Die Pfingstwallfahrt von Csíksomlyó und ihrem Standort ist laut der Entscheidung des Hungarikum-Komitees zum Hungarikum erklärt. Die Wallfahrt ist eines der bedeutendsten religiösen Feste der Ungarn auf der ganzen Welt, und symbolisiert die nationale Einheit. Gastartikel von Miklós Verseghi-Nagy.
Das Wort Hungarikum ist ein Sammelbegriff, der einen Wert als Ungarische Hochleistung angibt, der differenzierungs – und betonungswürdige Werte dank seiner typisch ungarischen Eigenschaft, Einzigartigkeit, Spezialität und Qualität repräsentiert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde eine Bewegung organisiert, deren Ziel war, die ungarische Werte zu systematisieren und zusammenzufassen. Nach einer breiten gesellschaftlichen und beruflichen Beratung wurde das Gesetz 2012 über die ungarischen nationalen Werte und Hungarikum am 2. April 2012 von dem ungarischen Parlament beschlossen und verabschiedet. Das Ziel des Gesetzes ist es, dem ungarischen Volk einen rechtlichen Rahmen zu geben, um seine eigenen Werte zu identifizieren und dokumentieren und darüber hinaus zur breiteren Bekanntheit der gesammelten Werte beizutragen.
Das Hungarikum-Komitee hat bisher 75 Hungarikums ausgezeichnet. Die Hauptaufgabe des Ausschusses besteht darin, die herausragenden nationalen Werte zu schützen, aufrechtzuerhalten und allgemein bekannt zu machen.
Die Pfingstwallfahrt von Csíksomlyó ist das größte religiöse und rituelle Ereignis der Katholiken im Karpatenbecken, ein Ereignis in der Umgebung des Franziskanerklosters. Csíksomlyó besteht aus der Pilgerkirche, dem Franziskanerkloster und umfasst außerdem ein breites Gebiet. Die Geschichte der Ortschaft begann zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert. Eine erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1335. 1352 wurde die erste Kirche errichtet. Die erste Franziskanerkirche wurde zwischen 1442 und 1448 von Johann Hunyadi erbaut.
„Die Entscheidung des Hungarikum-Komitees ist eine große Freude und Ehre für uns, da die Pfingstwallfahrt von Csíksomlyó ein Fest für alle Ungarn auf der ganzen Welt ist, das Jahr für Jahr den Ungarn spirituelle und mentale Nahrung liefert“ – sagte Csilla Hegedüs, Vizepräsidentin und Leiterin der kulturellen Abteilung von RMDSZ (Demokratische Union der Ungarn in Rumänien). Sie betonte, dass sich jedes Jahr mehr als eine halbe Million Pilger nicht nur aus Siebenbürgen, sondern aus aller Welt zum Fest versammeln.
Csíksomlyó gilt als Symbol für die Wahrung unseres Glaubens und unserer kulturellen Identität.
so Hegedüs, und fügte hinzu: „Deshalb feiern wir diese Entscheidung.“
Die Pfingstpilgerfahrt von Csíksomlyó wurde noch 2018 vom RMDSZ mit Unterstützung des siebenbürgischen Franziskanerordens für die Verleihung des Titels nominiert.
Einige Jahre zuvor hatte der Wallfahrtsort eine vielversprechende Chance, in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen zu werden. „2011 haben der rumänische Kulturminister Hunor Kelemen und sein Team ein Verfahren eingeleitet, um die Pilgerfahrt in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufzunehmen. Vertreter der römisch-katholischen Gemeinde, der örtlichen Verwaltungsbehörden, Kulturinstitutionen, Nichtregierungsorganisationen und Berufsverbände unterstützten diese Nominierung“ – schreibt Csilla Hegedüs in einem Artikel über die Initiative und über die spätere „Wende“ der rumänischen Regierung. Im Jahr 2016, als die endgültige Entscheidung von der UNESCO getroffen werden sollte, zog die rumänische Regierung ihre Unterstützung für die Aufnahme der Pilgerfahrt von Csiksomlyó in die UNESCO-Liste zurück.
