Zum hundertsten Jahrestag eines der Friedensverträge, die dem Ersten Weltkrieg ein offizielles Ende setzten und der das Vorkriegsungarn in zahlreiche Einzelteile zerstückelte, bieten eine einstmals führende Politikerin des linken Spektrums sowie ein regierungsfreundlicher Analyst unterschiedliche Interpretationen von Vergangenheit und Gegenwart des Landes. Presseschau von budapost.de.
Ildikó Lendvai hält den Schmerz über den Verlust eines Drittels der ethnischen Ungarn auch nach hundert Jahren nach wie vor für gerechtfertigt. Insbesondere, so fährt die ehemalige MSZP-Vorsitzende auf Hírklikk fort, da sie Nationalstaaten zugeordnet worden seien, die sie als Bürger zweiter Klasse behandelt hätten – genau wie es der nicht-ungarische Teil von Großungarn durchlebt habe. Doch egal wie schmerzhaft diese Erinnerungen auch seien mögen, das Geschehene ließe sich nicht rückgängig machen, betont Lendvai. Und so lautet ihre Empfehlung an das heutige Ungarn: Es möge Schmerz angesichts dessen empfinden, was durchaus verändert werden könne – nämlich die Not der am gröbsten vernachlässigten Teile der heutigen ungarischen Gesellschaft.
In Magyar Nemzet beklagt Miklós Szánthó den fehlenden geistigen Konsens zwischen Linken und Rechten in Bezug auf die Tragödie von Trianon, denn die Linke tendiere zu der Ansicht, dass die Zerstückelung Ungarns eine wohlverdiente Strafe für unsere vergangenen Sünden gewesen sei. Dennoch hält er die Trauer über den Verlust und das Unverständnis der Welt gegenüber den Klagen Ungarns für gerechtfertigt. Doch nach einem Jahrhundert sei das nicht mehr genug: Ungarn müsse den in den Nachbarländern lebenden Magyaren helfen, ihr ethnisches und kulturelles Erbe zu bewahren, und es müsse sich zu einer starken Nation entwickeln, auf die die jenseits der Landesgrenzen lebenden Magyaren stolz sein könnten.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTVA/Bizományosi: Faludi Imre)