Was passierte damals? Was hätte man vermeiden können? Was sind die Wegweiser, was wir folgen könnten? 1989 war ein historisches Jahr, ein neues Kapitel in der Geschichte Europas, ein wunderbares Ereignis in der Weltpolitik – betonte Gergely Prőhle, Direktor vom „Institut für strategische Studien“ auf einer Konferenz in Budapest, anlässlich des 30-jährigen Mauerfall-Jubiläums. Bei der Veranstaltung wurden sowohl geschichtliche als auch aktuellpolitische Fragen diskutiert. Beim ersten Rundtischgespräch nahmen Imre Kónya, ehemaliger Innenminister Ungarns; Balázs Orbán, Vizeminister; sowie Hubertus Knabe, Historiker und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur DDR, zur Stasi, zur DDR-Opposition und zum Kommunismus teil.
Ungarn hatte beim Fall der Berliner Mauer eine große Rolle gespielt, und die ganze Geschichte begann mit dem Volksaufstand 1956 – betonte John O’Sullivan, Vorsitzender des „Danube-Institute“. O’Sullivan erinnerte auch an das Paneuropäische Picknick in Sopron 1989, als Ungarn seine Grenzen „für die eingesperrten Völker“ geöffnet hatte und betonte. Das Land hat wie „David gegen Goliath gekämpft“, aber konnte schließlich siegen.
Auf der Konferenz sprach Imre Kónya, ein Mitglied des „Oppositionellen Runden Tisches“ von 1989, über die Geschichte des freien, unabhängigen und demokratischen Ungarn zwischen 1989 und 1991. Er machte einen geschichtlichen Rückblick über 1956, als „der Wunsch nach Freiheit und nationaler Unabhängigkeit bestand“.
Er erläuterte ausführlich die „Meilensteine“ des Regimewechsels und lobte die Rolle des Runden Tisches und des Premierministers József Antall.
„Das Land hat sich von Ost nach West gewendet, der Warschauer Pakt wurde aufgelöst und die kommunalen Gemeinderäte wurden auch gegründet.“ Er wies die oft auftauchende Kritik zurück, dass die Entstehung der ungarischen Rechtsstaatlichkeit kein legitimer Prozess war.
Auf die Frage, wem die Ehre gebührt, die politische Wende geschaffen zu haben, sagte Kónya:
„Es ist kein Zweifel, dass ohne die Änderung der internationalen Kräfte die Wende nicht passieren geworden wäre, aber jeder hatte ihre eigene Rolle dabei, sogar die Kommunisten. Das echte Verdienst gebührt doch dem ungarischen Volk.“
Wir haben unsere Freiheit nicht gratis bekommen, wir haben dafür gekämpft
schloss seine Rede Kónya.
Hubertus Knabe, Historiker und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur DDR, zur Stasi, zur DDR-Opposition und zum Kommunismus wurde darüber befragt, wie er als Deutscher auf die friedliche Revolution zurückblickt. Er hat mehrmals in seiner Rede „seine große Dankbarkeit“ zum Ausdruck gebracht, dass die Diktatur gestürzt wurde.
„Wenn man im Kommunismus lebt – darf nicht Abitur machen – studieren – und eigentlich das eigene Leben leben“
so Knabe.
Er erzählte, dass seine Eltern aus Ost-Berlin stammten und so hat er jahrzehnte lang miterlebt, wie es in einer geteilten Familie das Leben war. „Die Teilung hat so viele Menschen traumatisiert, zerstört, was man in Ost-Deutschland immer noch spüren kann.“
Hubertus Knabe betonte auch, dass „ohne die Öffnung der Grenze in Ungarn die Regimie nicht so schnell zusammengebrochen wäre.“
Er fügte hinzu: „Ich bin dankbar auch den außenpolitischen Akteuren! Beispielsweise Gorbatschow, dass er die Militär nicht in Bewegung gesetzt hat. Ich bin dankbar für die Erfahrung, bei den Geschehnissen ein Zeitzeuge zu sein – es gibt mir Kraft für die neuen Herausforderungen!“
Balázs Orbán, Vizeminister, der in der Zeit der Wende noch „damit beschäftigt war, laufen zu lernen“ (er hat das selbst so formuliert), zählte die wichtigsten „Lehren des Kommunismus“ auf. Unter ihnen erwähnte er, dass es eine leichte Aufgabe sei, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden, und dass deshalb die Propaganda des kommunistischen Systems niemals funktionieren könne, weil sie auf Lügen beruhe. „Wir können leicht zwischen Freiheit und Unterdrückung unterscheiden“, fuhr er fort und wies darauf hin, dass Frieden, Sicherheit und Stabilität „keine Gegebenheiten sind, dafür muss man kämpfen.“
Auf der von der „Nationalen Universität für Öffentliche Verwaltung“, der „Hanns-Seidel-Stiftung“ und dem „Danube-Institute“ organisierten gemeinsamen Konferenz sprachen unter anderem auch Edmund Stoiber, Ex-CSU-Chef; Mária Schmidt, Direktorin des Museums „Haus des Terrors“; Clark Judge, ehemaliger Redenschreiber und Sonderassistent von Präsident Ronald Reagan sowie András Oplatka, früherer NZZ-Korrespondent.
Edmund Stoiber in Budapest: „Ungarn hat einen besonderen Ehrenplatz in unserer Geschichte“
(Auf dem Beitragsbild: Imre Kónya, Mitglied des „Oppositionellen Runden Tisches“ von 1989, ehemaliger Innenminister Ungarns, Via: MTI – Attila Kovács)