Dies war das erste Mal in der rumänischen Geschichte, dass eine sogenannte technokratische Regierung ungarische Pilger und ihre Hingabe als Bedrohung wahrnahm. Trotz alledem gehen jedes Jahr Hunderttausende von Pilgern nach Csíksomlyó, um für die Seelen aller zu beten
Csíksomlyó zog die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich, als 2019 Papst Franziskus Rumänien besuchte. Der Papst hielt die Heilige Messe in Anwesenheit von etwa 160 Priestern am wichtigsten Pilgerort der Gemeinde: auf dem Hügel.
In seiner Predigt bei der Heiligen Messe vor mehreren Zehntausend Gläubigen, sagte Papst Franziskus:
Die Pilgerreise nach Csíksomlyó ist ein Erbe Siebenbürgens, ein Symbol des Dialogs, der Einheit und der Brüderlichkeit. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl dürften die Menschen sich nicht rauben lassen von Gerede und Verletzungen, die Spaltung und Zersplitterung nähren
so der Papst weiter. Das Oberhaupt der katholischen Kirche forderte die Gläubigen auf, die komplexen und traurigen Ereignisse der Vergangenheit nicht zu vergessen und zu leugnen.
Obwohl Papst Franziskus Rumänien und Ungarn zum brüderlichen Zusammenleben aufgefordert hat, scheinen die jüngsten Entwicklungen in den bilateralen Beziehungen kurz vor dem 100. Jahrestag des Trianon-Vertrags, diesen Wunsch nicht zu erfüllen.
Der rumänische Präsident Klaus Johannis gab letzten Monat eine Erklärung ab, in der er die sozialdemokratische Partei Rumäniens beschuldigte, „heimlich versucht“ zu haben, „Siebenbürgen nach Ungarn zurückzugeben“.
Johannis begann seine umstrittene Rede auf Rumänisch, um danach die PSD auf Ungarisch zu begrüßen: „Jó napot kívánok (Guten Tag) PSD!“ Dabei sprach er die Partei auf karikierende Weise an, wie jemand, der einen ungarischen Akzent im Rumänischen verhöhnt. (Red.)
Nach der Meinung des Nationalen Antidiskriminierungsrates hat der rumänische Präsident mit dem Vorwurf die Menschenwürde ungarischer Staatsangehöriger in Rumänien verletzt.
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Kurz vor dem 100. Jahrestag des Trianon-Vertrags, der Siebenbürgen nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien übergab, erklärten beide Häuser des rumänischen Parlaments den 4. Juni zum Nationalfeiertag, der im ganzen Land begangen werden soll.
Kommentatoren bedauern die Entscheidung des rumänischen Parlaments als unempfindlich gegenüber den Gefühlen ethnischer Ungarn und einige führen dies auf irrationale Ängste zurück, die trotz tiefgreifender Veränderungen im vergangenen Jahrhundert überleben konnten.
Die Pfingstwallfahrt von Csíksomlyó ist ein starker Hoffnungsschimmer dafür, dass die untrennbare Geschichte der Rumänen und Ungarn in Zukunft eher die Brüderlichkeit als Hass stärken wird.
Die Pfingstwallfahrt nach Csíksomlyó, die das Schicksal vieler anderer historischer Traditionen teilt, wurde durch die aktuelle Coronavirus-Pandemie gebrochen, so wird sie in diesem Jahr außergewöhnlich sein. Da die Wallfahrtsort aus den bekannten Gründen keine Pilgern empfangen kann, wird die Veranstaltung im Fernsehen und über Internet ausgestrahlt.
Doch erweist sich manchmal eine erzwungene Veränderung als Beginn einer neuen Ära, die alte Konflikte übertrifft. Derzeit wissen wir noch nicht, ob Pfingsten in diesem Jahr von dieser Art sein wird. Erst die Zukunft wird es zeigen.
(Gastartikel von Miklós Verseghi-Nagy, Orginaltext erschein auf Hungary Today, übersetzt von Borbála Verseghi-Nagy, Beitragsbild: MTI – Nándor Veres)