noch andere ungarische Tanzgruppen in Hongkong?
Das ist leider nicht typisch, aber es gibt einige. Meine Gruppe ist nämlich die einzige, die sich bis 80 Prozent nur auf den ungarischen Tanz konzentriert. Ich habe noch Tänze aus Bulgarien, Rumänien und aus der Slowakei in meinem Repertoire.
Wissen Sie, worum es in den ungarischen Volksliedern geht?
Als wir noch keine Smartphones hatten, mussten wir Lehrer aus Ungarn nach Hongkong einladen, um die Texte uns langsam Wort für Wort vorzulesen. Nachdem sie uns erklärt hatten, worum es in den Liedern geht, konnten wir versuchen, die zu lernen. Aber heute ist es viel einfacher: dank unterschiedlichen „Apps“ können wir die richtige Aussprache anhören und erlernen.
Haben Sie schon mal versucht Ungarisch zu lernen?
Leider kann man in Hongkong mit niemandem auf Ungarisch reden. Was unsere Arbeit betrifft: bei dem Gesang müssen wir nur auf die Aussprache aufpassen und das braucht natürlich sehr viele Übung.
Welche ungarische Wörter mögen Sie am meisten?
Nun, ich habe nie darüber nachgedacht, aber vielleicht „szerelem“ oder „legény“. („Liebe“ und „Bursche“)
Tanzt Ihre Gruppe von Beruf oder ist es nur ein Hobby?
Wir sind Amateure. Künstlerischer Tänzer zu sein ist kein guter Beruf in Hongkong. Balletttänzer verdienen hier sehr wenig. Die Gruppe macht das nur aus Spaß, aber mit einer Mission. Wir verkaufen aber natürlich Tickets, weil wir wettbewerbsfähig sein müssen.
Wo haben Sie Auftritte in der Zukunft?
Im Oktober haben wir einen in Hongkong, später einen in Japan und in Taiwan.
(Kenneth ist noch im Juli nach Ungarn gefahren und er ist mit seiner Tanzgruppe in Budapest aufgetreten. Unseren Artikel darüber finden Sie hier.)
(Interview: Abraham Vass und Balazs Horvath, Fotos: Péter Csákvári)