Regierungsnahe Kolumnisten pflichten Viktor Orbán bei, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament darüber entscheiden dürften, ob Europa christlich bleibe und ob Nationalstaaten ihre Souveränität aufrechterhalten könnten. Ein linker Kommentator fordert ein Mehr an Integration, damit die EU mit den USA und China konkurrieren könne. Presseschau von budapost.de.
In seiner Rede zur Eröffnung der Kampagne für die Wahlen zum Europäischen Parlament erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag, dass das Hauptziel des Fidesz darin bestehe, das christliche und nationale Europa vor Einwanderung und Multikulturalismus zu bewahren. Er wolle die nationale Souveränität Ungarns innerhalb der EU aufrechterhalten und kein „liberales Imperium“ – also Vereinigten Staaten von Europa – schaffen. Orbán warf den Brüsseler Eliten vor, an der Seite des „Soros-Netzwerkes“ die Migration zu befördern. Er bezeichnete den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, als „Sozialisten“ und fügte hinzu, dass der Fidesz nach den Ende Mai stattfindenden Europawahlen darüber entscheiden werde, ob er Mitglied der Europäischen Volkspartei bleibe oder nicht.
Ferenc Kis begrüßt das Ansinnen von Ministerpräsident Orbán, die nationale Identität Ungarns sowie die europäische Zivilisation zu verteidigen. Der regierungsfreundliche Kommentator der Tageszeitung Magyar Nemzet stimmt der Analyse des Regierungschefs zu, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament ein Wettstreit zwischen Migration befürwortenden Globalisierern und christlich-nationalen Parteien sei. Liberale wollten durch die Schwächung althergebrachter sozialer Bindungen – darunter Familie, Kirche und Nation – einen totalitären weltumfassenden Staat schaffen.
In Magyar Hírlap bezeichnet Sándor Faggyas das, was Orbán skizziert hat, als „eine europäische Monroe-Doktrin“ der nationalen Souveränität. Der regierungsfreundliche Kolumnist ist der Meinung, dass die europäische Stabilität durch „fremde, afrikanische und asiatische Zivilisationen sowie einen antichristlichen Islam“ bedroht sei, „die Europa kolonisieren wollen“. Orbán ist laut Faggyas einer der spirituellen Anführer von Gruppierungen in Europa, die staatliche Souveränität sowie die christliche und nationale Zivilisation des Kontinents verteidigen wollen.
Róbert Friss von der linken Tageszeitung Népszava vermutet, dass der Fidesz nach den Wahlen im Mai darüber entscheiden dürfte, ob er die EVP verlassen und sich den „europäischen Rechtsextremen“ anschließen werde. (Anlass für diese Mutmaßung waren die Rede Orbáns zum Wahlkampfauftakt sowie ein Treffen des Parlamentspräsidenten László Kövér mit dem stellvertretenden italienischen Ministerpräsidenten Matteo Salvini – Anm. d. Red.)
Friss widerspricht Viktor Orbán im Hinblick darauf, was bei den Wahlen zum Europäischen Parlament auf dem Spiel stehe. Damit es die Europäische Union mit den USA und China erfolgreich aufnehmen könne, müsse die Integration weiter vertieft werden. Eine solche politische Integration zur Schaffung eines europäischen Imperiums würde keineswegs die nationale kulturelle Souveränität untergraben, stellt Friss fest. Staaten, die sich einer stärker integrierten EU verweigerten, würden auf sich allein gestellt bleiben, warnt der Kommentator.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)